Seit Dienstag versucht Schweiz Tourismus mit einer neuen Kampagne Ferienlustige zum Verweilen in der Schweiz zu bewegen. Herzstück der von der Agentur Spillmann/Felser/Leo Burnett kreierten Werbeoffensive ist ein 90-Sekunden-Film, der mit spektakulären Landschaftsbildern und einer humorvollen Geschichte Wanderferien in der Schweiz schmackhaft machen soll. "Wir tun alles für perfekte Ferien" lautet erneut das Motto, unter dem Schweiz Tourismus nun seit über einem Jahr wirbt.
Nach den Felsenputzern, die für Touristen die Berge säuberten, und den Hüttenwarten, die im Winter für Aufmerksamkeit sorgten ("persoenlich.com"), legen sich jetzt zwei Bergler für die Schweizer Feriengäste ins Zeug. Der vom Regisseur Michael Fueter gedrehte Spot begleitet die beiden Hauptdarsteller, die einen riesigen, schweren Steinbrocken tagelang über Berge und Wiesen, durch Täler und Wälder tragen. Nur um ihn am Schluss dort hinzulegen, wo er ein paar Wanderern nützlich ist.
"Selbstverständlich ist das übertrieben, aber eben nur ein bisschen", so Rafael Enzler, Marketingleiter bei Schweiz Tourismus. "Die diversen Schweizer Wanderorganisationen leisten seit vielen Jahren eine unglaubliche Arbeit." Nur dank dieses Engagements gäbe es heute in der Schweiz über 60000 Kilometer signalisierte und bestens gepflegte Wanderwege.
Der Spot wird gemäss einer Mitteilung der Agentur in der Schweiz als 55sekündiger TV-Spot zum Einsatz kommen, aber auch international eingesetzt werden - in Italien, Frankreich, Holland und England im TV, in Deutschland, Frankreich und den USA im Kino. Daneben sollen viele verschiedene Massnahmen Lust auf Wandern und Ferien in der Schweiz machen. So wird in Zusammenarbeit mit der UBS ein "Wanderverführer" mit 32 Wanderungen der Schweiz herausgebracht. Ab Ende April gibt es zudem eine kostenlose App fürs iPhone zu allen 32 ausgewählten Routen. Eine Wanderpromotion in Schweizer Städten sowie London, Paris und Frankfurt mit unzähligen Wanderwegen macht auf die Fülle von Wanderkilometern in der Schweiz aufmerksam. Und schliesslich werde international auch ein personalisiertes Mailing mit einer Auflage von über 200000 Exemplaren eingesetzt.
Interview mit Daniela Bär, Leiterin Corporate Communications/Medien bei Schweiz Tourismus
Frau Bär, Schweiz Tourismus startet heute die neue Sommerkampagne, erneut unter dem Motto "Wir tun alles für perfekte Ferien". Auf Klischees wird im Gegensatz zur Winterkampagne fast vollständig verzichtet. Warum?
Das stimmt nicht ganz. Wir setzen Klischees nach wie vor ein. Das im Spot aufgegriffene Motto "Wir tun alles für perfekte Ferien" setzen die Alpöhis mit Charme und Witz in die Tat um. Uns Schweizern attestiert man ja Perfektion, Zuverlässigkeit und Ordnung. All diesen Attributen werden wir im Spot mit einem Augenzwinkern gerecht.
Können Sie kurz umreissen, welches Bild der Schweiz Sie heutzutage vermitteln wollen?
Wir wollen eine frische, authentische, überraschende, moderne und perfekt erschlossene Schweiz, eine Genuss-Schweiz mit kulturellem Reichtum, einer tollen Service-Qualität und einer einzigartigen Natur vermitteln, ohne dabei auf Klischees zu verzichten. Aber die Klischees setzen wir bewusst mit viel Selbstironie ein.
Im Zentrum steht das Thema Wandern. Liegt Wandern wieder im Trend?
Ja, Wandern ist entspricht einem Trend und hat vor allem bei den Männern aller Alterskategorien sowie bei den jüngeren Frauen an Popularität gewonnen. Wandern verdankt seine Beliebtheit nicht zuletzt seiner "Multifunktionalität", das heisst, dem Umstand, dass mit dem Wandern sehr unterschiedliche Bedürfnisse gleichzeitig befriedigt werden können: der Aufenthalt in der (unberührten) Natur, die körperliche Bewegung, das Geniessen der landschaftlichen Schönheit, die Ruhe und Erholung, die frische Luft und Geselligkeit. All das lässt sich beim Wandern auf ideale Weise kombinieren.
Gedreht wurde der Film vom Schweizer Regisseur Michael Fueter. Wieviel Spielraum hatte er bei der Entwicklung des Spots?
