12.03.2023

Out of Home

Kommerzielle Aussenwerbung bleibt in Genf erlaubt

Die Werbeplakate werden nicht aus den Strassen der Stadt Genf verschwinden. Die Gemeindeinitiative «Genève Zéro pub» wurde am Sonntag mit knapp 52 Prozent der Stimmen abgelehnt.
Out of Home: Kommerzielle Aussenwerbung bleibt in Genf erlaubt
Die Initiative wollte kommerzielle Aussenwerbung verbieten. (Bild: Keystone/Martial Trezzini)

Mehr als fünf Jahre nach ihrer Lancierung wurde die Initiative dem Souverän der Stadt Genf im Rahmen eines Referendums gegen die betreffende Durchführungsverordnung vorgelegt. 22'401 Stimmberechtigte waren gegen die Vorlage, 20'733 hiessen sie gut, wie die Stadt mitteilte. Die Stimmbeteiligung betrug 34,5 Prozent.

Die Verordnung zielte darauf ab, das Anbringen von Werbung zu kommerziellen Zwecken zu verbieten, während kulturelle und erzieherische Plakate unangetastet bleiben sollten.

Michèle Roullet, Co-Präsidentin des Komitees Nein zu Zéro Pub, macht keinen Hehl aus ihrer Freude. Gegenüber der Tribune de Genève kommentierte sie das Ergebnis so: «Die Bevölkerung hat sich nicht von einem verlockenden Titel täuschen lassen, der eine Stadt mit null Werbung versprach, obwohl die Verkehrsbetriebe und die Schaufenster weiterhin Werbung gezeigt hätten. Die 48% Ja-Stimmen zeigen ein gewisses Unbehagen gegenüber einer als aggressiv empfundenen Werbung, aber wenn man die Plakatwerbung reduziert, muss man das auch für die Kultur und die Politik tun.»

Auch der Werbeverband KS/CS Kommunikation Schweiz zeigt sich zufrieden. In einer Mitteilung teilt KS/CS mit, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Genf hätten mit der Ablehnung der Initiative gezeigt, «dass sie das lokale Wirtschaftsgefüge unterstützen und eine Moralisierung der Gesellschaft ablehnen, die für unsere Demokratie gefährlich ist.»

«Ein neues Thema auf die Agenda gesetzt.»

Das Initiativ-Komitee Zéro Pub zeigt sich ob des knappen Ergebnisses enttäuscht. Emmanuel Deonna, Mitglied des Komitees, sagte gegenüber RTS: «Wir freuen uns jedoch, dass wir es geschafft haben, ein neues Thema auf die Agenda zu setzen, das ist eine Art Sieg, und wir werden diesen Kampf gegen die schädlichen Folgen der Konsumgesellschaft fortsetzen.»

Die Genfer Stadtregierung, die die Initiative unterstützte, gibt sich derweil gelassen. Alfonso Gomez, grüner Finanzvorsteher, kommentiert gegenüber RTS das Ergebnis so: «Die drei Millionen Franken Einnahmen aus der Plakatwerbung, die uns nach der Ablehnung der Initiative nun bleiben, werden wir dafür nutzen, um andere Massnahmen zu ergreifen, die den Konsum reduzieren.» 

Die Initiative wurde von der Linken und von Umweltverbänden sowie von Feministinnen und Antikapitalisten unterstützt. Das Begehren landete bis vor dem Bundesgericht, das anerkannte, dass eine Gemeindeordnung die Wirtschaftsfreiheit einschränken kann. Die Gegner, die sich aus Vertretern der Rechten und der Wirtschaft zusammensetzten, hatten kritisiert, dass die Vorlage die Handelsfreiheit einschränke und die Menschen bevormunden wolle. (sda/nil)



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Kommentare

  • Ueli Custer, 13.03.2023 10:34 Uhr
    «Die drei Millionen Franken Einnahmen aus der Plakatwerbung, die uns nach der Ablehnung der Initiative nun bleiben, werden wir dafür nutzen, um andere Massnahmen zu ergreifen, die den Konsum reduzieren.» Aha, daher weht der Wind! Der Konsum soll reduziert werden. Mit andern Worten: Es soll eine Rezession geben an der dann alle leiden werden. So stellt sich also der grüne Finanzvorsteher die Zukunft vor. Ein Finanzvorsteher, der so wenig von der Wirtschaft versteht, sollte abgesetzt werden.
  • Christian Hänggi, 13.03.2023 08:56 Uhr
    Was niemand erwähnt: Die hier zitierte Tribune de Genève, die die Gegnerin der Initiative zu Wort kommen lässt, gehört zur TX Group, genauso wie die Firma Neo Advertising, die die meisten Plakatflächen in Genf bewirtschaftet. Der Tages-Anzeiger, der auch zur TX Group gehört, vermeldet auffallend wenig Nachrichten zum Thema, seit die TX Group selber in der Aussenwerbung tätig ist. Im Gegensatz zur NZZ hat der Tagi auch nicht darüber berichtet, dass die TX Group Clear Channel übernehmen will. Und Persönlich erwähnt nicht, dass KS/CS zu den eigenen Medienpartnern gehört. Bei so viel Selektion und Intransparenz erstaunt es auch nicht, dass man die absurden Behauptungen von KS/CS einfach unkommentiert im Raum stehen lässt. Genauso, wie die inzwischen sowohl von der IG Plakat | Raum | Gesellschaft als auch von PwC als falsch erwiesenen Zahlen von Aussenwerbung Schweiz AWS unkommentiert und ungeprüft abgedruckt worden. Wenn man von Demokratie spricht, dann müsste man sich erst einmal über die vierte Gewalt Gedanken machen. Und dann wird sehr bald klar, dass Werbung (rund 90% der Aussenwerbung ist für grosse nationale und internationale Konsumgüterbrands) nicht zur Demokratie beiträgt, sondern sie unterminiert.
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