14.05.2020

Goldbach Group

«Ein Gegeneinander bringt jetzt gar nichts»

Michi Frank ist das Gesicht der Goldbach Group. Dieses Jahr ist für ihn eine doppelte Herausforderung: Seit Anfang des Jahres ist er für die Vermarktung von 20 Minuten und alle Tamedia-Titel zuständig. Und jetzt kommt noch die grösste Werbekrise der letzten Jahre.
Goldbach Group: «Ein Gegeneinander bringt jetzt gar nichts»
Michi Frank, am 31. August 1967 geboren, ist seit dem 1. Januar 2012 Delegierter der Tochtergesellschaft Goldbach Media und zudem Delegierter Region DACH. Seit 1. Januar 2014 ist Michi Frank CEO der Goldbach Group AG. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Frank, wie haben Sie bis jetzt die ganze Coronakrise erlebt?
Wir sind alle im Homeoffice und stemmen den Geschäftsalltag unter veränderten Bedingungen eigentlich ganz gut. Wir haben bei Goldbach sehr gute Voraussetzungen, um ortsunabhängig arbeiten zu können. Mit unseren Laptops haben wir von überall Zugriff auf unser System. Und dank Videokonferenzen können Meetings genauso effizient abgehalten werden wie sonst. Wir alle kämpfen natürlich mit der Situation. Viele unserer Kunden sind verunsichert oder haben derzeit keinen Grund, Werbung zu buchen. Aber wir suchen nach Lösungen, wir sind kreativ. Jammern bringt nichts.

Ist dies, vom Werbemarkt aus betrachtet, wie das Platzen der Dotcom-Blase, der 11. September, die Finanzkrise – oder am Ende noch schlimmer?
Wie schlimm das Ganze effektiv ist, können wir natürlich erst sagen, wenn es vorüber ist. Wie lange die Krise für den Werbemarkt andauert, hängt stark davon ab, wie schnell sich die Wirtschaft erholt. Wir wissen heute, dass Corona den Werbemarkt sehr hart getroffen hat.

«Die Werbeauftraggeber sind verunsichert»

Wie schätzen Sie den Werbemarkt für die nächsten Wochen, ja Monate ein?
Dies hängt natürlich sehr stark davon ab, wie schnell sich die Wirtschaft von der Coronakrise erholt. Im ersten Moment konnten wir kurzfristige Reaktionen auf die Krise verzeichnen. Die Werbeauftraggeber sind verunsichert, weil sie nicht wissen, welche Auswirkungen die Krise auf ihre Umsätze hat, und sparen daher unter anderem bei der Werbung. Kampagnen wurden vorsorglich gestrichen oder aufgrund dessen, dass ein Produkt nicht mehr verfügbar war, beispielsweise im Tourismus. Zwischenzeitlich nehmen viele Marken ihre soziale Verantwortung wahr und positionieren sich mit Aussagen rund um Corona. «Abstand halten» wird zur Botschaft, oder aber sie bedanken sich bei ihren Mitarbeitenden. In einer nächsten Phase müssen wir Modelle finden, die Sicherheit über die Krise hinaus schaffen und die Markenkommunikation langfristig stärken.

Für Sie ist dieses Jahr eine doppelte Herausforderung: Neu ist Goldbach für die Vermarktung von 20 Minuten und alle Tamedia-Titel zuständig. Was hat sich für Sie vor allem geändert?
Die grösste und schönste Veränderung ist die, dass wir unseren Kunden jetzt ein grösseres Portfolio anbieten können. Durch die Integration von Print, den Tamedia-Medien und 20 Minuten sowie Out-of-Home mit Neo Advertising haben wir eine grössere Reichweite und können dadurch natürlich auch viel besser auf die Wünsche der Kunden eingehen, damit sie die Endkunden zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort erreichen.

