03.01.2019

Spiegel-Betrugsfall

Claas Relotius bedauert «zutiefst»

Der Ex-«Spiegel»-Reporter hat dementiert, Spendengelder veruntreut zu haben. Gleichzeitig gestand er ein, dem Ansehen der Presse «schweren Schaden» zugefügt zu haben.
Spiegel-Betrugsfall: Claas Relotius bedauert «zutiefst»
Zu keinem Zeitpunkt habe der preisgekrönte Journalist beabsichtigt, Spendengelder für sich zu behalten. Tatsächlich habe Claas Relotius den gesamten Leser-Spendenbetrag an die Diakonie Katastrophenhilfe überwiesen, so sein Anwalt. (Bild: Keystone/EPA/Golejewski)

Der ehemalige «Spiegel»-Journalist Claas Relotius hat vor rund zwei Wochen eingeräumt, über Jahre hinweg vielfach Fakten falsch dargestellt oder hinzuerfunden zu haben (persoenlich.com berichtete). Hingegen habe er die Spendengelder, die er von Leserinnen und Lesern eingezogen habe, nicht veruntreut. Dies liess Relotius über seinen Anwalt der deutschen Zeitung «Die Welt» mitteilen. Das mit «Pressemitteilung» betitelte Schreiben vom Donnerstag vergangener Woche wurde von «Spiegel Online» veröffentlicht.

Reportage zu grossen Teilen erfunden

Nachdem Relotius im Juli 2016 einen Artikel über syrische Waisenkinder in der Türkei publiziert hatte, erhielt er Spenden von «Spiegel»-Lesern auf sein Privatkonto. Die Reportage mit dem Titel «Königskinder» über ein angebliches Geschwisterpaar sei aber «in wesentlichen Punkten gefälscht» gewesen, teilte die Anwaltskanzlei Unverzagt von Have im Namen von Relotius mit. Beim E-Mail-Austausch mit den Lesern und in späteren Mitteilungen zu den Spenden habe der Autor «die Illusion über die reale Existenz des geschilderten Geschwisterpaars aufrechterhalten».

Zu keinem Zeitpunkt habe Relotius aber beabsichtigt, Spenden für sich selber zu behalten. «Tatsächlich hat unser Mandant den bis dahin auf seinem Konto eingegangenen Spendenbetrag von insgesamt über 7000 Euro aus eigenen Mitteln auf 9000 Euro aufgestockt und am 26. Oktober 2016 an die Diakonie Katastrophenhilfe für ein Projekt zur Unterstützung von kriegsflüchtigen Kindern im Irak überwiesen», so die Anwaltskanzlei.

Der Presse schweren Schaden zugefügt

«Unser Mandant entschuldigt sich hiermit ausdrücklich bei allen hilfsbereiten Spendern, die sich in ihrer Intention, an die von ihm geschilderten syrischen Geschwister zu spenden, getäuscht fühlen müssen», hiess es im Schreiben der Kanzlei weiter. Relotius werde allen Spendern ihr Geld vollständig zurückerstatten.

Relotius sei bewusst geworden, dass er durch sein Verhalten dem Ansehen des «Spiegel» und der Presse insgesamt schweren Schaden zugefügt habe, schrieb die Anwaltskanzlei. «Er bedauert dies zutiefst und wird sich bemühen, diesen Schaden soweit wie möglich zu begrenzen.» Insbesondere habe Relotius nie jenen in die Hände spielen wollen, die seine Reportagen nun «als Beweis für die Existenz einer angeblichen ‹Lügenpresse› in Deutschland» anführten. (as)



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