Wie ist der Stand der Dinge?
Am Mittwoch ist uns von einem Genfer Untersuchungsrichter mitgeteilt worden, dass uns eine Hausdurchsuchung droht. Die Genfer haben unterdessen ein Rechtshilfegesuch an die Zürcher Behörden gestellt. Bis die Mühlen der Ermittlungsbehörden tatsächlich mahlen, werden wohl noch ein paar Tage vergehen.
Das WEF hatte bereits in der vergangenen Woche die Herausgabe der besagten CD-Rom gefordert.
Das ist richtig. Nachdem wir einen Teil der Daten veröffentlicht hatten, verlangte das WEF via Anwalt die Herausgabe der CD-Rom. Mit Berufung auf das Recht des Quellenschutzes haben wir die Herausgabe verweigert. Es ist aber nicht so, dass wir generell jede Zusammenarbeit abgelehnt hätten. So haben wir zum Beispiel die betroffenen Kreditkarteninstitute darüber informiert, wessen Kreditkartennummern gehackt worden waren, damit diese ihre entsprechenden Kundenkontis sperren konnten. Nachdem das WEF Klage gegen Unbekannt eingereicht hat, haben dann die Ermittlungsbehörden die CD-Rom von uns verlangt.
Was Sie ebenfalls abgelehnt haben...
Ganz klar. Der Informantenschutz ist uns heilig. Es kann nicht angehen, dass wir als verlängerter Arm der Justiz missbraucht werden. Dies haben wir auch mit unseren internen Anwälten abgeklärt. Natürlich, wenn es um Mord oder Todschlag gegangen wäre, hätte das Ganze anders ausgesehen. Da es sich aber bei dem Datenklau nicht um ein Kapitalverbrechen handelt, haben wir eine Herausgabe der CD-Rom verweigert.
Falls eine polizeiliche Hausdurchsuchung offiziell bewilligt würde, würden Sie dann die CD-Rom herausgeben?
Eine Hausdurchsuchung müssen wir vielleicht über uns ergehen lassen. Wir würden darauf bestehen, dass allfällig konfisziertes Material vor Ort versiegelt wird, bis juristisch abgeklärt ist, wie damit umzugehen ist. Die CD-Rom befindet sich nach menschlichem Ermessen in Sicherheit.
Wie ist die SonntagZeitung an die brisanten Daten gekommen?
Im Laufe unserer Recherchen zu den Demonstrationen am WEF haben wir erfahren, dass es Hackern gelungen sei, Sites mit persönlichen Daten der WEF-Besucher zu knacken. Über anonyme Mittelsleute aus dem Umfeld der WEF-Gegner kamen wir dann in den Besitz einer Kopie der Daten.
Und wie haben Sie den Interviewtermin mit den Hackern erhalten?
Wir haben auch in diesem Fall unsere Fühler zu den WEF-Gegnern ausgestreckt. Die gleichen Kontaktleute, die uns die CD-Rom verschaffen konnten, haben versucht, an die Hacker ranzukommen. Nach langem Hin und Her haben diese dann beschlossen, uns ein Interview zu geben. Immer mit der Zusicherung, das wir ihnen eine 100-prozentige Anonymität gewähren würden.
Das Interview erfolgte auf schriftlichen Weg...
Wir haben die Fragen unseren "Boten" gemailt, die ihrerseits die Fragen an die Hacker weitergereicht haben. Dies übrigens nicht per E-Mail, damit die Datenspur nicht nachvollziehbar würde...
Haben Sie mit solch' einem juristischen Nachspiel gerechnet?
Nun, das war abzusehen. Das Datenlack war äusserst gravieren, die Informationen und vertraulichen Bemerkungen zu den WEF-Teilnehmern höchst brisant. Was mich verblüfft hat, ist, dass das WEF das Ganze anfangs so auf die leichte Schulter genommen hat.