30.12.2023

Das war 2023

24 Medientipps vom persönlich-Team

Warum postet Verleger Matthias Ackeret am liebsten auf Instagram? Welche Serie hat Onlinechefin Michèle Widmer 2023 begeistert? Und welche Filme sind für Verlagsleiter Roman Frank ein Highlight? Das achtköpfige persönlich-Team gibt persönliche Empfehlungen ab.

Matthias Ackeret, Verleger und Chefredaktor

Buch: Als Buch möchte ich ausdrücklich Peter Röthlisbergers «Zürich in 100 Geschichten» (NZZ Folio) empfehlen, das ein breites und auch überraschendes Spektrum über unsere Stadt liefert. Auch die Autorenschaft kann sich sehen lassen: von Margrit Sprecher bis zu Roger Schawinski, Michèle Binswanger, Alberto Venzago, Manfred Klemann, Benedikt Weibel, Peter Lesch, Jacqueline Badran oder Markus Ruf haben zu diesem Standardwerk einen Beitrag geleistet. Filippo Leutenegger war so begeistert und hat das Buch sogar seinen Stadtratskolleginnen und -kollegen geschenkt. Wer alles über das moderne Zürich wissen will, muss dieses Buch lesen. Wer sich noch weiter mit der Geschichte der Limmatstadt beschäftigen will, soll den historischen Roman «Was schön war und gut» (Münster Verlag) von Jill Blocker in die Hand nehmen. Er erzählt auf lebendige Weise die Geschichte von Dada-Mitgründerin Emmy Ball-Hennings und die Entstehung der Dada-Bewegung.

Serie: Ich bin kein klassischer Seriengucker, habe aber auf Netflix die neusten Staffeln von «The Crown» über das englische Königshaus angeschaut. Besser kann man es nicht machen. Da ich mich noch gut an den Sommer 1997 mit der endlosen Lady-Di-Soap mit ihrem tragischen Ende in einem Pariser Tunnel erinnern kann, hatte ich vor dem Bildschirm ein brutales Déjà-vue. Irgendwann hatte ich mir auch noch alte Staffeln der «Schwarzwaldklinik» reingezogen und dabei festgestellt, dass sie trotz ihres Alters (35 Jahre) irgendwie zeitlos sind.

Social: Mit X oder Twitter konnte ich mich nie richtig anfreunden, mein «Lieblingsmedium» ist Instagram. Ein bisschen trivialer, aber die Erfüllung von Andy Warhols Forderung, wonach jeder fünf Minuten Anspruch auf Weltberühmtheit hat.


 

Michèle Widmer, Redaktionsleiterin Online

Buch: Ich bin dieses Jahr 40 Jahre alt geworden – für mich ein Grund zurück, aber auch nach vorn zu schauen. Viel Anregung dabei hat mir das Buch «Genauso, nur anders» (Kein & Aber) von Andrea Arežina und Salome Müller gegeben. Die beiden haben mit jungen Frauen darüber gesprochen, was sie im Leben so beschäftigt. Das Buch war für mich ein Flashback an Sorgen und Gefühlen, die damals so riesig waren und heute so banal erscheinen. Als Mutter habe ich dieses Buch über die Gefühlswelt von jungen Frauen aus einer dritten Perspektive gelesen. Vielleicht bin ich jetzt etwas besser gewappnet.

Serie: Lange habe ich die Serie ignoriert. Doch als im Sommer der Wirbel um die vierte und letzte Staffel losging, tauchte ich ein in die Welt von «Succession». Abend für Abend erlebte ich Unterhaltung pur. Und als Medienmogul Rupert Murdoch, der den Machern als Vorbild diente, im September seinen Rücktritt als News-Corp.-Chef ankündigte, sah ich die «Succession»-Figur Logan Roy vor mir. Nun bin ich gespannt auf das Schweizer Pendant. Im Januar 2024 zeigt SRF die RTR-Serie «L’ultim Rumantsch» – ein fiktionales Drama um die Familie Durisch, Eigentümerin des grössten Verlags in Graubünden.

Social: Wer nichts verpassen will, muss als Journalistin auf Twitter dabei sein. Hier tummelte sich die Branche – es gab spannende Diskussionen und als Medienjournalistin deshalb so einige Geschichten abzuholen. Das neue X von Elon Musk ist für mich weitaus weniger relevant. Nur noch selten verirre ich mich auf die App. Story Inputs oder interessante Meinungen finde ich seit diesem Jahr häufiger auf LinkedIn.





Christian Beck, Redaktor Online

Buch: Auf meinem Nachttisch liegt – zwar noch ungelesen – der Kriminalroman «Müller und der Himmel über Basel» (Emons) von Autor und Radiojournalist Raphael Zehnder. Es war ein Geschenk als Dank dafür, dass ich für ihn Visitenkarten von Autohändlern sammelte. Ich freue mich, an den nun ruhigeren Feiertagen in die Geschichte einzutauchen.

