02.12.2021

Medienförderung

Ausbau stärkt laut Sommaruga die Demokratie

Bundesrat und Parlament wollen die kriselnde Medienbranche mit bis zu 151 Millionen Franken pro Jahr zusätzlich unterstützen. Geschehe dies nicht, werde die Demokratie geschwächt, warnt Medienministerin Simonetta Sommaruga im Vorfeld der Referendumsabstimmung.
Medienförderung: Ausbau stärkt laut Sommaruga die Demokratie
Bundesrätin Simonetta Sommaruga spricht neben Bakom-Direktor Bernard Maissen zur Abstimmung über das Massnahmenpaket zugunsten der einheimischen Medien. (Bild: Keystone/Peter Klaunzer)

In der Sommersession verabschiedete das Parlament verschiedene direkte und indirekte Fördermassnahmen (persoenlich.com berichtete). Weil das Referendum dagegen ergriffen worden ist, hat am 13. Februar 2022 das Stimmvolk das letzte Wort. Medienministerin Simonetta Sommaruga hat am Donnerstag den Abstimmungskampf zum Medienpaket lanciert.

Von der Förderung profitieren sollen Zeitungen, die Mitglieder- und Stiftungspresse, lokale Radio- und TV-Stationen, Onlinemedien, die Medienausbildung sowie Nachrichtenagenturen wie Keystone-SDA. Im Zentrum stehen lokale und regionale Medien.

«Das Paket stärkt die Medienvielfalt in der Schweiz», sagte Sommaruga. Es sorge nämlich dafür, dass auch in Zukunft über alle Regionen des Landes berichtet werde. «Keine Region darf abgehängt werden.»

«Entwicklung ist beunruhigend»

Dank lokaler Zeitungen, Lokalradios, regionalen TV-Sendern und einheimischen Onlinemedien wüssten die Menschen über das Geschehen in ihrer Umgebung Bescheid, gab Sommaruga zu bedenken. Lokalmedien trügen zur politischen Meinungsbildung bei und stärkten den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Doch die einheimischen Medien, gerade die lokalen, sind unter Druck: Sie verlieren Werbeeinnahmen an internationale Plattformen wie Google und Facebook, zudem gehen die Aboeinnahmen zurück. Innert weniger Jahre seien darum über siebzig Zeitungen verschwunden, sagte Sommaruga. «Diese Entwicklung ist beunruhigend.»

Damit nicht noch weitere Titel verschwinden, Radios geschwächt werden und im Internet über einzelne Regionen gar nicht mehr berichtet wird, wollen Bundesrat und Parlament die heutigen Fördermassnahmen zugunsten der Medien ausbauen.

Kleine und Mittelgrosse im Fokus

Zum einen ist da die indirekte Förderung: Die Zustellermässigung, die der Bund abonnierten Zeitungen sowie Vereins- und Verbandszeitschriften heute gewährt, soll von total 50 Millionen auf 120 Millionen Franken aufgestockt werden. Mehr Zeitungen sollen berücksichtigt und neu auch die Frühzustellung unterstützt werden. Die einheimischen Verlage könnten so mehr Geld in die redaktionelle Arbeit investieren, sagte Sommaruga.

Neu ist auch die – direkte – Förderung von Schweizer Onlinemedien – dieser Teil des Pakets war im Parlament sehr umstritten. Für Onlinemedien sollen pro Jahr 30 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Der Beitrag an ein Medium darf höchstens 60 Prozent des anrechenbaren Umsatzes betragen.

Die Massnahmen sind laut Bundesrat so ausgestaltet, dass kleinere Unternehmen stärker profitieren können. Damit werde die Berichterstattung in ländlichen Regionen und kleineren Städten gestärkt, hielt Sommaruga dazu fest.

Gegenüber heute erhöht werden die Mittel aus der Radio- und Fernsehabgabe für private Lokalradios und regionale Fernsehstationen. Werden 2021 noch 81 Millionen Franken für sie bereitgestellt, sind es im Medienpaket bis zu rund 109 Millionen Franken, wie das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) schreibt.

Keine Einflussnahme

Bis zu rund 28 Millionen Franken aus den Empfangsgebühren sollen schliesslich für Allgemeines zur Verfügung stehen. Gemeint sind Agenturleistungen, Branchen-Selbstregulierungsorganisationen, Ausbildung sowie IT-Projekte von elektronischen Medien. Zum Vergleich: 2021 sind es 5 Millionen Franken für Agenturen und Ausbildung.

