05.09.2001

"Swissair schöpft Preis-Premium ab"

Die Swissair ist ins Trudeln geraten. Was bedeutet das für den Markenwert der Airline? Professor Torsten Tomczak (Bild), Direktor am Institut für Marketing und Handel an der Universität St. Gallen, nimmt Stellung. Das Interview:
"Swissair schöpft Preis-Premium ab"

Mario Corti will die schweizerische Luftverkehrsgesellschaft zu einer "Quality Airline" umformen. Wie stufen Sie den Markennamen Swissair im internationalen Vergleich ein?

Nach meiner Einschätzung ist die Swissair im Airline-Business ohne Zweifel eine Top-Brand.

Was hat das der Swissair in der Vergangenheit eingebracht?

Ich bin fest überzeugt, dass die Swissair im Vergleich zu den engsten Wettbewerbern in der Lage ist, ein Preis-Premium abzuschöpfen.

Kann die Swissair das auch in Zukunft einkassieren?

Grundsätzlich sollte das möglich sein. Wenn man allerdings die momentane Situation der Airline bewertet, und zwar vor allem aus einem kommunikativen Blickwinkel heraus, dann werden derzeit massive Signale ausgesendet, die das doch recht fragile Gebilde einer sehr wertvollen Marke gefährden können. Das gilt insbesondere für die Positionierung als Premium-Quality-Marke.

Was bewirkt ein Personalabbau in den Köpfen der Swissair-Kunden?

Wenn man sich als Premium-Marke etablieren will, ist das kontraproduktiv. Im Airline-Business ist die Service-Qualität eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Imagekomponente. Mit dem Abbau von Personal wird den potenziellen Kunden gesagt, ihr müsst damit rechnen, dass die bisherige Qualität unter Umständen nicht mehr geliefert werden kann.

Heisst das, der Markenwert sinkt im jetzigen Umfeld der Verunsicherung?

Die Gefahr besteht zumindest.

Hat es in Europa überhaupt Platz für eine Airline, die sich stark auf das hochpreisige Segment ausrichtet?

Davon bin ich fest überzeugt. Dies ist in allen Märkten der Fall. Die Swissair hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie in der Lage ist, diesen Markt erfolgreich zu besetzen.

Die Swissair hat den Qualiflyer-Verbund mit kleinen Fluggesellschaften innerhalb und ausserhalb Europas aufgebaut. Trägt das zur Imagestärkung bei?

Nein, sofern wir die Marke Swissair isoliert betrachten. Allerdings steht jede Airline vor dieser Herausforderung. Das gilt beispielsweise auch für die Lufthansa als Premium-Marke in der Star-Alliance. Diese Marke verliert an Wert, wenn sie weiterhin mit dem dominanten Star-Alliance-Begriff auftritt.

Was bringen Allianzen?

Sie sind betriebswirtschaftlich, das heisst aus produktionstechnischen Gründen, absolut notwendig. Wäre die Airline-Industrie nicht derart reguliert, würde es mit Sicherheit eine grosse Fusionswelle geben. In dieser Branche spielen die "Economies of Scale" die zentrale Rolle.

Der Markenname Swissair würde also unter dem Dach einer Oneworld, mit den beiden Schwergewichten American Airlines und British Airways, wesentlich an Wert verlieren.

Diese Entscheidung lässt sich in der jetzigen Situation nicht umgehen. Zudem stellt sich die Frage, wie viel Wert die Marke Swissair verlieren kann. Die Oneworld-Kooperation ist im Rahmen der vorhandenen Varianten nicht die schlechteste, die jetzt noch zur Verfügung steht.



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