20.07.2004

Internet-Tauschbörsen

Zieht sich die Schlinge zu?

Rechtslage bei Downloads für Privatgebrauch noch unklar.

Die Schweiz ist für viele Benutzer ein Fundus für Musik und Filme geworden. Dass dies der Unterhaltungsindustrie nicht gefällt, wissen sie. Welche rechtliche Handhabe die Branche hat, ist aber nicht nur für die Tauschbörsen-Anwender oft nicht klar. Welche Auswirkungen der Tausch von Raubkopien via Internet auf die Wirtschaft hat, ist umstritten. Während die Musikindustrie ihre mitunter drastischen Umsatzeinbussen auf die Online-Piraterie zurückführt und dies mit Untersuchungen zu belegen versucht, gehen andere Studien davon aus, dass der Download von Dateien aus Internet-Tauschbörsen keinerlei Auswirkungen auf den CD-Verkauf hat. So oder so: Tauschbörsen weisen einen enormen Zulauf auf.

So sollen etwa in Deutschland im letzten Jahr über 600 Millionen Songs aus illegalen Quellen im Internet bezogen worden sein; der Anteil der über Tauschbörsen legal verbreiteten Stücke ist gering. Unumstritten ist, dass gegen geltendes Urheberrecht verstösst, wer über das Internet ohne Erlaubnis urheberrechtlich geschützte Werke, dazu gehören Musik, Filme und Software, zum Herunterladen bereithält. Es spielt keine Rolle, ob dies kostenlos geschieht oder der Anbieter die CD oder DVD zuvor gekauft hat.

Wer eine solche Urheberrechtsverletzungen in Kauf nimmt oder absichtlich begeht, muss auch ohne gewerbsmässiges Vorgehen mit einer Busse oder Freiheitstrafe, Schadenersatzforderungen und meist beträchtlichen Verfahrenskosten rechnen. Erste halbwegs einschlägige Verurteilungen gibt es in der Schweiz schon: Das Bezirksgericht Bremgarten büsste vergangenes Jahr zwei "Hobby"-Anbieter von Musikdateien im Internet mit je 1000 Franken. Sie mussten zudem die Rechtskosten und eine vereinbarte Entschädigung von 10'000 bzw. 14'000 Franken bezahlen.

Umstritten ist die Rechtslage dagegen dort, wo ein Benutzer eine Raubkopie aus dem Internet für seinen Privatgebrauch herunterlädt und nicht weitergibt. Während Vertreter der Unterhaltungsindustrie behaupten, auch dies sei illegal, gehen viele Experten noch davon aus, dass dies in der Schweiz erlaubt sei. Da die Frage bisher nie gerichtlich geklärt wurde, bewegen sich private Downloads von Raubkopien aus Tauschbörsen anders als in vielen anderen Ländern noch in einer juristischen Grauzone. Die Benutzer von Online-Tauschbörsen sind allerdings häufig Bezüger und Anbieter zugleich, auch wenn sie sich dem nicht immer bewusst sind.

Die Software, die Benutzer für die Nutzung der Börse installieren müssen, ist werkseitig oft so vorprogrammiert, dass sie automatisch alles, was ein Benutzer bezogen hat, sogleich wieder anderen Tauschbörsenbenutzern anbietet, um die Tauschbörse aufrecht zu erhalten. Die Musik- und Filmindustrie versucht dem entgegenzuwirken: Sie versorgt das Internet mit als Raubkopien getarntem Datenmüll versorgt und überwacht die Nutzung der Tauschbörsen auch hierzulande aktiv. Gelangen die meist privaten Fahnder an die "IP- Adresse" des Benutzers, können sie den Provider ermitteln und ihn auffordern, seinem Kunden eine entsprechende Abmahnung zukommen zu lassen.

Fruchtet dies nichts, ist eine Strafanzeige der nächste Schritt. Spätestens dann muss der Benutzer mit der Aufhebung seiner Anonymität rechnen: Nach neuster Rechtssprechung sind Internet- Provider in der Schweiz verpflichtet, die Identität ihrer Benutzer der zuständigen Behörde offen zu legen, wenn wegen einer Internet- Straftat ermittelt wird. Das gilt auch für Urheberrechtsverletzungen und selbst dann, wenn dafür kein fester Internet-Anschluss verwendet wurde. Im Ausland sorgten verschiedene Musterprozesse bisher noch nicht für die erhoffte Abschreckung.

Wieviele Straf- und Zivilverfahren in der Schweiz gegen Benutzer von Tauschbörsen bereits eingeleitet oder durchgeführt wurden, ist unbekannt. Die Zahl ist nach Einschätzung von Experten noch gering. In den meisten Fällen kam es stattdessen zu aussergerichtlichen Vergleichen, welche die Zahlung eines Geldbetrags vorsehen.


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