Urs Riedener, wie ist es zum Wechsel zu Emmi gekommen?
Ich habe diesen Wechsel nicht gesucht. Emmi ist auf mich zugekommen und hat mir diese Möglichkeit angetragen. Ich habe mir das Angebot durch den Kopf gehen lassen und mich schliesslich dazu entschieden, diese neue Herausforderung anzunehmen.
Sie standen Ende 2004 als Migros-Chef zur Diskussion, schliesslich wurde aber Herbert Bolliger gewählt. Hatte das einen Einfluss auf ihren Entscheid?
Mit dieser Wahl hat mein Entscheid nichts zu tun -- das liegt ja auch schon einige Zeit zurück. Herbert Bolliger und ich arbeiten sehr gut zusammen. Darum hätte ich mir auch gut vorstellen können, noch längere Zeit bei der Migros zu bleiben.
Walter Huber tritt bereits Ende September zurück, bis zu ihrem Amtsantritt wird sein Stellvertreter Robert Muri das Geschäft führen. Werden Sie in dieser Zeit schon bei Emmi Einfluss nehmen?
Nein, so lange ich bei der Migros angestellt bin, gehört dem Unternehmen auch meine volle Konzentration. Zuerst will ich meine Tätigkeit bei der Migros sauber abschliessen. Das schulde ich meinen Mitarbeitern und ist schlussendlich auch eine Frage des Anstandes. Emmi ist dann das nächste Kapitel.
Welche Aufgaben kommen bei ihrem Amtsantritt 2008 auf Sie zu?
Ich möchte so schnell wie möglich die Organisation kennen lernen, die Betriebsstandorte besuchen und die Strategie- und Ideendiskussionen mit den Mitarbeitern anführen. Es wäre vermessen, gleich alles besser wissen zu wollen, ohne den Betrieb von innen gesehen zu haben.
Muss man als neuer CEO gleich zu Beginn eine Marke setzen, um nicht als Verwalter des Erfolgs seines Vorgängers zu wirken?
Ich definiere mich über die Leistung und über den Mehrwert für die Mitarbeiter. Niemand schätzt es, wenn ein neuer Chef gleich versucht, die Welt neu zu erklären. Ich will mit den Leuten sprechen, gemeinsam eine Vorstellung entwickeln und diese dann umsetzen. Dass ich zu Emmi komme, um etwas zu gestalten, ist Teil der Aufgabe.
Emmi hat erfreuliche Halbjahreszahlen bekannt gegeben. Hätten Sie bei schlechterem Geschäftsgang auch das Amt als Krisenmanager übernommen?
Man darf bei Entscheidungen nicht nur auf den kurzfristigen Erfolg schielen. Als Entscheidungsgrundlage war es für mich wichtig, eine klare, langfristige Strategie zu erkennen, zu sehen, dass sich das Unternehmen allgemein erfolgreich entwickelt. Man muss abschätzen können, was das Unternehmen in Zukunft erwartet, und ob der Verwaltungsrat gewillt ist, diese Herausforderungen zu packen.
Kann der erfolgreiche Geschäftsgang auch ein Nachteil sein, wenn man als neuer CEO etwas verändern will?
Sie können sehr viel ändern und eine Firma vorwärts bringen, ohne dass sie die Strategie aufgeben. Ein gutes Unternehmen fährt eine Strategie über mehrere Jahre, ist aber variabel in der Umsetzung.
Zwischen den Grossverteilern und den Markenartiklern findet eine ständige Diskussion über die Preisgestaltung statt. Als Emmi-Chef müssen Sie nun andere Interessen vertreten als bei der Migros. Kommt Ihnen dabei ihr Insider-Wissen zu gute?
Von Insider-Wissen würde ich nicht sprechen, das ist ja auch schnell nicht mehr aktuell. Es ist klar, dass ich gewisse Mechanismen und Abläufe kenne. Diese betreffen aber nicht die Migros spezifisch, sondern laufen in allen Detailhandelsunternehmen ähnlich ab. Entscheidend ist, was sie für eine Marktkenntnis haben.
Emmi spürt auch den Konkurrenzdruck und hat deswegen das Marketingbudget stark erhöht. Wird bei Emmi das Marketing nun zur Chefsache?
Das Marketing ist ein wichtiger Bereich. Emmi verfügt aber bereits über sehr kompetente Fachleute und ich freue mich auf die Diskussionen mit diesen. Ich werde an der neuen Wirkungsstätte sicher nicht Marketing als meine Passion ausleben, sondern versuche allen Unternehmensbereichen gerecht zu werden.
(Interview: Stefan Wyss)
--> Emmi: Migros-Marketingchef Urs Riedener wird neuer CEO
