Herr Frank, Goldbach hat ein ereignisreiches Jahr hinter sich. Sie sprechen auch von einem Übergangsjahr, weshalb?
Das Geschäftsjahr 2014 war geprägt von bedeutenden strategischen Weichenstellungen und operativen Herausforderungen. Alle Geschäftsbereiche wurden überprüft und wesentliche Risikobereiche eliminiert. Von nun an fokussieren wir uns auf unsere Kernkompetenzen als Vermarktungsdienstleisterin.
Nach dem Rückzug aus Russland und Rumänien, kehrt Goldbach nun auch Serbien, Slowenien und Kroatien den Rücken. Weshalb ist das Unternehmen dort gescheitert?
Die Märkte in der genannten Region sind klein, jedoch aufgrund der Sprachenvielfalt aufwändig zu bedienen. Zudem haben wir im letzten Jahr zwei grosse Kunden verloren. Nach der vertieften Analyse von Chancen und Risiken sind wir zum Schluss gekommen, uns ganz aus der adriatischen Region zurückzuziehen. Einzig in Polen sehen wir Potenzial. Dort leben rund 40 Millionen Menschen und die Wirtschaft boomt. Deshalb bleiben wir als Werbevermarkterin präsent, schliessen aber das Agenturgeschäft.
Geschäfte in Balkanstaaten werden für Unternehmen immer wieder zum Debakel. Manche glauben, das hänge an Korruption, Vetternwirtschaft, Mangel an Professionalität, Disziplin oder Mindset. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Die Mentalität in dieser Ländern ist eine andere, klar. Solche negativen Erfahrungen, wie viele Sie beklagen, haben wir aber nicht gemacht. Auf jeden Fall haben sie nichts mit dem Entscheid zu tun, uns zurückzuziehen.
Nebst Abbau in der Marktregion Adriatic expandiert Goldbach nach Deutschland. Was erhoffen Sie sich?
Der deutsche Werbemarkt ist der grösste Europas und mit einem Volumen von 4,3 Milliarden TV-Spendings vielversprechend. Im TV-Markt gibt es viele klein, unabhängige Digitalkanäle, die über keinen gemeinsamen Vermarkter verfügen. Wir wollen mit den lokalen Geschäftsführern als Partner zusammenarbeiten. Zudem wächst in Deutschland der DOOH-Bereich sowie der Online- und Bewegtbildmarkt enorm. Und im relevanten Zukunftsmarkt Smart-TV fehlt zurzeit noch der dominante Player.
Im Jahr 2015 soll in Deutschland noch investiert, ab 2016 bereits Gewinn gemacht werden. Ist das Ziel nicht zu hoch gesteckt?
Nein, wir sind überzeugt von unserer Strategie und setzen voll und ganz auf unser Team in München. Wir haben elf engagierte Mitarbeiter vor Ort und konnten zentrale Protagonisten wie Peter Christmann und Martin Krapf langfristig an uns binden.
Die Investitionen für Goldbach Germany schlagen sich auf das Geschäftsergebnis (EBIT - 20,3 Prozent) nieder. Die Anstrengungen im deutschen Markt werden auch im aktuellen Jahr hohe Kosten verursachen. Was erwarten Sie für 2015?
Nicht nur die Expansion nach Deutschland, sondern auch die tiefere Profitabilität des TV-Geschäfts hat das Betriebsergebnis 2014 beeinflusst. Die schlechteren Margen waren strukturell bedingt, wir sehen jedoch in Zukunft keinen Trend zu einer weiteren Margenreduktion. Für 2015 erwarten wir eine positive Umsatzentwicklung im tieferen einstelligen Prozentbereich, getrieben durch ein weiterhin wachsendes TV-Geschäft sowie eine anhaltende Erholung im Bereich Radio. Aufgrund der verbesserten Profitabilität des Kerngeschäfts und des Wegfalls von Sondereffekten erwarten wir - trotzt der Aufbaukosten für den Markt in Deutschland - eine substanzielle Verbesserung des Reingewinns.
Die Schweizer Wirtschaft leidet unter dem starken Franken. Inwiefern ist Goldbach betroffen?
Wir betreiben unsere Geschäfte mehrheitlich in der Schweiz, deshalb trifft uns der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank nicht direkt. Aber unsere Kunden, wir haben mit allen Gespräche geführt.
Was genau heisst "Gespräche geführt"? Was ist Ihre persönliche Einschätzung: Wie leiden die Media- und Werbe-Agenturen?
Wir haben rasch nach dem Entscheid der Nationalbank den Kontakt zu vielen Kunden gesucht und sie über ihre Pläne befragt. Zurzeit beobachten wohl alle die Entwicklung genau. Wir für unseren Teil haben keinen kurzfristigen Rückgang der Werbeausgaben festgestellt. Wir sind gut ins 2015 gestartet; genaueres wird man aber erst in ein paar Monaten sagen können.
Mit Mirjana Blume und Erica Dubach Spiegler werden an der kommenden Generalversammlung Mitte April zwei Frauen für den Verwaltungsrat vorgeschlagen. Zurzeit ist die Frauenquote in aller Munde. Wurden bewusst zwei weibliche Kandidaten ausgewählt?
Ich freue mich, dass der Verwaltungsrat zwei gute Nachfolger vorschlagen kann - und noch mehr, dass es Frauen sind. Ich bin klar für mehr Weiblichkeit in den Führungsetagen. Frauen bringen Impulse von einem anderen Blickwinkel aus, das kann für ein Unternehmen nur gut sein.
Nach dem Umstrukturieren sprechen Sie nun von einer "ausgezeichneten Position im Heimmarkt Schweiz". Welche Hauptziele verfolgen Sie im Jahr 2015?
Wir planen, die Bewegtbild-Vermarktung auf allen Kanälen gezielt auszubauen. Bewegtbild wird als konvergente Ergänzung zum klassischen Werbemarkt stark an Bedeutung gewinnen. Das zeigt ein Blick in die Schweizer Wohnzimmer, wo abends vor allem junge Leute mit dem Laptop auf den Knien, dem Handy neben sich liegend TV schauen. Daneben steht 2015 natürlich der Aufbau von Goldbach Germany im Mittelpunkt.
Interview: Michèle Widmer, Bild: zVg.