In der UKW-Abschaltdiskussion ist einiges ins Rutschen geraten. Wie der Tagesanzeiger am Montag vermeldete, habe das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) ursprünglich geplant, den privaten Radiobetreibern bis Ende März 2021 eine Verfügung zuzustellen, wonach ihre Konzession für das UKW-Sendernetz per Ende 2023 vorzeitig entzogen würde. Diese Verfügung ist gemäss Tagesanzeiger bis jetzt noch nicht versandt worden – oder wird allenfalls gar nicht versandt.
Für Medienpionier Roger Schawinski, der mit seiner Petition «Rettet UKW» (persoenlich.com berichtete) die UKW-Aufhebung verhindern will, ist dies ein Indiz, dass beim Bakom «Panik» ausgebrochen sei, weshalb man die bisherige Strategie «völlig über Bord geworfen hat und sich der Verantwortung als Regulierungsbehörde entziehen will, nachdem man DAB seit Jahren mit Dutzenden von Millionen an Subventionen und sehr teuren Werbekampagnen finanziert hat». Für Schawinski, der mit seinem Radio 1 weiterhin auf UKW senden will, hätte der Nichtversand der Verfügung aber den Nachteil, dass er gegen diese rechtlich nicht vorgehen kann. Die NZZ vermutet dahinter eine Strategie des Bakom.
Verbindlicher Abschaltplan
Bakom-Mediensprecher Francis Meier geht aber weiterhin davon aus, dass die UKW-Abstellung im nächsten und übernächsten Jahr stattfinden wird, wie er gegenüber persoenlich.com erklärt. «Praktisch alle privaten UKW-Radios (42 von 44) und die SRG einigten sich im Dezember 2020 auf ein geordnetes Ausstiegsszenario», so Meier, «wonach die SRG im August 2022 und die übrigen Veranstalter im Januar 2023 abschalten. Das Bakom hat sich bereit erklärt, den von der Branche beschlossenen Abschaltplan als verbindliche Verpflichtung entgegenzunehmen. Von einem Sinneswandel dieser grossen Mehrheit der Branche ist derzeit nicht auszugehen.»
Ein ausdrücklicher Versand der Verfügung zur UKW-Abstellung sei juristisch nicht notwendig, so Meier, wenn der Veranstalter auf die UKW-Konzessionen verzichten und diese aus eigenen Stücken zurückgeben würde. Gemäss der UKW-Konzession könne das Bakom einen Entzug der Konzession verfügen, wenn das für den geordneten Übergang auf die digitale Verbreitung nötig sei. Auf die Frage, was passiere, wenn ein Radiobetreiber, der die Branchenvereinbarung zur UKW-Abschaltung unterschrieben habe, plötzlich einen Gesinnungswandel vorgenommen habe und weiterhin auf UKW senden will, wollte sich das Bakom momentan nicht äussern.
SRG hält an Vereinbarung fest
Tatsache ist, dass das Bakom momentan den Ball für das weitere Vorgehen der Radiobranche zuspielt. Durch den Meinungswechsel der ehemaligen Medienministerin Doris Leuthard, die den Wechsel von UKW auf DAB+ mit angeregt hatte, ist innerhalb der Branche eine grosse Verunsicherung entstanden.
Nur die SRG – als grösster Radiobetreiber des Landes – hat sich bis jetzt noch nicht zu Schawinskis Petition und Befürchtungen geäussert. Da die SRG-Sender bereits im Sommer 2022 – also ein halbes Jahr vor denjenigen der Privatradios – vom Netz genommen werden, könnte für sie ein grosser Marktnachteil gegenüber privaten und ausländischen Sendern entstehen. Mediensprecherin Lauranne Peman verweist auf die gemeinsame Erklärung der Schweizer Radiobetreiber: «Die Radiobranche – der Verband der Schweizer Privatradios VSP, die Radio Regionales Romandes RRR, die Unikom-Radios und die SRG – hat im November 2020 eine Branchenvereinbarung unterzeichnet, in der die UKW-Abschaltung geregelt ist. Die SRG hält weiterhin an dieser gemeinsamen Vereinbarung fest.»
Die SRG glaubt offiziell weiterhin daran, dass der eingeschlagene Weg der richtige sei. Dies nicht zuletzt aus finanziellen Gründen: Die UKW-Verbreitung, so Lauranne Peman gegenüber persoenlich.com, koste die SRG jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag im tieferen Bereich.