Wie bei jedem Werbespot existiert eine enge Zusammenarbeit zwischen der Agentur, dem Regisseur und uns. Die Idee kam von der Agentur, der Regisseur und seine Produktion setzten sie um wir konnten die Tourismuskompetenz einbringen, weil wir wissen, wo sich die schönsten Ecken unseres Landes befinden. Am Schluss geht es darum, die bestmögliche Inszenierung für die Idee, unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel, zu finden. Unserer Agentur, Michael Fueter und dem ganzen Condor-Team darf ich ein Kränzchen winden. "Wir tun alles" haben sie beispielhaft gelebt, es war eine sensationelle Zusammenarbeit.
Der Soundtrack erinnert an die früheren Abenteuer eines rauchenden Cowboys. Ist Alpöhi der neue Marlboro Man?
Ich glaube der Alpöhi lebt deutlich gesünder als der Marlboro Man (lacht). Aber es ist schon so, was der Cowboy im Wilden Westen, ist der Alpöhi in unseren Alpen. Er ist authentisch, naturverbunden und vermittelt ein romantisches, idealtypisches Bild der Schweiz. Authentizität, Ruhe sowie Naturerlebnisse stehen bei unseren Gästen übrigens ganz hoch im Kurs; insofern ist auch der Alpöhi der ideale Werbeträger.
Nebst dem Spot sind unter anderem Wanderpromotionen in Schweizer Städten sowie London, Paris und Frankfurt geplant. Wie sehen diese konkret aus?
Wir werden mit einer Road-Show stark frequentierte Orte, z.B. an Bahnhöfen und Einkaufszentren präsent sein. Um aufzufallen werden bis zu 200 Wanderwegweiser an mehreren 3 m hohen Stangen befestigt. Zusätzlich sind 2 Grossplakate im Einsatz. Unsere Mitarbeiter verteilen Wanderbroschüren und geben persönliche Wandertipps. Normalerweise werden wir 1 Tag vor Ort sein, maximal 2 Tage.
Das Image der Schweiz ist im Ausland etwas angekratzt (Niedergang der Swissair, Diskussion um Bankgeheimnis, UBS-Debakel etc). Haben Sie dies in der Konzeption der Kampagne berücksichtigt?
Das Image der Schweiz im Ausland ist nicht so schlecht, wie es manchmal dargestellt wird und das Image des Ferienlandes Schweiz ist sowieso intakt und hat nicht unter den negativen Schlagzeilen der vergangenen Monate gelitten. Das Image eines Landes verändert sich sowieso nur sehr träge. Unsere Kampagnen wirken sich immer positiv aufs Image der Schweiz aus, weil das Thema Ferien per se positiv besetzt ist und die Schweiz damit einzigartige Trümpfe ausspielen kann.
Schweiz Tourismus ist ein Unternehmen des öffentlichen Rechts des Bundes. Inwieweit nimmt der Bund Einfluss bei der Entwicklung einer solchen Kampagne?
Selbstverständlich informieren wir unsere "Stakeholders" (Bund und touristische Partner) frühzeitig über die geplanten Kampagnen. Der Bund nimmt aber keinen Einfluss auf die Entwicklung und kreative Umsetzung einer solchen Kampagne.
Inwiefern müssen sich Kampagnen von Schweiz Tourismus bewähren?
Wir sind genauso erfolgsorientiert wie ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen und wollen mit unserem Marketing zusätzliche Gäste für die Schweiz gewinnen und ein positives Schweiz-Bild vermitteln. Der Erfolg unserer gesamten Marketingarbeit wird auch minutiös gemessen. Wir haben vor einigen Jahren ein Wirkungsmessungskonzept entwickelt, das die gesamte Wirkungskette von unserem Mitteleinsatz, über die durch uns ausgelösten Logiernächte bis hin zum ausgelösten Umsatz untersucht. Dieses durch uns entwickelte Messkonzept wird auch vom Seco unterstützt.
Journalisten und Werber sitzen oft 10 bis 12 Stunden täglich vor ihren Computern. Welche Wanderroute empfehlen Sie diesen degenerierten Wesen?
Eine für sie massgeschneiderte Wanderroute. Mit unserem Wander-Finder auf MySwitzerland.com werden verschiedene Kriterien, wie beispielsweise der Schwierigkeitsgrad, die gewünschte Wanderzeit, ob es eine flache oder anspruchsvolle Route sein darf, ob mit oder ohne Gepäcktransport etc. abgefragt. Danach erhält man eine Auswahl von Wanderrouten, die exakt auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Verantwortlich bei Schweiz Tourismus: Jürg Schmid, Urs Eberhard (Gesamtverantwortung), Rafael Enzler (Marketingleiter), Nicole Diermeier (Leiterin Hauptkampagnen); verantwortlich bei Spillmann/Felser/Leo Burnett: Dana Wirz, Peter Brönnimann, Martin Spillmann (Kreation), Petra Gayko, Rolf Zimmermann (Beratung), Suzana Kovacevic (TV Production), Sabine Bechtel (Art Buying); Regie: Michael Fueter; Kamera: Pascal Walder. Produktion: Condor. Michael Gloor (Producer); Musik: Spacetrain. Foto Anzeige: Claude Stahel.
(Interview und Text: Corinne Bauer)
