12.01.2017

Rod Kommunikation

«Es ist faszinierend zu sehen, wie gross jemand Prominentes war»

Die Wald- und Holzbranche sowie das Bafu haben am Donnerstag die Kampagne #Woodvetia lanciert. Regula Bührer Fecker von Rod spricht mit persoenlich.com über deren Ziel, warum ein Psychoanalytiker im Trailer vorkommt und die lebensgrossen Figuren aus Holz.

Regula Bührer Fecker 2
Holzfigur von Madame Tussaud und Regula Bührer Fecker.

Frau Bührer Fecker*, was ist das Ziel der #Woodvetia-Kampagne?
Die Schweiz ist ein Holzland – ein Drittel der Fläche ist Wald! Sehr viele Menschen in der Schweiz stehen auf Holz – sie mögen es im Wald, sie mögen das Material, die Haptik. Es schenkt ihnen Geborgenheit in unsicheren Zeiten. Darum kaufen sie auch gerne Holzmöbel und -accessoires, um ihr zuhause heimelig zu machen. Aber viel zu wenige verschwenden einen Gedanken daran, woher das Holz des Innenausbaus ihres Lieblingsrestaurant eigentlich kommt. Sie fragen sich nicht, ob es Schweizer Holz ist. Aber wenn immer weniger Menschen hiesiges Holz wählen, dann bringt das eine Industrie in Gefahr – angefangen vom Förster übers Sägewerk bis hin zum Schreiner. Wählen wir öfter Schweizer Holz, so können alle Hand in Hand zusammenarbeiten und die Bevölkerung profitiert von einem gut gepflegten, bewirtschafteten, gesundem Wald. Wir verfolgen also mit der Kampagne «#Woodvetia – Aktion für mehr Schweizer Holz» eine langfristige Strategie und hoffen, viele Menschen zum Nachdenken und Andershandeln animieren zu können.  

Wie werden Sie den Erfolg messen können?
Wir haben vor Kampagnenbeginn eine Nullmessung zum Image von Schweizer Holz gemacht und werden dies jährlich wiederholen. Und im Markt wird für uns ein Gradmesser sein, wie sich die Branche äussert: Wird Schweizer Holz von den Kunden offensiver nachgefragt, beim Hausbau, beispielsweise. Ebenso aufschlussreich wird sein, wie viele Detailhändler oder Möbelhändler ausgewiesene Produkte aus Schweizer Holz ins Sortiment aufnehmen oder auch als Herkunft Schweiz ausweisen.

Wie lange haben Sie das Mandat?
Rod hat den Auftrag mit einer öffentlichen Ausschreibung bis Ende 2018 gewonnen und noch einiges in petto bis dahin. Am Donnerstag ist der Auftakt für eine Kampagne, von der man noch viel hören und lesen wird.  

Was kostet die komplette Kampagne?
Explizite Zahlen will ich keine nennen. Es ist ein solides Budget, aber sicher kein fürstliches. Darum haben wir auch ganz bewusst dafür entschieden, eine Kampagne zu entwickeln, welche lange Content liefern wird, über den man spricht und berichtet. 

Auf welchen Kanälen wird die Kampagne beworben?
Einerseits mit Live-Events. Andererseits durch die lebensgrossen Figuren Schweizer Persönlichkeiten, welche aus unterschiedlichem Schweizer Holz produziert werden, welche sich selbst inszenieren. Beides unterstützen wir mit massiver nationaler und regionaler PR und bedienen uns logischerweise der Möglichkeiten des Webs und der sozialen Medien sowie diverser Branchen- und Verbandsplattformen.

Glauben Sie, durch die Kampagne werden Herr und Frau Schweizer auf  Schweizer Holz umsteigen – trotz des starken Frankens?
Ja, das hoffe und glaube ich. Wenn ich das nicht hoffen und glauben würde, dann wäre ich im falschen Job. Wir haben jetzt zwei Jahre Zeit, um alles Erdenkliche zu tun, damit dieses Umdenken stattfindet. Kommunikation kann das, #Woodvetia kann das!  

Warum wurde als Mittelpunkt der Kampagne lebensgrosse Figuren gewählt?
Weil die Leute sie anfassen, mit ihnen interagieren können. Sie können sich mit ihnen fotografieren, damit bedienen wir die Selfie-Manie. Zudem ist es faszinierend zu sehen, wie gross oder umfangreich jemand Prominentes eigentlich ist oder war. Die Lebensechtheit abzubilden war ein grosser Challenge – wir mussten die Persönlichkeiten recherchieren und bei lange Verstorbenen aus Bildern und Beschreibungen einen Körperbau rekonstruieren. Dieser wurde dann via Body Double abgescannt und digitalisiert.  

Warum wird als erste Schweizer Persönlichkeit Marie Tussaud gezeigt?
Einerseits, weil sie sehr berühmt ist und dennoch kaum jemand in der Schweiz weiss, dass sie Schweizer Wurzeln hat. Andererseits, weil sie mit «Madame Tussaud’s» das mit Abstand berühmteste Figurenkabinett der Welt gegründet hat – und damit thematisch super passt. Dass die Dame gebürtig «Marie Grosholtz» hiess, machte die Sache auch sonst sehr rund.  

