30.05.2002

Tyler Brûlé

"Swiss soll nicht trendig sein"

Interview mit dem Agenturchef von Wink Media.
Tyler Brûlé: "Swiss soll nicht trendig sein"

Wann sind Sie das letzte Mal mit Swiss geflogen?

"Vor fünf Minuten auf der Strecke London-City–Zürich."

Wie waren Sie mit dem Flug zufrieden?

"Wenn ich einen ruhigen Flug habe, auf dem ich meine Arbeit erledigen kann, bin ich leidlich zufrieden. Und das war der Fall."

Wie viel von Ihrem Konzept ist Ihnen während der Reise begegnet?

"Die meisten Dinge, die ich vorgeschlagen habe, können nicht über Nacht implementiert werden. Das wird dieses und das nächste Jahr folgen. Einige Flugzeuge und unsere Lounges erscheinen beispielsweise noch nicht in den neuen Farben. Aber auch die Wahl der Weine oder die Art, wie die Kunden angesprochen werden sollen, braucht eine gewisse Einführungszeit."

Es gibt manche Passagiere, die monieren, das Produkt von Swiss sei mehr oder weniger das gleiche wie jenes der Swissair. Was halten Sie dem entgegen?

"Wie gesagt: Jeder, der glaubte, eine Fluggesellschaft könne sich über Nacht ändern, ist sehr naiv. Einige Passagiere reklamieren, andere finden Swiss schlicht fabelhaft. Klar, entscheidende Veränderungen in der Kabine werden die Kunden mit der Einführung der Airbusse A-340 sowie der Embraer-Maschinen in rund einem Jahr sehen. Da wird das Interieur in sanfteren Farben, weg von der blaugrauen, kalten Welt daherkommen. Die Kabinen sollen wie ein Restaurant oder eine Lobby in ruhigen Tönen gestaltet werden. Neuerungen betreffen aber auch verschiedene Aspekte des Services wie beim Besteck, den Gläsern oder den Tellern. Die Necessaires auf den Langstreckenflügen sollen mit Marken luxuriöser Namen ausgestattet und das Duty-Free-Angebot mit T-Shirts mit unserem Logo oder mit unserer neuen CD angereichert werden."

Sie haben dem Begriff "Civilised Aviation” Leben eingehaucht. Läuft Swiss mit dieser Positionierung nicht Gefahr, den Fehler der Swissair zu wiederholen, zwar qualitativ gut aber als zu teuer zu gelten?

"Zu den Tarifen von Swiss kann ich keine Stellung nehmen. Aber in der Zeit von Billig-Airlines wie EasyJet oder Ryanair muss sich Swiss so oder so als Premium Brand positionieren."

Ein zwei Meter langes Bett ist geradezu der Inbegriff von zivilisiertem Fliegen. Nun hörte man, die Swiss mache sich Gedanken, die First Class abzuschaffen. Was halten Sie davon?

"Die First Class ist für Swiss sehr wichtig. Eine Fluggesellschaft, die keine Erste Klasse im Angebot führt, mutiert automatisch zu einer Airline auf einem tieferen Niveau. Aber wie Sie wissen, ist das noch lange nicht entschieden und lediglich eine Überlegung."

In Ihrem Konzept zur Marke sprechen Sie davon, dass Swiss schweizerischer sein soll. Wie können Sie als Kanadier abwägen, was dazu gehört?

"Nun, ich verbringe viel Zeit in diesem Land, und wir als Agentur sind vielleicht qualifizierter, das beurteilen zu können, als solche, die mitten drin arbeiten und vor lauter Bäume den Wald nicht mehr sehen."

Wo wollen Sie die Swiss in fünf Jahren sehen?

"Swiss soll bei den Passagieren als solide, innovative, aber nicht trendige Airline gelten und…"

Höre ich richtig, Sie sagen "nicht trendig"?

"Ja, der Trend dauert vielleicht einen Monat. Werte wie solid und innovativ sind aber viel wertvoller. Die Kunden sollen mit Respekt behandelt werden. Ich träume davon, dass in zwei Jahren eine Gruppe von American-Airlines-Flugbegleitern jene von Swiss sieht und sie um die beste Business, Economy und First Class sowie um die Uniform beneidet."

Wink Media ist eine 100prozentige Tochtergesellschaft von AOL-Time Warner. Haben Sie mit Ihrer Agentur bereits Erfahrungen mit anderen touristischen Unternehmen gesammelt, oder winkt Ihnen demnächst ein solches Mandat?

"Im klassischen touristischen Sektor hatte ich noch keine Projekte, zählen doch zu unseren Kunden Adidas, das Kaufhaus Selfridges, die europäische Ausgabe des Nachrichtenmgazins Time oder der Flugzeughersteller Boeing. Dabei konzentrieren sich momentan rund 15 bis 20 Leute unseres 34-köpfigen Teams auf Swiss. Ein interessantes Produkt könnte für uns aber in Zukunft das Hotel Dolder sein, denn Zürich als Übernachtungsort bietet enorme Gelegenheiten." (Brûlé hat sich kürzlich entschieden, im Doldergebiet einen Zweitwohnsitz zu beziehen, Anmerkung der Redaktion.)

Haben Sie mit Swiss einen befristeten Vertrag?

"Das ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt."

Sie selbst werden an der Nordstrasse 18 in Zürich die Kreativagentur Wink Media AG eröffnen. Welcher Zeitplan ist vorgesehen?

"Ja, frühestens Mitte Juni werden wir mit drei Personen starten. Zusätzlich werden zwei Leute zwischen London und Zürich pendeln. Detailliert werden wir die Presse in rund zwei Wochen informieren.”


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