18.09.2002

Der Hotel-Innovator von Luzern

Er hat Leben in die früher verschlafene Luzerner Neustadt gebracht und mit seinen Hotel- und Gastrobetrieben das Quartier zur Innerschweizer Vergnügungsmeile gemacht. Er bringt Zürcher In-People dazu, für ein Weekend nach Luzern zu reisen, um im "The Hotel" die von Jean Nouvel kreierte erotisch prickelnde Atmosphäre zu geniessen. Urs Karli (Bild) erzählt im neusten "persönlich blau", das diese Woche erscheint, von der nicht immer einfachen Arbeit mit dem Stararchitekten, von seiner Leidenschaft als Hotel-Freak und über Hoteliers, die Schreibtischtäter sind.
Der Hotel-Innovator von Luzern

Sie verstehen die Hotellerie nicht als Beherbergungsindustrie, sondern als Entertainment Business. Woher dieser Gedanke?

Man geht doch nicht in ein Hotel, weil man sonst draussen schlafen müsste. Man will auch relaxen, die Atmosphäre geniessen, in einem guten Restaurant essen, in eine lässige Bar gehen, sich mit guten Leuten unterhalten, kurz: Fun haben. Gefragt ist heute ein guter Mix von spannendem Zimmer-Design, guter Lage, guten Restaurants, guten Bars mit der speziellen Mischung von einheimischer Bevölkerung und Hotelgästen. Die Atmosphäre eines "Palace", wo alte Leute in der Ecke sitzen und mit der NZZ rascheln, ist doch todlangweilig. Man möchte sofort Reissaus nehmen.

Und trotzdem ist in vielen Hotels diese Atmosphäre noch immer Alltag. Warum eigentlich?

Weil die meisten Hoteliers noch nicht begriffen haben, dass wir eine Entertainment-Industrie sind und nicht einfach Leute, die ein Bett zur Verfügung stellen. Wir müssen dem Gast eine Atmosphäre kreieren, die besser ist als jene, die er zu Hause hat. Unsere Kunden, ob die bisherigen oder die zukünftigen, werden in ihren eigenen Wohnungen immer anspruchsvoller punkto Design und Lifestyle und stellen deshalb an ein Hotel andere Ansprüche.

Viele Hotels und Restaurants werden von Managern geführt. Sind sie vorwiegend Schreibtischtäter?

Leider ja. Es gibt Ausnahmen, aber wenige. Den meisten fehlt die Leidenschaft, sie sind keine Freaks. Das Mövenpick ist ein typisches Beispiel: Nach Ueli Prager kamen Manager ans Ruder, die begannen zu schustern. Der eine setzte die Prioritäten auf das, der andere auf jenes. Sie haben sich gegenseitig neutralisiert. Und so wurde ein Gemischtwarenladen daraus. Das ist immer der Anfang vom Ende. Jahrzehntelang setzte das Mövenpick erfolgreich auf Krustentiere. Warum hat man, als der Sushi-Trend einsetzte, nicht auf Sushi gesetzt? Die haben das völlig verschlafen. Auch die Suppenverpflegung, die heute hoch im Trend liegt, haben sie verschlafen.

Besteht für Hotels, die jahrzehntelang eine traditionelle Kultur gepflegt haben und plötzlich modernisieren, nicht die Gefahr, die angestammte Kundschaft zu verlieren?

Richtig. Deshalb ist es wichtig, die jungen Kunden an sich zu binden. Es gibt so etwas wie eine Konsumationsphase im Leben, bevor man drei Kinder hat und eine hohe Hypothek. In dieser Phase muss man die Kunden erwischen. Ich sehe das bei mir: Diese Leute sind bereit, für ein Weekend zum Beispiel von Zürich hierher zu kommen, ein gutes Konzert zu hören, fein zu essen, in schöner Architektur zu schlafen, anderntags lässig zu shoppen und nochmals schön zu schlafen. Wenn aber die drei Kinder bereits da sind und die Hypothek, wird es schwierig, und bis die Kinder draussen sind, ist man schon bald 50 und bereits ein wenig geizig.

Wo lassen Sie sich inspirieren für Ihre eigenen Häuser?

Ich bin, in Anführungszeichen, ein Freak, ein Besessener. Für mich gibt es nichts Spannenderes als ein Hotel. Wenn ich nur etwas Zeit habe, reise ich. Das letzte Wochenende war ich in Paris, das nächste werde ich in London sein, dann wahrscheinlich in München. Ich schaue mir vor allem die neueren Hotels an, nicht nur wegen meines Berufs, sondern weil ich diese spezielle Atmosphäre extrem gern konsumiere. Für mich ist nichts so spannend wie zum Beispiel in Philippe Starcks Royalton in New York zu hocken, meine Flasche Wein zu trinken, fein zu essen und People Watching zu machen. Oder in Ian Schragers Hudson-Bar, die ebenfalls von Starck designt wurde, diesen knisternden Mix von Indoor- und Outdoor-Gästen zu geniessen.


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