Sind die Figuren auch mitten in der Stadt zu sehen?
Überall. In der Stadt, auf dem Land, in Museen, an Bahnhöfen, auf Bergspitzen, in Zügen. Saumässig aufwändig in der Abklärung, Koordination und Organisation für das ganze Team, aber jede Stunde wert. An dieser Stelle möchte ich ein grosses Dankeschön dem ganzen Team bei Rod aussprechen, welches für diese Kampagne richtig brennt. 

Warum wählten Sie den Zürcher Künstler Inigo Gheyselinck?
Unser Geschäftsführer Pablo Koerfer ist ein grosser Kenner der Kunstszene und hat den Namen Inigo Gheyselinck ins Spiel gebracht. Inigo ist wirklich ein Glücksgriff für uns und die ganze Kampagne. Er ist jung und wahnsinnig talentiert. Er hat für die Produktion Figuren einen ausgeklügelten Prozess entwickelt und sich offen gezeigt, mit unterschiedlichen Unternehmen der Holzbranche zusammenzuarbeiten. Auftragskunst mit hohem Komplexitätslevel und unter grossem Zeitdruck – das führt er mit grösster Hingabe aus.

Wie werden die Figuren produziert?
Nehmen wir Marie Grosholtz – sie wurde aus Schweizer Linde produziert. Zuerst formt Inigo ihren Kopf aus Ton. Dann wird der Körper gewählt und mit einem Body Double in Kostümen dieser Epoche nachgestellt. Kopf und Körper werden gescannt, digitalisiert und zusammengefügt. Parallel wird das Holz für die Produktion gesucht – die Holzart, der Baum, der Standort muss zur Figur passen. Das rohe Holz wird so zusammengefügt, dass die Figur via CNC-Fräse herausgefräst werden. Eine CNC-Fräse ist eine Fräsmaschine, welche ab Digitaldaten in der Lage ist, Holzstücke mit höchster Präzision automatisch zu fräsen. Inigo macht dann wiederum manuell mit seinem Team den Feinschliff. Es stecken viele Stunden Arbeit in jeder Figur. 

Was sind die Herausforderungen, wenn man ein ganzes Jahr immer wieder neue Figuren schafft?
Jede Figur, jedes Holz ist anders. Man kann nicht ab Stange produzieren, sondern muss jede Figur einzeln betrachten und erarbeiten. Lebende Persönlichkeiten wollen zudem mitreden, wie sie abgebildet werden wollen. Das macht es nicht einfacher. Die grösste Herausforderung ist wohl, dass wir alle ein Jahr lang die Motivation hochhalten mögen und die Leistung des Teams nicht einknickt.

Was ist die kreative Idee hinter dem Trailer?
Wenn sich jemand für Holz aus dem Ausland und nicht für Schweizer Holz entscheidet, hat das einen Riesenimpact auf eine Kette, viele Branchen, viele Menschen und nicht zuletzt: den Wald. Diese Komplexität lässt sich in einem Film besser darstellen und erzählen.

Wieso wurde zum Beispiel ein Psychoanalytiker als Protagonist gewählt?
Weil Konsumverhalten immer eine psychologische Komponente hat. Peter Schneider kann das sensationell analysieren und auf den Punkt bringen. Wir sind froh, dass er sich Zeit für dieses Projekt schaffen konnte.

Wie lange wurde gedreht?
Das waren schon einige Drehtage in der ganzen Schweiz – wie gesagt, die Thematik ist komplex und muss auch in ihrer Komplexität abgebildet werden.

Wo gab es Probleme oder besonders gute Erfahrungen?
Wir wissen alle, dass die Branche dank der Frankenstärke unter Druck ist. Dennoch ist es schwierig, Firmen zu finden, welche sagen, dass sie leiden. Das ist menschlich – niemand zeigt sich gerne unter Druck. Für uns ist es wiederum eine geniale Erfahrung, wie unkompliziert die ganze Branche ist – alle sind es gewohnt, anzupacken und Lösungen zu finden. Sehr bodenständig, sehr handfest, das tut in unserer verkopften Branche sehr gut und gibt Bodenhaftung.

Wo wird der Trailer gezeigt werden?
Auf Youtube, in den sozialen Medien, auf der #Woodvetia Website und als Informationsmaterial für Verbände, Schulen und Vorträge. Der Dokfilm soll ein Standardwerk für die Schweizer Holzbranche werden, den man gesehen haben muss.





ZUR PERSON

*Regula Bührer Fecker hat Rod 2007 zusammen mit David Schärer und Oliver Fennel gegründet und ist heute Leiterin der Strategie der Agentur. Zudem ist Bührer Fecker zweifache Werberin des Jahres (2010, 2014).

Das Interview wurde schriftlich geführt.


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