Herr Wanner, Roger Schawinski will sich gegen die Abschaltung von UKW zur Wehr setzen (persoenlich.com berichtete). Was ging Ihnen da durch den Kopf?
Ich musste schmunzeln und war nicht überrascht. Es ist eine schöne Geschichte für ihn. Er war der Erste unter den Privaten – und möchte offensichtlich auch der Letzte sein.
DAB+ sei eine «gigantische Fehlinvestition», sagte Schawinski gegenüber den Tamedia-Zeitungen. Liegt er falsch?
Man kann die Investitionen in die Technologie sicher kritisch hinterfragen. Die Verbreitungstechnologie hat sich in der Schweiz aber durchgesetzt und bietet gerade in der Soundqualität auch Vorteile. Allerdings ist dabei der Soundprozessor entscheidend – und das fehlt zum Teil. Durch effizientes Bandbreitenmanagement ermöglicht die Technologie zudem deutlich mehr Sender als UKW.
«Das Sparpotenzial ist von Sender zu Sender unterschiedlich»
Sie argumentieren, mit der Abschaltung von UKW lasse sich Geld sparen. Schawinski sagt, der Unterhalt falle nicht mehr stark ins Gewicht. Wie gross ist das Sparpotenzial?
Die Investitionen in die UKW-Technologie sind abgeschrieben. Der Unterhalt ist günstig, aber es würden Neuinvestitionen kommen, da die bestehende Technologie langsam «End of Life» ist. Wenn bei uns ein Sendegerät ausfällt, dann überlegen wir uns, ob eine Neuinvestition nötig ist, und wir haben uns bisher immer gegen UKW entschieden. Das Sparpotenzial ist von Sender zu Sender unterschiedlich und kann nicht beziffert werden. Bei der UKW-Abschaltung Ende Januar 2023 kommen zuerst Rückbaukosten auf uns zu.
Schawinski verweist unter anderem auf Irland. Der DAB-Anteil dort betrage «kümmerliche 0,5 Prozent». Warum hinkt dieser Vergleich für Sie?
Weil wir in der Schweiz sind. Ich kenne die Situation in Irland nicht. Wir betreiben in der Schweiz erfolgreiche DAB+-only-Sender. Auch die Mitbewerber von Energy haben erfolgreiche DAB+-only-Sender. Es sind die einzigen Sender in der Schweiz, welche an Reichweite und Marktanteil zulegen. Die Sender haben teilweise mehr Hörer als kleine Regionalsender, wie zum Beispiel Radio 1.
Ein weiterer Vorwurf: DAB+ sei eine «unnötige Übergangstechnologie» …
Die Verbreitung über Internet ist sicherlich die Zukunft, und deshalb hat diese Aussage einen Wahrheitsgehalt. Ich denke, das gilt aber für viele Technologien.
2022/2023 wird UKW abgeschaltet. Wird es dann «einen gewaltigen öffentlichen Aufschrei» geben, wie Schawinski prophezeit?
Es wird sicher Diskussionen und Reaktionen von Hörern geben. Dass die SRG früher abschaltet, ist eine gute Lösung für uns. Die SRG hat die Kapazität, um Reaktionen aufzunehmen und zu erklären, wie die Programme empfangbar sind.
Ausländer werden während ihrer Fahrt durch die Schweiz nichts mehr empfangen können, so Schawinskis weitere Befürchtung. Dieses Problem lässt sich tatsächlich nicht von der Hand weisen, oder?
Das ist so. Allerdings gibt es auch im Ausland zahlreiche Autos mit DAB+-Empfang. Damit können auch solche ausländischen Automobilisten, die durch die Schweiz fahren, DAB+-Sender in der Schweiz empfangen.
«Wir fokussieren auf die Regionen»
Ein Leser schreibt auf persoenlich.com, dass nach der Abschaltung die freien Frequenzen aus dem Ausland mit Überreichweiten abgedeckt würden. Haben Sie keine Angst, Hörerinnen und Hörer zu verlieren?
Nein, davor habe ich bei unseren Programmen keine Angst. Wir fokussieren auf die Regionen und wollen nah bei unseren Hörern sein. Das kann die ausländische Konkurrenz nicht. Ich verstehe aber Vorbehalte von Sendern in der Romandie oder im Tessin. Bei diesen Stationen fehlt die Sprachbarriere.
Sie ignorieren die Nachteile der Abschaltung. Dieser Meinung ist zumindest Schawinski. In der Branche würden Bürokraten und Manager dominieren. Sind Sie ein Bürokrat?
Nein. Ich sehe mich als vorwärtsgerichteten Medienmanager, welcher Chancen nutzt.
Die UKW-Abschaltung ist auch Thema auf Clubhouse. Am Donnerstag um 20.30 Uhr diskutiert die persoenlich.com-Community mit Radiopionier Roger Schawinski.
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26.04.2021 14:33 Uhr