Neu vermarkten Sie mit den klassischen Zeitungstiteln auch Printprodukte. Wodurch unterscheidet sich dies vom Internet- oder vom TV- und Radiogeschäft, das die frühere Kernkompetenz von Goldbach war?
Das Wichtigste ist das Marketingziel des Kunden. Wichtig ist, dass wir die Kunden ihren Wünschen und Zielen entsprechend beraten, damit die Werbung die gewünschte Wirkung entfalten kann. Mit der Integration von Goldbach Publishing und 20 Minuten Advertising haben wir die Printexperten zu Goldbach geholt. Gedruckte Magazine und Zeitungen sind aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit und Akzeptanz verlässliche Werbeträger, während TV, Radio und auch Online durch ihre grosse Reichweite punkten. Das Schöne ist ja, dass wir in unserer neuen Aufstellung die ganze Bandbreite anbieten können: Neben TV und Radio haben wir ein deutlich vergrössertes Netzwerkangebot und mit der Integration von Neo Advertising ein flächendeckendes Portfolio von über 20'000 analogen und digitalen Aussenwerbeflächen an erstklassigen Standorten. Jedes Medium hat seine Vorteile, und wir haben die Expertise, um optimal zu beraten.

Welches Medium bevorzugen Sie persönlich als Werbeträger?
Das Medium hängt natürlich vom Marketingziel ab. Wenn ich Imageaufbau betreibe, dann ist TV mein Liebling. Wenn ich in kurzer Zeit viele Leute erreichen will, dann bevorzuge ich neben TV auch Radio. Wenn ich hingegen als Dorfladen den Nachbarn erreichen will, dann setze ich auf ein Inserat in der Dorfpost. Spannend wird es, wenn in Zukunft immer mehr Werbung adressierbar wird oder sie beispielsweise im TV auch der Nutzung des Zuschauers angepasst werden kann, wie im Replay-TV. Wenn die Frage darauf abzielt, wo ich persönlich am liebsten Werbung sehe, dann ist die Antwort einfach: Ich bin ein Werbejunkie! Ich schaue alles auf allen Kanälen.

«Für Goldbach liegen die Wachstumsmärkte geografisch im nahen Ausland»

Wo sehen Sie die Wachstumsmärkte der Zukunft?
Für Goldbach liegen die Wachstumsmärkte geografisch im nahen Ausland. In Deutschland und Österreich sind wir heute ein Nischenprodukt mit dem Potenzial, Marktanteile zu gewinnen. Der deutsche Werbemarkt ist beispielsweise zehnmal grösser als derjenige der Schweiz. Neben organischem Wachstum über Produktinnovationen in allen Mediengattungen prüfen wir auch Investitionen in interessante Firmen. Wir fokussieren dabei auf unser Kerngeschäft, die Technologie. Die Reise muss dahin gehen, dass eine automatisierte Ausspielung von Werbung über alle digitalen Kanäle möglich wird.

Was erhoffen Sie sich noch von diesem sonderbaren Jahr 2020?
Natürlich, dass wir uns alle schnell vom Corona-Schock erholen. Ich wünsche mir, dass wir als Branche in dieser schwierigen Zeit zusammenrücken, gemeinsam nach Lösungen suchen und uns gegenseitig helfen. Ein Gegeneinander bringt jetzt gar nichts. Momentan spielen wir nicht nur in derselben Liga, sondern in derselben Mannschaft. Wenn wir nicht gemeinsam gewinnen wollen, gehen wir alle zusammen im Zürichsee unter.



Das ausführliche Interview mit Michi Frank ist in der aktuellen Printausgabe von persönlich erschienen. Dort spricht der CEO der Goldbach Group auch über die Zukunft von Printwerbung sowie die Konkurrenz durch Google oder Facebook.



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Kommentare

  • Victor Brunner, 14.05.2020 09:03 Uhr
    Michi Frank im Interview: "Ich wünsche mir, dass wir als Branche in dieser schwierigen Zeit zusammenrücken, gemeinsam nach Lösungen suchen und uns gegenseitig helfen. Ein Gegeneinander bringt jetzt gar nichts". Diese Aussage ist gleichbedeutend wie das Wort zum Sonntag, Montamorgen vergessen! Die Branche ist zu gross, die Werbegelder werden massiv zurück gehen und es gibt zuviele Player in der Wellnessoase, die Messer werden jetzt schon gewetzt. Mindestens 20% der Player werden in 2 Jahren Geschichte sein, weg vom Markt, mit schönen Worten, Synergien, wegfusioniert. Frank: "gemeinsam nach Lösungen suchen", meint er Preisabsprachen?
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