07.08.2000

Millionenschwerer Name

Intersport

Der Übernahmekampf um Intersport könnte den ersten grossen Markenstreit in der Schweiz provozieren.

Was will Nicholas Berry eigentlich mit Intersport? In der Schweiz drohen ihm die unabhängigen Intersport-Händler davonzulaufen, wenn er nicht Vertrauen schafft, und auch seine Vision, Intersport-Gesellschaften südeuropäischer Länder mit der Schweizer Schwester zu fusionieren, ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Und mit einem Wachstum von zwei bis drei Prozent jährlich lässt sich in der Sportartikelbranche in den nächsten Jahren auch keine goldene Nase verdienen. Warum also lässt sich der britische Investor, der die Mehrheit an Intersport Schweiz erwerben wird, auf ein solches Abenteuer ein? Intersport-Finanzchef Rolf Frischknecht zuckt mit den Schultern: "Wir haben kein Vermögen, das einen Raid rechtfertigen würde."

Ein stilles, aber kostbares Vermögen gibt es allerdings: den Namen Intersport. Die Vermutung liegt nahe, dass sich Berry einzig und allein für die Marke interessiert. Sie ist das betriebswirtschaftlich wertvollste Kapital der Firma mit Sitz in Ostermundigen. Denn selbst der Kundenstamm garantiert keinen sicheren Wert. Es sind dies unabhängige Sportfachhändler, welche die Verträge auf ein halbes Jahr hinaus kündigen können. Und selbst die mit 16 Millionen Franken bilanzierten Liegenschaften sind im Markt nicht mehr als 20 bis 25 Millionen Franken wert - damit könnte Berry gerade mal die Kosten seiner bisherigen Aktienkäufe decken, mit denen er sich die Macht bei Intersport Schweiz sichert. Der Name Intersport hingegen geniesst eine hohe Bekanntheit. Und diese könnte sich Berry bei einem Verkauf von einem Interessenten teuer bezahlen lassen. Der Wert der Marke Intersport sei zwar nie seriös errechnet worden, sagt Jurist Jürg Stucki von der Dachorganisation Intersport International. Weder in der Schweiz noch für die anderen 25 Länder, in denen Intersport tätig ist. Dennoch schätzt Stucki den Wert der Marke Intersport auf eine "zwei- bis dreistellige Millionenzahl". Der Bedeutung der Marke ist sich Berry sehr wohl bewusst: "Ich setze viel Vertrauen in den Markennamen. Er ist sehr wertvoll", betonte er letzte Woche in einem Mediengespräch.

Wenn Berry Intersport Schweiz tatsächlich nur erworben hat, um die Marke möglichst teuer weiterzuverkaufen, provoziert er den ersten grossen Markenstreit in der Schweiz. Denn die Namenrechte an Intersport liegen nicht bei der Intersport Schweiz, wie Berry vermuten könnte, sondern bei der Dachorganisation Intersport International. Sie hat die Marke europäisch und gleichzeitig in den einzelnen Intersport-Ländern auf ihren Namen schützen lassen. Sie überträgt den Länderorganisationen mit der Lizenz lediglich das Recht, den Namen Intersport zu verwenden, nicht aber, ihn zu besitzen. "Die Marke ist für uns ein wichtiges Kapital", sagt Jurist Stucki. Und dieses Kapital will die Organisation nicht mit Lizenznehmern teilen. Wie wichtig ihr die Namensrechte sind, zeigt auch die Tatsache, dass Intersport International jährlich rund 400'000 Franken in den "Schutz und die Verteidigung investiert", wie Stucki sagt. Wie dieser Schutz greift, erfuhr Intersport Schweiz schon am eigenen Leib, als sie den Begriff Intersport-Rent-a-ski schützen lassen wollte und sich prompt eine Einsprache der Dachorganisation einhandelte.

Möglicherweise ist sich Investor Berry dieser Problematik bewusst und versucht, mit einem drohenden juristischen Hickhack Druck auf das Management auszuüben. Denn ein langwieriger Namensstreit würde die Handlungsfähigkeit von Intersport einschränken, Händler und Kunden verunsichern und das Intersport-Image zumindest teilweise ramponieren. Sein Ziel könnte sein, dass Intersport im Namensstreit allenfalls Konzessionen macht oder dass Intersport Deutschland, die ihrerseits der Schweizer Schwester-Organisation ein Übernahmeangebot gemacht hat, Berry den Ausstieg aus seinem Intersport-Abenteuer doch noch versüsst. Deutschland bietet den Aktionären von Intersport Schweiz, und damit auch Berry, 105 Franken pro Aktie. Gut möglich, dass sich Störenfried Berry bei einem Preis von 112 bis 115 Franken freiwillig und mit sattem Kursgewinn verabschieden würde. ·



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