Neue Abgaben fallen wegen der zusätzlichen Förderung nicht an, wie der Bundesrat schreibt. Die bis zu 151 Millionen Franken für die Förderung werden über die Radio- und Fernsehabgabe finanziert sowie aus Mitteln vom Bund. Die Zustellermässigungen sowie die Fördergelder für Onlinemedien sind auf sieben Jahre befristet.

Sommaruga unterstrich in ihrem Votum, dass die Unabhängigkeit der Redaktionen mit der Vorlage gewahrt bleibe. «Die Vorschriften sind so ausgestaltet, dass die Behörden gar nicht Einfluss nehmen können.»

Die Gegner der Vorlage sehen dies anders. Es sei schädlich, private Medien durch staatliche Gelder zu unterstützen. Damit verlören sie ihre Glaubwürdigkeit, kritisieren sie unter anderem. (sda/cbe)



Extra

Leistungsschutzrecht kann Medienpaket nicht ersetzen


Immer mehr Werbeeinnahmen von Schweizer Medien fliessen an Google, Facebook und Co ab. Mit dem sogenannten Leistungsschutzrecht soll künftig auch Geld zurückfliessen. Eine Alternative zum aktuellen Medienpaket sei dies aber nicht, sagt Medienministerin Simonetta Sommaruga.

Sie sei schon lange der Meinung, dass die grossen Internetkonzerne die Leistungen der einheimischen Medien abgelten sollten, sagte Sommaruga am Donnerstag vor den Medien in Bern. Die Konzerne verdienten auch Geld damit, dass sie Textanrisse und Artikel von Zeitungen anzeigten. «Sie verdienen also Geld mit Leistungen, die gar nicht sie erbracht haben, sondern die Redaktionen.»

Künftig sollen deshalb Google und Co. die Leistungen der einheimischen Medien abgelten. «Der Bundesrat wird dazu schon bald einen Richtungsentscheid fällen», sagte Sommaruga. Die Regierung behandle bald ein vom Parlament im Rahmen der Urheberrechtsreform überwiesenes Postulat.

Sommaruga machte aber klar: «Das sogenannte Leistungsschutzrecht ist keine Alternative zum Medienpaket.» Erstens dauere es noch Jahre, bis es wirke. Und zweitens profitierten vom Leitungsschutzrecht nur die grossen Medienhäuser. (sda/cbe)



