13.08.2002

CI-Papst Wally Olins

1965 gründete Wally Olins (Bild) mit seinem Partner Wolff Olins, die mit 180 Mitarbeitern heute zu den führenden Branding-Agenturen gehört. Wally Olins gilt als CI-Papst von Grossbritannien. Er reinkarnierte globale Konzerne wie British Telecom, Prudential, Renault, Guinness und Orange. Seit kurzem ist Olins pensioniert, doch er arbeitet an neuen Projekten: am Branding von ganzen Nationen. Im "persönlich blau", das diese Woche erscheint, spricht Olins über Marketingfehler, Managementflops und die Schweiz. "persoenlich.com" bringt einen Auszug des Interviews:
CI-Papst Wally Olins

Wie beurteilen Sie die Schweiz?

Ich kann nicht wirklich beurteilen, wie die Realität ist, weil ich das Land nicht studiert habe. Ich habe es mehrmals besucht und weiss ein paar Dinge über die Schweizer Geschichte. Aber ich weiss, dass die Schweiz als extrem effizient wahrgenommen wird, als extrem reich, als extrem erfolgreich, als isoliert und freiwillig neutral. Die Schweiz wird von den eigenen Leuten und von Aussenseitern als beinahe unangreifbar, als unverletzlich angesehen. Und nun hatte man all diese Probleme mit der Swissair, mit der Credit Suisse, mit der Luftverkehrskontrolle, mit dem Brand im Gotthard-Tunnel und dem Anschlag in Zug. Alle diese Dinge widersprechen dem Image der Schweiz. An so etwas denkt man nicht, wenn man an die Schweiz denkt.

Mit welchen Mitteln kann man ein nationales Image verändern?

Man muss eine Gruppe von einflussreichen Leuten des Landes – Geschäftsleute, Künstler, Filmemacher, Sportler, Opinion Leader aller Art, dazu bringen, über die Stärken und Schwächen ihres Landes zu sprechen. Sie sollten eine Kernbotschaft entwickeln, welche die Nation repräsentiert. Diese muss dann visualisiert werden durch Farben, Symbole, Typografie – auch durch eine nationale Ikone. Das beste Beispiel ist wohl die stilisierte Sonne von Spanien, die durch Joan Miró entworfen wurde. Es wäre auch ein nationales Projekt wünschbar, das weltweite Ausstrahlung hat wie die Weltausstellung in Sevilla von 1992. Ein Brand-Buch sollte all die Elemente aufzeigen, welche die nationale Stimmung und Persönlichkeit repräsentieren, und sie sollten von Institutionen wie Unternehmen verwendet werden. Die Gruppe sollte darauf hinarbeiten, die Beeinflusser des Landes zu beeinflussen.

Wo im Marketing werden heute noch die meisten Fehler gemacht?

In der Betrachtung, was das eigene Produkt betrifft. Die Fimen sind heute Dienstleistungsunternehmen, was immer sie auch tun. Es gibt im Wesentlichen drei Firmen, die Flugzeugmotoren herstellen: General Electric, Pratt&Witney und Rolls Royce. Doch die Produkte sind alle gleich gut, also kommt es auf das Verhalten des Unternehmens, auf die Dienstleistungen an. Und deren Qualität hängt von internen Fähigkeiten ab. Der grösste Fehler, der im Marketing gemacht wird, ist, dass es sich nach aussen richtet und nicht auf das interne Verhalten der Leute achtet. Einer der Gründe, warum Orange erfolgreich ist, basiert auf dem Verhalten der eigenen Leute. Diese müssen erfüllen,was die Marke behauptet.

Was denken Sie über die Swiss?

Die Swiss will auf Kontinuität setzen. Sie wäre, so wie es aussieht, am liebsten die alte Swissair geblieben, um von der 70-jährigen Tradition zu profitieren, konnte dies aus nahe liegenden Gründen aber nicht. Jedenfalls suchte die neue Swiss in Bezug aufs Marketing offensichtlich einen Weg, so nahe wie möglich an den Swissair-Nimbus ranzukommen. Ob dies allerdings die richtige Entscheidung ist, kann ich nicht sagen. Ich bin nicht im Verwaltungsrat der Swiss. Mein Instinkt sagt mir nur, dass man so etwas besser nicht macht. Wenn man sich heute als Topclass-Airline positionieren will, teuer und luxuriös, dann würde ich das nicht über die Schweizer Flagge machen, sondern man sollte sich auf eine Luxus-Positionierung konzentrieren und nicht auf die sogenannte Swissness.

Wie hat sich der 11. September im Marketing von grossen Unternehmen ausgewirkt?

Nach dem 11. September hat sich die amerikanische Haltung verändert. Die Amerikaner fühlen sich vergewaltigt; sie waren jungfräulich, niemand hatte sie zuvor in dieser Art angegriffen. Wir in Europa sind da abgehärteter, wir haben bis heute die IRA in Irland, die ETA in Spanien. Bomben sind für uns nichts wirklich Aussergewöhnliches. In Amerika ist das anders. Sie fühlen sich vergewaltigt, und sie sind sehr stark – deshalb wollen sie zurückschlagen. Aber sie wissen nicht so genau, wen sie denn nun schlagen sollen. Und das ist es, was Bush rüberbringt: denunbestimmten Wunsch zurückzuschlagen. Das ist die Zeitstimmung.


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