Podcast: Podcasts sind in meinem Medienmix nur ein kleines Kuchenstück. Wenn, dann lerne ich gerne etwas über unsere Dialekte. Dafür eignet sich «Dini Mundart» von Nadia Zollinger und SRF-Dialektforscher Markus Gasser perfekt.

Social: Ich habe praktisch auf Twitter gewohnt. Seit diese Wohnung zu X umgebaut wurde, hat sich die Nachbarschaft negativ verändert. Kürzlich war Zügeltermin: Ich habe auf Bluesky eine neue Bleibe gefunden. Dort sind die Nachbarn nett – noch etwas zu nett. Deshalb habe ich mir Mitte Dezember auch eine Zweitwohnung auf Threads eingerichtet. Man weiss ja nie.





Nick Lüthi, Redaktor Online


Buch: Einfach verschwinden. Wer kennt das Bedürfnis nicht. Weg vom Radar, raus aus allen Kommunikationsnetzwerken. In «Going Zero» des neuseeländischen Schriftstellers und Drehbuchautors Anthony McCarten geht es genau darum. Aber als ernst gemeintes Spiel. Zehn Leute versuchen, sich einen Monat lang der digitalen Dauerüberwachung zu entziehen. Wer es schafft, gewinnt drei Millionen Dollar. Die Verfolger sind der US-Geheimdienst CIA und ein Social-Media-Mogul, die für diesen Wettbewerb zusammenspannen. Die Lektüre lässt einen mehr als einmal leer schlucken, erst recht, wenn man feststellt, dass die vermeintlich fiktiven Überwachungsszenarien aus diesem Roman längst Realität sind.

Podcast: Das Beste kommt zum Schluss – nicht nur am Ende des Jahres, sondern auch zum möglichen Abschluss einer Ära. Der jüngst veröffentlichte Podcast «8424 – Züri West» erzählt erstmals umfassend und mit den Stimmen zahlreicher Zeitzeugen die Geschichte dieser grossen Band aus Bern seit ihrer Gründung 1984 bis in die Gegenwart und mit Blick auf die ungewisse Zukunft wegen der MS-Erkrankung von Sänger Kuno Lauener. Historische Tondokumente führen zurück in eine ferne Zeit, die doch so nah liegt, zumal dann, wenn man sie selbst erlebt hat. Die sechs Episoden sind denn auch mehr als «nur» eine Bandgeschichte, sondern auch Porträt einer Stadt, Langzeitdiagnose einer Branche und Psychogramm eines komplexen Organismus, zu dem sich eine Band in so langer Zeit entwickelt.

Social: Threads ist die neue textfokussierte Social-Media-App aus dem Hause Zuckerberg/Instagram und könnte werden, was Twitter einmal war. Aber vielleicht ist das auch nur eine Verklärung der Vergangenheit. Doch bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Und das Jahresende bietet Gelegenheit, sich zu überlegen, mit welchen Vorsätzen man ins nächste Jahr starten will. Warum nicht wieder vermehrt Bedenkenswertes mit anderen teilen und diskutieren? Threads bietet dazu eine Plattform, die zumindest jetzt noch dazu animiert.





Sandra Prochet, Redaktorin Online

Podcast: Ich bin süchtig nach Podcasts. Am liebsten habe ich die amerikanischen, weil sie punkto Storytelling einfach eine Klasse für sich sind. Die Schweizer können es aber auch, hat mir der Podcast «Boulevard du Village noir» von Shyaka Kagame vor Augen geführt. Der Genfer Filmemacher mit rwandischen Wurzeln nützt seine persönliche Erfahrung mit Rassismus in der Schweiz, um einen historischen Blick auf das Thema zu werfen. Sehr lehrreich. Und bingeable.

Serie: Diesen Sommer lief die dritte Staffel von «Only Murders in the Building» an. Anlass für mich, diese Serie, die mich schon lange neugierig machte, endlich anzuschauen. Ich wurde nicht enttäuscht. Es ist eine sehr lustige, pikante und manchmal auch poetische Parodie von True-Crime-Podcasts à la «Serial».

Artikel: Solch unterhaltsame Artikel über künstliche Intelligenz liest man selten. Im Magazin schrieb letzten Sommer der Schriftsteller Linus Reichlin darüber, wie er, statt eines Hundes einen Roboter kaufte. So lustig ist der Text, so tiefsinnig und relevant sind die Fragen, die er stellt. Zum Beispiel: Kann man wirklich sagen, dass Roboter keine Gefühle haben? («Ich wollte einen Hund, nun habe ich einen Roboter und bin sehr zufrieden»)

 



 

Roman Frank, Verlagsleiter

Buch: «Hard Land» des in Zürich lebenden Autors Benedict Wells beschreibt ein Jahr im Leben eines schüchternen Teenagers in einer fiktiven Kleinstadt in Missouri im Jahr 1985. Über den Sommer hinweg wird seine Welt auf den Kopf gestellt. Es handelt sich dabei um eine grandiose Hommage an Coming-of-Age-Filme der 80er-Jahre wie «The Breakfast Club» oder «Stand by Me», die voller Anspielungen und Referenzen steckt – von Billy Idol bis «Zurück in die Zukunft», von Michael Jackson bis «American Graffiti». Ein toller Roman für kalte Winterabende.

