12.03.2020

Moralkonsum

Wie Unternehmen eine aktivistische Marke aufbauen

Eine Tagung ohne Händeschütteln, dafür mit Livestream: Am GDI Trendtag ging es um Moralkonsum. Die britische Brand-Expertin und Zukunftsforscherin Helen Job erklärte in Rüschlikon, warum Markenaktivismus so gefragt ist und wie Unternehmen vorgehen können.
Moralkonsum: Wie Unternehmen eine aktivistische Marke aufbauen
«Marken haben Macht, Macht bringt grosse Verantwortung mit sich», sagt Helen Job. Sie arbeitet bei der Londoner Agentur CTO. (Bild: GDI/Sandra Blaser)
von Michèle Widmer

Während zahlreiche Events und Veranstaltung wegen des Coronavirus abgesagt oder verschoben werden, hat das Gottlieb Duttweiler Institut seinen Trendtag in Rüschlikon am Mittwoch in Absprache mit dem Kanton Zürich durchgeführt. persoenlich.com hat die Tagung per Livestream mitverfolgt.

«Wir sind fast schon wie Flüchtlinge im eigenen Land», sagte David Bosshard, CEO des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI), zum Auftakt des Events im Hinblick auf den Coronavirus. Enkelkinder könnten ihre Grosseltern nicht mehr besuchen. Niemand wisse genau, wo es hingehe. «Wir mussten etwas improvisieren, sind aber froh, den Tag so durchführen zu können.» Danach führte Bosshard ins eigentliche Tagesthema ein: Moralkonsum. Kunden fällen ihre Kaufentscheide immer stärker aus Überzeugung. Marken müssen eindeutig Stellung beziehen, sonst drohen Proteste oder Boykott.

Am Nachmittag stand zu diesem Thema die britische Markenexpertin und Zukunftsforscherin Helen Job auf der Bühne. Dort erzählte sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, warum gute Absichten der Brands allein nicht mehr ausreichen.

«Die Welt steckt in Schwierigkeiten», sagte Job und unterstrich diese Aussage mit einem Trailer. Zu sehen: Szenen zu den Themen Klimawandel, spaltende Politik, technologische Disruption und Ungleichheit. In Zeiten wie diesen hätten sich die Erwartungen an eine Marke verändert. Menschen würden Marken vertrauen, Vertrauen bedeute Macht und Macht bringe grosse Verantwortung mit sich.


«Unternehmen müssen sich fragen: Was ist meine Rolle in der Gesellschaft?» Markenaktivismus sei, wenn ein Unternehmen versuche, Einfluss auf ein wirtschaftliches, umweltbezogenes oder politisches Problem zu nehmen. Aktivismus sei darauf ausgerichtet, die Denkweise zu ändern und soziale oder politische Probleme zu beeinflussen. Und die Konsumenten würden heute merken, wenn dieser «Aktivismus» ein kalkulierter Marketingplan sei. Als vorbildliche Beispiele nannte Job Patagonia oder Ben and Jerry's.

Warum das für Unternehmen nötig ist, zeigte sie anhand einer Accenture-Studie zum Thema Brand Purpose auf: 42 Prozent der Verbraucher distanzieren sich demnach von einer Marke, wenn sie von ihren Handlungen enttäuscht sind. Jeder Fünfte kommt nicht wieder zurück.

Wie baut man eine aktivistische Marke auf? Zum Schluss gab Job den Anwesenden vier konkrete Tipps mit auf den Weg:

  • Marken müssen sich fragen, warum sie existieren und wo sie zu Veränderung beitragen könnten, sagte Job. Es sei unglaubwürdig, sich für Frauenrechte einzusetzen, wenn Kaderfrauen im eigenen Unternehmen weniger verdienen als Männer in Leitungsfunktionen. 

  • Unternehmen sollten Mitarbeiterinnen, Konsumenten und andere Akteure in der Branche in diesem spezifischen Bereich weiterbilden und weiterbringen können. Also: Teilt euer Wissen und inspiriert die Konkurrenz, so ihre Botschaft.

  • Brands müssen sich laut Job eine Expertise auf diesem Gebiet aufbauen. Mit Spezialisten zusammenzuarbeiten gebe dem Markenaktivismus mehr Gültigkeit.
  • Inklusivität ist unumgänglich – so fühle sich jeder oder jede vom Unternehmen akzeptiert und auch angesprochen.




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