08.02.2020

Camille Bloch

«Der Schokoladenkonsument ist konservativ»

Ragusa gehört zu den bekanntesten Schweizer Marken. Hergestellt wird der Schokoriegel bei Camille Bloch im Berner Jura, einem Vorzeigebetrieb mit 180 Mitarbeitenden. Ein Gespräch mit Firmenchef Daniel Bloch, der das Unternehmen in der dritten Generation führt.
Camille Bloch: «Der Schokoladenkonsument ist konservativ»
«Unsere Stärke ist, dass wir kein allzu grosses Sortiment an Produkten haben, aber wir haben starke Marken wie Ragusa und Torino», so Firmenchef Daniel Bloch. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Bloch, wie viel Schokolade haben Sie heute schon gegessen?
Auf einem Besucherrundgang durch unsere Ausstellungsräume habe ich etwas Schokolade gegessen. Zudem habe ich noch vom Kuchen eines Mitarbeitenden probiert, der heute Geburtstag hat. Insgesamt habe ich heute wahrscheinlich etwas weniger Schokolade gegessen als an anderen Tagen. Durchschnittlich sind es etwa fünfzig Gramm pro Tag.

Schokolade ist einerseits das Nationalessen der Schweizerinnen und Schweizer. Andererseits ist da dieser Zeitgeist, dass Schokolade dick macht und schädlich ist. Spüren Sie diesen Trend? Geht der Schokoladenkonsum in der Schweiz zurück?
Der gesamte Schokoladenkonsum geht zurück. Das hat auch damit zu tun, dass die Statistiken den Tourismus miterfasst haben. Aber es gibt heute natürlich auch viele Produkte, auf die die Leute ausweichen, da sie meinen, sie seien gesünder, obwohl sie nicht unbedingt gesünder sind. Ich glaube, Schokolade per se ist nicht ungesund. Es ist eine Frage des Masses, Schokolade ist ein Genussartikel. Ich wehre mich dagegen zu sagen, Schokolade helfe der Gesundheit. Sie hilft vielleicht eher der Laune, gibt Energie und Lebensfreude, und das ist sicherlich nicht schädlich.

«Wir bieten Kontinuität, Ehrlichkeit und Qualität»

Ihr Unternehmen, die Chocolats Camille Bloch, ist eine Familien-AG, das berühmteste Produkt Ragusa. Ist der Standort des Unternehmens in Courtelary, zuhinterst im Berner Jura, manchmal nicht auch ein Nachteil?
Wir sind seit 1935 in Courtelary, es hat Vor- und Nachteile, hier zu arbeiten. Der Berner Jura ist zwar kein touristischer Hotspot, aber er wird je länger, desto mehr von Leuten entdeckt, die denken, hier sei alles noch ein bisschen echt und nicht komplett überbaut. Das hilft auch unserem neuen touristischen Angebot, dem Chez Camille Bloch, das wir im Herbst 2017 eröffnet haben. Wir haben sehr gute Zugverbindungen, sind zwanzig Minuten von Biel entfernt. So ganz in der Wildnis, wie sich das der eine oder andere vorstellt, sind wir nicht. Die Gegend hat ihren eigenen Charme, und mittlerweile finde ich, dieser passt sehr gut zu unseren Produkten.

Sie sagten «mittlerweile». Hatten Sie auch schon Mühe?
Ich arbeitete ein Jahr lang als Anwalt in New York und kam dann hierher, in den Berner Jura, zurück. Irgendwie fand ich es damals noch etwas zu früh für mich, und ich ging nochmals für ein Jahr nach Frankreich, um die Managerausbildung zu absolvieren. Dann kam ich zurück. Jeder Standort hat seine Qualitäten, und unser Standort passt zu unseren Produkten. Der Schokoladenkonsument ist sehr konservativ. Es gibt zwar immer wieder Neues und Innovationen, aber am Schluss möchte er die Schokolade so, wie sie schon immer gewesen ist – wie ein guter alter Freund eben. Das können wir hier in dieser Gegend sehr gut gewährleisten. Wir bieten Kontinuität, Ehrlichkeit und Qualität. Schokolade herzustellen, ist kompliziert, dafür braucht es gute Mitarbeitende, und die haben wir. Sie kennen das Business, sie sind uns sehr treu.

Wie kam es dazu, dass sowohl Migros als auch Coop Ihre Kunden sind? Ist das nicht etwas heikel?
Es ist nicht selbstverständlich, dass sich beide grossen Detaillisten für unsere Produkte interessieren. Unsere Stärke ist, dass wir kein allzu grosses Sortiment an Produkten haben, aber wir haben starke Marken wie Ragusa und Torino. Damit nehmen wir im Handel wenig Platz ein und machen viel Umsatz. Das ist attraktiv für den Handel. Wir wollen, dass der Konsument uns an so vielen Orten wie nur möglich findet. Er hat zwar eine Treue zu Marken, diese Treue ist aber nicht absolut. Das heisst: Wenn wir nicht da sind, nimmt er etwas anderes. Deshalb ist es wichtig, dass wir überall präsent sind.

Ist es richtig, dass Sie bei Coop einen Kompromiss machen mussten, als Sie auch zu Migros gingen?
Wir haben es Coop zumindest mitteilen müssen, dass wir auch in die Migros kommen. Das hat Coop nicht gerade gefreut, aber es wurde Verständnis gezeigt, was umso bemerkenswerter ist. Es gab Befürchtungen, nicht nur bei Coop, sondern auch bei anderen Kunden, dass der Umsatz zurückgehen würde. Ich versprach ihnen aber, mit etwas Neuem zu kommen. Dieses Versprechen konnten wir einhalten. Wir entwickelten mit Ragusa Blond eine neue Kategorie, die schliesslich auch zu einem Wachstum führte. So funktionieren wir als Firma. Wir haben keine Konzerne, die uns vorgeben, wie stark wir wachsen müssen. Innovativ sein heisst für uns auch, dass bestehende Kunden keinen Nachteil haben dürfen. Das motiviert unsere Mitarbeitenden.

«Die Konsumenten wollen heute wissen, was in der Schokolade drin ist»

Momentan haben wir eine eher lustfeindliche Zeit. Erleben Sie das auch so?
Ja, das spüren wir auch. Aber man kann es positiver sagen: Die Leute wollen heute verantwortungsbewusster leben, was grundsätzlich eine gute Tendenz ist. Es kann einfach ins Moralisierende kippen, und das finde ich dann weniger positiv. Ich würde nicht von lustfeindlich sprechen, sondern von bewusst und nachhaltig. Die Konsumenten wollen heute wissen, was in der Schokolade drin ist und woher sie kommt. Deshalb haben wir auch das Besucherzentrum eröffnet. Hier können sie sich vollumfänglich informieren. Wir sind sehr transparent, und ich glaube, das wird auch geschätzt.

Was sagen Sie zum Werbeverbot, das ja irgendwann auch die Nahrungsmittelbranche tangieren kann?
Die Tendenz des Staates, den Bürger je länger, desto mehr zu bevormunden, halte ich für keine gute Entwicklung. Gewisse Restriktionen, insbesondere bei Kindern, sind sicherlich okay, aber die Richtung, in die es momentan geht, finde ich nicht gut. Man sollte dem Volk wieder mehr Vertrauen schenken und manchmal auch wieder etwas mehr Mut zeigen.



Das ausführliche Interview mit Daniel Bloch finden Sie in der aktuellen Ausgabe von «persönlich».

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