Serie: «The Offer» enthüllt die bislang unveröffentlichte Geschichte des Oscar-prämierten Filmproduzenten Al Ruddy. Während der Produktion des ikonischen Kultfilms «Der Pate» von 1972 sammelte Ruddy nicht nur wertvolle Erfahrungen in der Filmbranche, sondern geriet auch in Kontakt mit Joe Colombo. Der Anführer einer amerikanischen Mafiafamilie war entschlossen, die Produktion des Films mit allen Mitteln zu verhindern. Die Serie gewährt einen faszinierenden Blick hinter die Kulissen von Hollywood in den 70er-Jahren und besticht durch eine erstklassige Besetzung. Definitiv ein Angebot, das man nicht ablehnen kann.

Film: Nach den Herausforderungen von Corona und dem Autorenstreik benötigte Hollywood eine gewisse Zeit, um wieder in Schwung zu kommen. Doch dieses Jahr schenkt uns die Traumfabrik mit «Oppenheimer» und «Killers of the Flower Moon» gleich zwei epische Filme mit historischem Hintergrund. Sie erfordern mit einer etwas längeren Laufzeit (180 beziehungsweise 206 Minuten) zwar ein gewisses Sitzvermögen, werden aber die Oscars im nächsten Jahr fast sicher unter sich ausmachen, falls «Barbie» nicht dazwischenfunkt. Beide sind definitiv ein Muss für Cineasten.

 


 

Rahel Martinez, Administration und Buchhaltung

TV-Reportage: Die SRF-«Reporter»-Folge «Wildhüter in der Stadt – Jagd und Tierschutz im Wohnquartier» über den Wildhüter in der Stadt Zürich hat mich sehr fasziniert. In der dicht bebauten Stadt Zürich mit dem vielen Verkehr und den Menschen, die täglich ihren Bedürfnissen nachgehen, ist es erstaunlich, wie viele Tiere trotzdem ihren Lebensraum zwischen «uns» finden. Die Arbeit des Wildhüters mit der grossen Spannweite zwischen Beschützen und auch Regulieren der Tierarten mit einer solchen Entspanntheit ist bewundernswert.

Serie: Am Montagabend freue ich mich jeweils auf die Serie «DOC – Es liegt in deinen Händen». In dieser italienischen Arztserie kämpft Doc Fanti darum, dass die Patienten als ganzheitliche Person und nicht als Nummern angesehen werden.

Podcast: Ab und zu höre ich eine Episode von «Dummy & Co». Darin erhalte ich einerseits Tipps zum Dummytraining mit meinem Hund und andererseits sind die Tipps wie Ruhe, Fokus, Strategie und das Positive hervorheben auch im Alltag gut einsetzbar.

 


 

Corinne Lüthi, Grafikerin

Podcast: Ich bin ein grosser Podcast-Fan und man sieht mich im Alltag kaum ohne Kopfhörer. Deshalb fällt es mir schwer, zu entscheiden, welcher mich am meisten bewegt hat. Schwierige Entscheidung. Aber unter meinen Top 3: Kafi Freitag. Kafi macht meinen Alltag besser, inspiriert mich, bringt mich zum Schmunzeln und zum Nachdenken. Schön, dass es dich gibt, liebe Kafi. Und natürlich ganz oben, der Podcast der Zeit, «Alles gesagt». Dieser geht locker über fünf Stunden, beinhaltet spannende Fragen, gute Auseinandersetzung mit den Themen und durchaus witzige Momente. Und last, but not least: Radio Waldrand – der Podcast für Kinder. Dieser beschäftigt sich mit den wirklich wichtigen Fragen der Kinder. Cool!

Serie: Meine Favoriten in diesem Jahr waren «Yellowstone» und «Borgen». Yellowstone mit der unglaublich schönen, weiten Landschaft, den Intrigen und dem Cowboyleben. Und Borgen, eine Frau an der Spitze, die sich extrem gut schlägt und zu einem meiner Vorbilder geworden ist.

Buch:  Das Buch lag schon lange auf meinem Nachttisch; «Stay away from Gretchen». Und ich bereue, dass ich es so lange habe liegen lassen. Ein ganz wunderbarer Roman, der eng mit der Geschichte und den gesellschaftlichen Normen der Vergangenheit verbunden ist. Bewegend, wahrhaftig, irgendwie, trotz des schweren Themas auch sehr amüsant und vor allem grossartig erzählt.



In der Serie «Das war 2023» greifen wir die grossen Themen des Jahres in kompakter Form nochmals auf. Hier finden Sie die Übersicht


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