22.08.2000

Events heute – Events morgen

Grundbedürfnis nach mythischen Erlebnissen auch in der Zukunft.

Catherine Ganz – Geschäftsleitung AV Ganz AG, Zürich – hat im Rahmen der Pressekonferenz der X'00 und Swiss Event'00 vom Montag ein Referat zum Thema "Events" gehalten. "persoenlich.com" bringt eine Kurzfassung.

Catherine Ganz – Geschäftsleitung AV Ganz AG, Zürich – hat im Rahmen der Pressekonferenz der X'00 und Swiss Event'00 vom Montag ein Referat zum Thema "Events" gehalten. "persoenlich.com" bringt eine Kurzfassung.

Events als Marketinginstrumente werden heute organisiert und besucht, weil von ihnen erwartet wird, dass sie ein einmaliges Erlebnis in den gesicherten, organisierten Alltag bringen. Der kompensatorische Charakter solcher Events entlarvt sich jedoch je länger je mehr. In Zukunft werden diejenigen Events die grössten Erfolge haben, welche die Hintergründe der Werbung nicht mehr verschweigen, sondern sie im Gegenteil selber zum Stilmittel machen.

Je uniformer, organisierter, wirtschaftlich gesicherter unser Leben ist, desto mehr vermissen wir Abenteuer, Risiko, Kick und Erlebnis. Desto mehr suchen Menschen in der hochindustrialisierten ersten Welt deshalb nach Kompensation durch Herausforderungen und Risiko in Wirtschaft, Sport, Freizeit und Tourismus. Und je globaler die Welt als global village wird, je schneller Kommunikation und je breiter Information möglich wird, je mehr sich Grenzen verwischen, Nationalitäten mischen, desto mehr suchen dieselben Menschen nach neuen Identifikationsmöglichkeiten, nach Gruppenzugehörigkeit aufgrund neuer Parameter. Ob Gesellschaft oder Subkultur, Jetset oder Gang: der religiösen Ritualistik und Symbolik gleich, sind es auch heute kultische Elemente in Lifestyle, Sprache, Brands, Labels, Groove, Kleidung und Accessoires die Wiedererkennung, emotionale Sicherheit und Zugehörigkeit zu einer Gruppe ermöglichen.

Events heute

Events als Marketinginstrumente werden heute organisiert und besucht, weil von ihnen erwartet wird, dass sie den grauen Alltag unseres gesicherten, organisierten Lebens ebenso kompensatorisch durch Abenteuer, Erlebnis, Suspens, Exotik und Überraschung unterbrechen. Mit der aufwendigen und technisch perfekten Show wird ein neuer Sportwagen vorgestellt. Ein berühmter Hersteller für Computer Hard- und Software lädt seine Agenten für ein Wochenende nach Grönland mit Übernachtung im Iglu ein. Manager üben sich im Feuerlaufen. Eine Weltfirma für Kommunikationstechnik sponsert die Fernseh-Liveübertragung der Matterhornbesteigung. Natürliche oder virtuelle Umgebung werden zu Raum, Ort und Zeit für organisierte Erlebnisse.

Zuhause angelangt allerdings, findet sich ein jeder wieder abends im Verkehrsstau oder im Büro beim Warten auf die Browserverbindung. Die Fahrt mit dem Formel-1 Wagen auf der computersimulierten Rennstrecke auf dem Messestand, hinterlässt schliesslich ein schales Gefühl. Milde lächelnd nehmen wir das vom Double signierte Foto mit nach Hause und zeigen es den Kindern, welche sich begeistert der Täuschung hingeben. Selbst aber gehen wir zu Bett, während sich nostalgische Wehmut und kühle Ernüchterung breit machen. Der Schein trügt nicht mehr: Marlboro-Held und Möchtegern-Rennfahrer in uns haben ausgedient. Der kompensatorische Charakter solcher Events entlarvt sich heute öfters als gewünscht.

Events morgen

Wenn nicht dies, was also wird uns in Zukunft begeistern, welche Events werden morgen die Botschaften nachhaltig unterstützen? Wer wird das Publikum, wer der Held und die Göttin sein, die unser Marketing beflügeln? Weil das Grundbedürfnis nach mythischen Erlebnissen auch in der Zukunft bestehen bleibt, werden Events zwingend einem dramaturgischen Aufbau folgen müssen, um beim Publikum Erfolg zu haben. Die Regie muss ganzheitlich geführt und technische Präsentationsmedien, Kommunikations- und Gestaltungsmittel wie Bild, Ton und Licht dürfen nicht um ihrer selbst willen eingesetzt, sondern müssen mitinszeniert werden. Das Publikum will mit dem überrascht werden, was es tatsächlich noch nicht kennt: Denn Mitwissen valorisiert.

Dafür verändern sich Identifikationsfiguren und -bilder, über welche sich Zielgruppen definieren. Massgebend werden nicht mehr ausschliesslich Geschlecht, Alter, Sozietät, Bildung, Einkommen, Religion oder Parteizugehörigkeit sein. Lifestyle, unterschiedliche Gewohnheiten, Kleidung, Marken, kultische Accessoires und Werte unterscheiden Konsumenten voneinander. Der Marlboro-Typ ist vielleicht der Soft-Individualist von morgen, dem gesellschaftliche Werte wie Fairplay und Fürsorge in der Familie wichtiger sind als anderes.


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