25.06.2003

"Wen ich beraten soll, der muss zuhören!"

Klaus J. Stöhlker übergibt per 1. Juli die operative Geschäftsleitung seiner PR-Agentur an den bisherigen COO und Zürcher Geschäftsführer Stephan Oehen (35), an seinen einen Sohn Fidel (33) und an die Vizedirektorin Eva Lehner. Gegenüber "persoenlich.com" gibt Stöhlker Auskunft über seine Beweggründe und Pläne. Und er erklärt, warum er damals vom Mandat Kopp zurücktrat und welches die Rolle von Ulrich Bremi war. Das Interview:

Noch vor einem Jahr dementierten Sie Pensionierungspläne...

Die dementiere ich weiterhin! Ich gebe lediglich der jungen Mannschaft die Chance, sich weiterzuentwickeln.

Ihr Name fand in letzter Zeit negative Erwähnung im Zusammenhang mit Ihrem Engagement für Distefora. Inwieweit hat das Ihren Rückzugsentscheid beeinflusst?

Diese Frage habe ich erwartet! Der Entscheid, mich aus der Geschäftsleitung zurückzuziehen, dabei aber Delegierter des Verwaltungsrats zu bleiben, hat mit der Distefora gar nichts zu tun. Das ist rein zufällige Koinzidenz. Die Vorbereitungen für die Übergabe liefen schon seit einem Jahr.

Was wird sich bei den Besitzverhältnissen ändern?

Die Mehrheit des Aktienkapitals befindet sich weiterhin in den Händen von mir und meiner Frau. Zudem ist Stefan Oehen beteiligt und neu auch meine beiden Söhne.

Ihrem älteren Sohn Fidel beteiligen Sie an der Geschäftsleitung, den jüngeren Raoul hingegen nicht. Warum die ungleiche Behandlungen?

Raoul ist voll damit beschäftigt, in unserer Berliner Agentur die erfolgreiche Arbeit von Fidel fortzuführen. Das wird die nächsten drei Jahre bestimmt so bleiben, danach wird er mit Fidel und den anderen Beteiligten sehen, ob er sich einbringen will.

Sie haben die Stöhlker AG aufgebaut. Dass Sie sich nun ganz aus dem Operativen raushalten, ist kaum vorstellbar. Wie vermeiden Sie Generationenkonflikte?

Ich habe aus den Fehlern mancher unserer Klienten gelernt und kenne die Vätergeneration, die oft zu spät übergibt. Ich habe den Jungen gesagt, sie seien jetzt reif -- das ist eine Motivation.

Dennoch: Sie haben nicht unbedingt den Ruf, zurückhaltend zu sein.

Dass Stefan Oehen und meine Söhne nach all den Jahren noch nicht weggelaufen sind, beweist, dass die Zusammenarbeit funktioniert. Ich bin im Übrigen zwar direkt, aber auch höflich. Nur bei Dummköpfen werde ich unhöflich. -- Was meine künftigen Aktivitäten angeht: Bestimmte Kunden legen Wert darauf, dass ich dabei bin. Da werde ich der Agentur meine Dienste weiterhin zur Verfügung stellen. Worum ich mich aber kümmere, das wird die Geschäftsleitung entscheiden. Und deren Beschlüsse werde ich respektieren.

Die Firma trägt Ihren Namen, Sie sind sozusagen der Brand. Wie kann das Unternehmen überhaupt ohne Sie existieren?

Genau so, wie beispielsweise McKinsey ohne den Herrn McKinsey. Nämlich mit Managern, die Namen tragen wie Oehen oder eben auch Stöhlker. Wichtig ist, dass wir die Leute weiterhin intern schulen, wie wir das bis anhin getan haben.

Welche grossen Mandate hält Ihre Agentur im Moment?

Mit Namen möchte ich zurückhaltend sein. Wir sind jedenfalls stark im Telekom-Bereich, traditionell waren wir auch bei Privatbanken immer sehr präsent. Dann haben wir Kunden aus dem Logistikbereich, werden zudem von ehrgeizigen Familienfirmen geschätzt. Im Durchschnitt liegt die Zahl der Kunden zwischen fünfzig und sechzig, darunter grosse amerikanische Firmen. Bedeutende Lobbying-Mandate haben wir ausserdem in Berlin, darüber hinaus bestehen gute Kontakte in die Türkei. Insgesamt sind wir gut diversifiert.

Wann gedenken Sie sich ganz zurückzuziehen?

Ungefähr im Alter von 92 Jahren (lacht). Ich habe sicher noch drei Bücher im Kopf, darunter ein grosses über Kommunikation; die Branche ist mit über 6500 Tausend Studenten ja stark am Boomen. An zwei Büchern arbeite ich bereits, die werden sehr überraschend -- ich war schon immer gesellschaftlich interessiert, im weitesten Sinn wird es um das Verhältnis zwischen den USA und Europa gehen. Und bereits im Herbst erscheint mein neues Buch "Adieu la Suisse, good morning Switzerland".

Wie sieht Ihre Zukunft sonst aus?

Ich bleibe so lebendig wie immer, werde mich weiter mit der Entwicklung von Kommunikation in Theorie und Praxis beschäftigen. Ausserdem habe ich gerade heute an einem Vortrag im Aargau gesagt, dass wir die düsterste Woche der modernen Schweiz erleben: All die Entlassungen bei der Swiss und anderswo, zudem die Gefährdung der ersten und zweiten Säule. Und bei der Dritten zahlen die Banken keine Zinsen mehr. Mir wird die Arbeit nicht ausgehen.

Zum Schluss eine Frage zum Ehepaar Kopp, das derzeit wieder in den Schlagzeilen ist. Sie berieten die Bundesrätin nach ihrem Rücktritt, dennoch kam es zum Fall. Was ist damals falsch gelaufen?

Ich beriet Frau Kopp nach ihrem Fall. Es war Ulrich Bremi, der mich bat, sie nach dem Sturz zu beraten. Das habe ich neun Monate lang versucht und ihr gesagt, sie solle aus der FDP austreten -- was sie aber erst vor kurzem gemacht hat. Frau Kopp wollte nicht auf mich hören, stattdessen wickelte sie sich in eine Schweizer Fahne. Wen ich beraten soll, der muss zuhören! So legte ich das Mandat, das in Wirklichkeit ein Freundschaftsdienst war, nieder. Solch einen Schritt habe ich nur zwei Mal gemacht – das zweite Mal, als mich ein berühmter Schweizer Hotelier im Dienstmädchenzimmer unterbringen wollte. Ich bin aber froh, dass Frau Kopp heute respektiert wird -- im Unterschied zu ihrem Mann. In Bern höre ich oft, dass sie eine gute Bundesrätin war. Das freut mich für sie.


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