11.06.2002

Deutsche Werbebranche

Weiterbildung Fehlanzeige

Hauptgrund für die Weiterbildungsabstinenz sind die Kosten.

Deutschlands Werbeagenturen vernachlässigen die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Nur jede dritte Agentur führt strategische Personalentwicklungsmassnahmen durch. Dies belegt eine Studie der Commax Consulting AG - eine Unternehmensberatung für Personalentwicklung und Training - in Zusammenarbeit mit der Hastings-Academy. Der häufigste Grund für die Weiterbildungsabstinenz sind die Kosten. Die Folgen: Auf Potenzialanalysen wird verzichtet, und die Initiative geht nicht von der Führungskraft, sondern vom Mitarbeiter aus. So wird oftmals in falsche Weiterbildungsangebote investiert. Vor allem modulare Trainings und Traineeprogramme, die nachweislich die grössten Erfolge aufweisen, werden zu wenig in Anspruch genommen.

Der gute Wille zur Weiterbildung ist zwar in den mittelgrossen und grossen Agenturen ausgeprägter als bei den kleinen. Doch auch dort, wo Weiterbildung angeboten wird, kennen die Werbechefs meist die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter nicht. So ist es fraglich, wie spezifisch die Programme sind. Der Umfrage zufolge führen längst nicht alle Werbeagenturen Potenzialanalysen für ihre Mitarbeiter durch. Die grossen Agenturen betreiben dies zumindest zu 75 Prozent, gefolgt von den mittelgrossen mit 60 Prozent. Das Schlusslicht bilden die kleinen Agenturen. Nur ein Drittel unter ihnen führen solche Analysen durch.

Doch Weiterbildung nach dem "Giesskannenprinzip" - überall ein bisschen, aber nicht gezielt - bringt nichts. Gerade bei der aktuellen schlechten Auftragslage sind die Kosten der Hauptgrund für die Zurückhaltung der Agenturen in Sachen Weiterbildung. Dabei bedeuten Trainingstage für Werbeagenturen Ertrag. Denn sie sind ein wirksames Instrument zur Qualitätssicherung und binden die Mitarbeiter ans Unternehmen. Weiterbildung sollte daher als zusätzliche Komponente des Gehalts eingesetzt werden. Dazu erhält jeder Mitarbeiter sein Weiterbildungsbudget und sein individuelles Trainingskonto.

Um die Kosten in den Griff zu bekommen, beteiligen die Firmen jedoch ihre Mitarbeiter an den Ausgaben - und das ist ein Bumerang. Denn der Mitarbeiter sieht nicht mehr die Investition des Unternehmens, sondern erinnert sich vor allem an den eigenen Zuschuss an die Fortbildung. Die Chance zur Mitarbeiterbindung geht so verloren. Jede vierte der großen Agenturen bitten beispielsweise ihre Mitarbeiter zur Kasse.

Auch bei der zeitlichen Investition für Trainings, ist die private Zeit der Mitarbeiter gefragt. In den grossen Agenturen findet Weiterbildung nur bei einer Minderheit während der Arbeitszeit statt, in den kleinen Agenturen sind es dagegen 71 Prozent. Offensichtlich ist die Bereitschaft gering, Mitarbeiter für Weiterbildungsmassnahmen freizustellen. Die bevorzugte Seminardauer liegt bei der Mehrheit der Agenturen bei maximal zwei Tagen im Jahr. Die Folge: Modulare Trainings und Traineeprogramme, die nachweislich den grössten Effekt aufweisen, werden vorzugsweise nicht gebucht.

Die Initiative zur Weiterbildung sollte dabei von den Führungskräften ausgehen und nicht von den Mitarbeitern. Die bisherige Praxis zeigt, dass nur 60 Prozent der Agenturen dabei die Regie Übernehmen. Die Verantwortlichen sind angehalten, auch hier das Heft nicht aus der Hand zu geben. Ansonsten besteht die Gefahr, dass subjektiv Wichtiges an Stelle von Agenturinteressen in den Vordergrund gestellt wird.

Auch bei der Nachwuchsförderung besteht in den Agenturen erheblicher Nachholbedarf. Trainee-Programme werden im Gesamtdurchschnitt nur von 57 Prozent der Agenturen angeboten. Der Anteil bei mittelgrossen und grossen Agenturen ist etwas höher. Fraglich ist aber, wie spezifisch diese sind. Gerade grosse Agenturen setzen oft auf agentureigene Akademien. Diese Einrichtungen dienen jedoch erfahrungsgemäss eher der Imagepflege der Firmen.


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