21.11.2001

TV3

Am 23. Dezember ist Schluss

Der Medienkonzern Tamedia stellt seinen Privatfernsehsender TV3 nach nur zwei Jahren Sendedauer ein. Die Konzernleitung begründet die Schliessung mit wirtschaftlichen Motiven. Tamedia wird in diesem Jahr einen Verlust ausweisen. Das Verbot der Unterbrecherwerbung habe dem TV-Vollprogramm schliesslich das Genick gebrochen, waren sich Tamedia-Verwaltungsratspräsident Hans Heinrich Coninx und Konzernchef Michel Favre an einer Pressekonferenz in Zürich einig. Der Entscheid, die Zahlungen an TV3 mit sofortiger Wirkung einzustellen, sei am Dienstag mit dem Verwaltungsrat und der Konzernleitung beschlossen worden, sagte Coninx. Gleichzeitig sei auch TV3-Geschäftsleiter Jürg Wildberger aus der Tamedia-Konzernleitung ausgeschieden.
TV3: Am 23. Dezember ist Schluss

Der formelle Schliessungsentscheid soll an einer ausserordentlichen Generalversammlung vom kommenden Montag gefällt werden. Sendeschluss ist voraussichtlich am 23. Dezember.Alle drei Bedingungen des Konzerns für den Aufbau des TV-Senders hätten nicht erfüllt werden können, sagte Coninx. Erstens habe sich der 50-Prozent-Partner SBS Broadcasting zurückgezogen. Zweitens habe der Sender auf eine nicht eingetretene Liberalisierung des Schweizer Markts für TV-Werbung gesetzt. Und drittens sei das Ziel, 2004 aus den roten Zahlen zu kommen, wegen der rapide verschlechterten Konjunktur nicht mehr realistisch. Die geplante Gesamtinvestition von 180 Mio. Franken wäre deutlich überschritten worden. Bisher frass das Projekt 144 Millionen Franken, wovon Tamedia 90 Mio. und SBS Broadcasting 54 Mio. Franken bezahlten.

85 Mitarbeiter verlieren ihren Job

SVJ, SSM und comedia bedauern den Entscheid der Tamedia AG, die Zahlungen an TV3 sofort einzustellen und verlangen von der Eigentümerin von TV3 die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen über die Massenentlassung und anständige Sozialpläne für die 85 betroffenen Mitarbeiter.Für Medienunternehmer Roger Schawinski ist die Schliessung des letzten nationalen Privatfernsehsenders tragisch und eines demokratischen Staates nicht würdig.

Der Entscheid der Tamedia sei ein klares Zeichen. Wenn sich ein so grosses Medienhaus einen nationalen Fernsehsender unter diesen gesetzlichen Bedingungen nicht leisten könne, dann könne es niemand, sagte Schawinski am Mittwoch am Rande der Medienkonferenz von Tamedia. Es sei wichtig, dass es in der Schweiz mehr als nur einen nationalen Fernsehsender gebe. Dass dies jetzt nicht mehr der Fall sei, sei bedauerlich. Er hingegen sei von Anfang der Ansicht gewesen, dass das Konzept von TV3 nicht funktionieren könne.

Weiter bedauerte Schawinski, dass die Tamedia auf eine Weiterführung von Tele24 verzichtet hat und auf seine entsprechende Offerte nicht eingestiegen ist. Seine Businesspläne zeigten deutlich, dass Tele24 bessere Chancen habe als TeleZüri, das von Tamedia weiterbetrieben wird.

Favre und Coninx bedauerten den Entscheid und kündigten einen Sozialplan auf Kosten der Tamedia an. In ungewissem Ausmass betreffe die Schliessung auch Zulieferer und unabhängige Produktionsfirmen. Finanzchef Patrick Eberle bezifferte die Schliessungkosten auf insgesamt 30 Mio. Franken. Die Folge sei, dass der Tamedia-Konzern dieses Jahr rote Zahlen schreiben werde. Tamedia hatte bereits zuvor eine Gewinnwarnung erlassen. Coninx und Favre bekräftigten, an der Multimedia-Stategie des Konzerns festzuhalten und Radio 24 wie auch TeleZüri auszubauen. Neuer Geschäftsleiter für die elektronischen Medien ist Christian Stärkle, der ehemalige Geschäftsleiter der Belcom-Gruppe, welche die Tamedia vergangenen August für 92 Mio. Franken von Roger Schawinski gekauft hatte

TV3-Personal schockiert

Das TV3-Personal war überrascht und schockiert. Nachrichten-Chef Beni Leoni bezeichnete die Schliessung nach nur zwei Jahren Sendezeit als kurzsichtigen Entscheid. Auch die Mediengewerkschaften reagierten mit Unverständnis. Nach dem Ende von Tele24 erleide die Schweizer Medienvielfalt einen weiteren Verlust. Auch das Schweizer Fernsehen DRS (SF DRS) bedauerte die Schliessung.



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