24.09.2020

Recherche zur Nationalbank

«Die Geschichten sind derart haarsträubend»

Die Republik veröffentlicht schwere Sexismus-Vorwürfe gegen die Schweizerische Nationalbank. Die Autoren Fabio Canetg und Patrizia Laeri haben dafür rund vier Wochen recherchiert. Trotz Dementi der SNB sei klar: «Es sind keine Einzelfälle.»
Recherche zur Nationalbank: «Die Geschichten sind derart haarsträubend»
Schwere Vorwürfe gegen die SNB. Publik gemacht hat sie unter anderem der Journalist Fabio Canetg (im Bild). (Bild: Keystone/Anthony Anex)
von Michèle Widmer

Das Onlinemagazin Republik hat am Donnerstag in einem Artikel mit dem Titel «Die letzte Bastion» Vorwürfe wegen Sexismus, Mobbing und Lohndiskriminierung gegen die Schweizerischen Nationalbank publik gemacht. Autoren der Recherche sind die ehemalige SRF-Wirtschaftsjournalistin Patrizia Laeri und der freie Journalist Fabio Canetg. Die beiden haben dafür mit mehreren anonymen Quellen gesprochen.

persoenlich.com hat bei Fabio Canetg nachgefragt:

Wie kam es zu dieser Recherche zusammen mit Patrizia Laeri?
Vor einem Monat hatte ich Patrizia Laeri zu Gast bei mir im «Geldcast». Das ist der Geldpolitik-Podcast von swissinfo.ch. Im Geldcast sprachen wir über meinen Artikel, in dem ich bereits damals das Gender-Ungleichgewicht bei der SNB dokumentiert hatte. Als Reaktion auf meinen swissinfo.ch-Text und den Podcast meldeten sich mehrere Frauen bei Patrizia Laeri und mir. Sie wollten uns ihre persönliche Geschichte erzählen. Schnell war uns bewusst: Bei der SNB gärt es. Da haben wir angefangen zu recherchieren.

Wie lange haben Sie daran gearbeitet?
Die ganze Recherche dauerte rund vier Wochen. Weil wir beide nebenbei noch andere Verpflichtungen haben, bedeutete das ganz viel Abend- und Nachtarbeit. Der Aufwand war riesig.

Was war die grösste Herausforderung?
Ganz zu Beginn waren wir nicht sicher, wie zuverlässig unsere Quellen waren. Die Geschichten sind derart haarsträubend, dass wir sicherstellen mussten, dass sie auch tatsächlich passiert sind. Insgesamt haben wir dazu mit über einem Dutzend Personen gesprochen. Diese haben für uns Dokumente, E-Mails und Notizen ausgegraben, um ihre Geschichten zu belegen. Mehrere unabhängige Quellen bestätigen die Vorwürfe gegen die SNB. Heute sind wir sicher: Die Berichte unserer Auskunftspersonen sind wahr. Und es sind keine Einzelfälle.

Welche Reaktionen haben Sie bisher erhalten?
Die Reaktionen auf unseren Artikel sind gross. Wir haben offensichtlich einen Nerv getroffen. Bereits haben sich wieder mehrere Personen bei uns gemeldet, die nach eigener Aussage ähnliche Erfahrungen bei der SNB gemacht haben. Die Missstände seien «unter der Hand» schon längst bekannt gewesen. Und auch die Politik ist bereits aktiv geworden: SP-Nationalrätin Céline Widmer hat heute mit der Unterstützung von Politikerinnen von Grüne bis FDP eine Interpellation eingereicht, die Auskunft zu den Missständen bei der SNB fordert.



Nationalbank-Präsident Thomas Jordan hat an einer Medienkonferenz am Donnerstag die Vorwürfe auf Fragen von Journalisten hin zurückgewiesen. Möglichen «Einzelfällen» würde «rigoros» nachgegangen, sagte er. Mehrere Politikerinnen und Politiker fordern, dass die Vorwürfe aufgeklärt werden.



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Kommentare

  • Oliver Brunner, 25.09.2020 10:07 Uhr
    Die zusätzlichen Fakten kenne ich nicht. Die Geschichte in der "Republik" ist aber sehr dünn und alltägliches als Skandal aufgebauscht. Absage ohne Mitteilung eines genauen Grundes... Willkommen in der Jobsuche. Der Anteil Frauen in der SNB ist sogar höher, als der Anteil Ökonominnen, die sich mit Geldpolitik befassen. Was sollen sie den anstellen? SRF-Redaktorinnen?
  • Dieter Widmer, 25.09.2020 09:06 Uhr
    Wie schwach und aufgebauscht die Story in der "Republik" ist, zeigt sich daran, dass keine Tagesmedium die Sache aufgegriffen hat.
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