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Kommentare

  • Bernhard Aebersold, 04.12.2021 13:05 Uhr
    Herzlichen Dank für Ihren Kommentar gestern, Herr Bernet. Sie haben absolut recht, dass mein Beispiel mit 20 Minuten hinkt, der Mechanismus bleibt aber der gleiche. Betreffend Kommunikation: Ich sehe Ihren Punkt und begrüsse den Begriff der abonnierten Regional- und Lokalmedien ebenfalls. Kennen Sie einen "fairen" Mechanismus, ohne Leistungsaufträge und ohne staatliche Instanz, die sagt, welche regionalen Gratismedien gut und welche schlecht sind, um solche Medien fördern zu können? Ich habe noch keine gangbare Lösung dafür gefunden. Ich finde, die Online-Medienförderung könnte gerade für solche Gratismedien künftig eine wichtige Stütze sein. Artikel können nach wie vor ohne Paywall angeboten werden und wenn einige Leserinnen und Leser einen freiwilligen Beitrag bezahlen, weil sie das Gelesene gut finden oder auch nur aus Goodwill oder als Spende, sind sie relativ schnell förderberechtigt - und der Verteilschlüssel ist ja clever ausgestaltet, je kleiner desto mehr Förderung.
  • Victor Brunner, 03.12.2021 16:14 Uhr
    Wenn Ringier, Coninx/Supino, Wanner Unternehmerstolz, Anstand hätten würden sie auf die Steuergelder verzichten.
  • Stefan Bernet, 03.12.2021 16:08 Uhr
    Sehr geehrter Herr Abersold Betreffend der aktuellen Förderung von 27 Rp. stimme ich Ihnen absolut zu. Der Vergleich mit 20 Minuten hinkt allerdings ein wenig. Seit wann wird die Pendlerzeitung per Post in die Haushaltungen verteilt? Mir geht es in erster Linie um die Kommunikation, die so einfach irreführend ist. Immer wieder wird im Zusammenhang mit dem zusätzlichen Förderpaket die Unterstützung von Regional- und Lokalmedien thematisiert und wie wichtig deren Erhaltung ist. Nun gibt es aber zahlreiche Gratis Medien die in ihrer Region einen sehr guten Job machen. Würden diese wegfallen, wäre die thematisierte Medienvielfalt eben nicht mehr gewährleistet, oder die eigenständigen Medien würden wieder von einem der grossen Verlagshaüser "geschluckt" so wie es bei zahlreichen Abo-Zeitungen bereits geschehen ist. Das Resultat lasse ich jetzt einmal unkommentiert. Ich plädiere lediglich für eine präzisere Kommunikation. Sprechen wir doch einfach von den abonnierten Regional- und Lokalmedien. So werden unsere Bürger*innen, die Ende Februar an die Urne gehen, präziser infomiert.
  • Werner Frei, 03.12.2021 13:08 Uhr
    Warum gerade die Sozis für ein Ja weibeln ist kein Rätsel, so lange die Mehrheit der Journalisten links ist.
  • Bernhard Aebersold, 03.12.2021 12:05 Uhr
    Herr Bernet und Frau Ziegler fragen sich in den Kommentaren vorher, weshalb Gratismedien nicht förderberechtigt sind im Massnahmenpaket. Hier 1-2 Überlegungen: Bei der indirekten Presseförderung erhalten Verlage für den Vertrieb eine Posttaxenvergünstigung von ca. 27 Rappen pro Exemplar. Wenn man nun alle Gratiszeitungen auch begünstigt, steigt die Anzahl Exemplare massiv. Alleine 20 Minuten hätte rund 600'000 Exemplare. Dadurch wäre die Förderung nicht mehr 27 Rappen pro Exemplar, sondern deutlich weniger für alle. Es bräuchte also weitere Fördermillionen, um die 27 Rappen konstant zu halten. Ein ergänzender Punkt in diese Richtung. Wie will der Staat kontrollieren, wieviele Gratiszeitungen tatsächlich bestellt / ausgeliefert wurden? Es gibt ja keine genaue Anzahl Abonnenten bei Gratiszeitungen. Im Online-Bereich gibt es noch andere Gesichtspunkte: Wenn alle Gratis-Onlinemedien gefördert würden, könnte ich dann auch für meinen laienhaften Blog Geld beantragen dürfen, auch wenn es niemand liest? Vermutlich möchten wir das nicht, aber es bräuchte dann eine staatliche Instanz, die sagt, was "gute, förderwürdige Inhalte" und was nicht. Und das wäre das Letzte, was wir alle wollen, denn dann hätten wir tatsächlich Staatsmedien oder vergeben wieder Leistungsaufträge wie bei den Radios & Fernsehen.
  • Artur Vogel, 03.12.2021 10:56 Uhr
    So lange ein Grossteil der Hunderten von Steuermillionen in den Rachen der Medien-Multimillionäre bzw. Milliardäre wie Ringier, Coninx/Supino, Wanner etc, geworfen wird, damit diese noch mehr Profit machen und an Aktionäre ausschütten können, die diesen zusätzlichen Geldsegen gar nicht brauchen, kann man diesem Gesetz nicht zustimmen. Wieso gerade die Sozialisten so vehement dafür weibeln, ist mir ein Rätsel.
  • Stefan Bernet, 03.12.2021 10:15 Uhr
    Da kann ich Frau Ziegler nur zustimmen. In der Tat werden Verlage mit Gratiszeitungen nicht unterstützt. Leider wird das bei der Berichterstattung über das Medienpaket immer wieder ausgeblendet. Weshalb ist für mich abolut unverständlich. Ich wünschte mir, dass dieser Umstand von der Medienfachpresse endlich thematisiert wird.
  • Maja Ziegler, 03.12.2021 07:56 Uhr
    Wenn Frau Sommaruga die Medienvielfalt stärken wollte, würde sie nicht Kleinverlage und Gratiszeitungen ausschliessen. Diese sind vorwiegend in den ländlichen Gegenden und Randgebieten beheimatet und leisten einen wertvollen Beitrag für die Region. Aus meiner Sicht hat das Referendum eine reelle Chance.
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