22.02.2022

Suisse Secrets

CH Media und Weltwoche kritisieren Tamedia

Nachdem ein ausländisches Journalistenkollektiv eine Recherche zur CS veröffentlicht hat, muss sich Tamedia Kritik anhören: Es sei ein «armseliges Verhalten», dass das Medienhaus sich aufgrund des Schweizer Rechts nicht beteiligte, schreiben die CH-Media-Titel. Ins gleiche Horn bläst die Weltwoche.
Suisse Secrets: CH Media und Weltwoche kritisieren Tamedia
Die jüngsten Enthüllungen zur Credit Suisse werfen auch unter Schweizer Medien hohe Wellen. (Bild: Keystone/Ennio Leanza)

Gemäss einer Recherche von 47 internationalen Medien soll die Credit Suisse über Jahre Autokraten, Drogendealer sowie mutmassliche Kriegsverbrecher und Menschenhändler als Kunden akzeptiert haben. Die Schweizer Bank weist die Vorwürfe über «angebliche Geschäftspraktiken entschieden zurück» (persoenlich.com berichtete).

Nicht beteiligt an der Recherche haben sich Schweizer Medien – darunter auch Tamedia, obschon das Medienhaus dem internationalen Recherchenetzwerk angehört. Grund: Der seit 2015 verschärfte Artikel 47 im Bankengesetz verbietet es Journalistinnen und Journalisten, geheime Bankdaten auszuwerten, selbst wenn sie von öffentlichem Interesse sind. Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauser sowie SP und Grüne forderten deshalb eine Abschaffung dieses «Zensurartikels» (persoenlich.com berichtete). Der Schweizer Journalistinnen- und Journalistenverband verlangte, dass die Medien aus Art. 47 des Bankengesetzes ausgeschlossen werden sollten (persoenlich.com berichtete). 

Kritik am internationalen Medienverbund

Tamedias Teilnahmeverzicht kritisiert Christian Mensch in einem Kommentar auf der Frontseite der CH-Media-Zeitungen als «armseliges Verhalten». Denn: «Um nicht gegen ein – durchaus problematisches – Gesetz zu verstossen, habe sie dieses Mal an der Auswertung der Bankdaten nicht mitgewirkt. Was ist denn das für eine Argumentation? Wären die Informationen so relevant, wie durch die internationale Aufmachung behauptet wird, wäre es geradezu die Pflicht des Schweizer Medienhauses, einen Rechtsfall zu riskieren.» Dass es diesen gerade nicht riskiere, spreche Bände. 

Ähnlich argumentiert Weltwoche-Journalist Hubert Mooser in seinem Kommentar: «Vielleicht sollten sich die Genossen die Frage stellen: Haben angedrohte Strafverfahren je einmal Journalisten davon abgehalten, eine Story zu publizieren?» Denn: Entweder habe man eine Geschichte, und dann mache man sie auf Biegen und Brechen publik. Oder man habe eben keine Geschichte. Mooser hat Zweifel, ob die jüngsten Credit-Suisse-Enthüllungen der «grosse Heuler» sind.

Auch in den CH-Media-Zeitungen bekommt das Recherchenetzwerk sein Fett weg. Was ein internationaler Medienverbund unter Mitwirkung des Tages-Anzeigers mit CS-Kundendaten von einem Whistleblower mache, sei ein «Armutszeugnis für den Journalismus», so Mensch weiter. (tim)



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