06.04.2017

Ringier

«Ich werde mehr Zeit haben für strategische Themen»

Ralph Büchi sei nicht sein «Aufpasser», meint CEO Marc Walder im Interview mit persoenlich.com am Rande der Jahresmedienkonferenz vom Mittwoch. Nicht überrascht hat ihn zudem der Abgang von Admeira-Chef Martin Schneider.
Ringier: «Ich werde mehr Zeit haben für strategische Themen»
«Wenn jemand das Gefühl hat, dass man in einem Newsroom eine ‹Print First›-Strategie fahren kann, wäre er bei uns fehl am Platz», sagt Marc Walder. (Bild: Ringier)

Herr Walder, CEO Martin Schneider verlässt Admeira nach nur einem Jahr bereits wieder (persoenlich.com berichtete). Wer räumt diesen Scherbenhaufen auf?
Das ist überhaupt kein Scherbenhaufen. Admeira operiert heute als eine der grössten Werbevermarktungsfirmen erfolgreich am Markt, was der Aufbauarbeit von Martin Schneider und seinem Team zu verdanken ist. Nebst dem einen Jahr als CEO hat er Admeira auch während der Projektphase mit unermüdlichem Einsatz aufgebaut.

Weshalb hat er den Bettel nun doch hingeworfen?
Bereits im Januar teilte er mir mit, dass es für ihn schlichtweg zu viel wurde und dass er mehr Zeit für seine Familie haben wolle. Dafür habe ich vollstes Verständnis. 

Wurden Sie von seinem Entscheid trotzdem überrascht?
Martin Schneiders Entscheid war alles andere als eine überstürzte Aktion. Wir, das heisst Ringier, Swisscom und SRG, werden uns nun in Ruhe mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzen.

Bis zum neuen CEO werden die Geschäftsleitungsmitglieder Marc Sier, Arne Bergmann und Beatrice Kniel interimistisch übernehmen. Könnte daraus auch eine langfristige Lösung werden?
Nein, eine langfristige Interimslösung ist nicht sinnvoll. Wann der neue CEO von Admeira präsentiert wird, kann ich im Moment aber noch nicht sagen.

An der letztjährigen Jahresmedienkonferenz zeigten Sie sich überzeugt, dass es Ende Jahr weitere Medienunternehmen geben werde, die ihr Inventar über Admeira vermarkten würden. Ist das gelungen?
Das Joint Venture Admeira besteht weiterhin aus den drei gleichberechtigten Partnern Swisscom, SRG und Ringier. Mit Medienunternehmen, die ihr Inventar über Admeira vermarkten wollen, befinden wir uns konstant in Gesprächen. Dabei denken wir nicht nur an Verlage, sondern auch an Partner aus dem TV- und Technologiebereich. Die ganze Situation hat sich deutlich beruhigt.

Was meinen Sie genau?
Zu Beginn entstand durch die Gründung von Admeira beim Verband Schweizer Medien und einigen seiner Mitglieder viel Irritation. Mittlerweile ist Gras über die Angelegenheit gewachsen und Admeira hat sich im Markt etabliert.

SRG-Direktor Roger De Weck betonte immer wieder am letzten Swiss Media Forum, Admeira sei für alle Partner offen. Können Sie das als Verwaltungsratspräsident des Joint Ventures bestätigen?
Unbedingt! Wir haben immer gesagt, dass Admeira – vor dem Hintergrund der mächtigen Konkurrenten Facebook und Google – für den gesamten Schweizer Werbemarkt eine Lösung bieten soll. Das hat übrigens auch der Schweizer Werbeauftraggeberverband (SWA) immer wieder befürwortet. Und um die Werbeauftraggeber geht es ja hier.

Ralph Büchi wird ab 1. Juni Chief Operating Officer (COO) der Ringier-Gruppe und damit Ihr Stellvertreter (persoenlich.com berichtete). Ist er so etwas wie Ihr «Aufpasser»?
Nein, warum sollte ich einen «Aufpasser» brauchen. Ringier ist ein komplexes Unternehmen geworden, das mittlerweile in 19 Ländern tätig ist und unter seinem Dach 97 Firmen konsolidiert. Für unser Group Executive Board suchten wir deshalb eine Person, die uns verstärken kann. Michael Ringier, seine Familie und der Verwaltungsrat wünschen, dass ich in Zukunft mehr Zeit für strategische Themen auf Gruppenstufe aufwenden kann.

Weshalb ist Büchi der richtige Mann dafür?
Er ist Schweizer, ein guter Kollege von uns allen. Ralph Büchi verfügt über enorm viel Erfahrung. Bei Axel Springer hat er massgeblich dazu beigetragen, dass sich Springer International so intelligent aufbauen konnte. Büchi wiederum mag das Unternehmen Ringier sehr. Auf dieser Basis gingen wir in die Verhandlungsgespräche und haben diesen Transfer schliesslich vollziehen können.

Was ist die Aufgabe von Büchi als COO?
Ringier Axel Springer Schweiz, als CEO, und das Osteuropa-Geschäft als Verwaltungsratspräsident einmal ganz zuerst. Diese beiden Joint Ventures, mit 600 respektive über 3000 Mitarbeitern, sind Schwergewichte unseres Unternehmens. Darüber hinaus wird er Projekte und Mandate auf Gruppenebene übernehmen.

Andreas Dietrich ist seit 1. April «Blick»-Chefredaktor (persoenlich.com berichtete). Weshalb braucht die Tageszeitung nun doch wieder einen publizistischen Leiter?
Ich war stets der festen Überzeugung, dass jede Publikation am Schluss einen Redaktionschef braucht. Denn jede Zeitung, jede Plattform braucht eine Person, die am Schluss entscheidet. Damit war ich mit Christian Dorer immer einig. Unklar war nur die Personalie. Dorer hat sich dafür zwei Monate Zeit gegeben und sich schliesslich für Dietrich entschieden, was wir sehr gerne bewilligt haben.

Micha Zbinden, stv. Sportchef, hat bei persoenlich.com im Interview gesagt, dass einige bei «Blick Sport» wieder die Maxime «Print First» ausrufen. Auch haben wir vernommen, dass dies generell im Newsroom verfolgt werden soll. Stimmt das?
Keinesfalls.

Dies würde ja Ihrer Unternehmensstrategie «Digital First» widersprechen.
Die Blick-Gruppe muss wie andere Verlage den Spagat zwischen einer guten Zeitung und digitalem Wachstum meistern. Die Strategie «Print First» gibt es in unserem Haus bei Tageszeitungen aber seit vielen Jahren nicht mehr. Und es wird sie auch nie mehr geben.

Im jüngsten «Schweizer Journalist» wird die These aufgestellt, dass Christian Dorer wieder mehr Wert auf Print legen will. Ist dies also ebenfalls nicht korrekt?
Nein, da tut man Christian Dorer unrecht. Er weiss genau, wie eine starke Medienmarke wie «Blick» 24 Stunden funktionieren muss. Wenn jemand das Gefühl hat, dass man in einem Newsroom eine «Print First»-Strategie fahren kann, wäre er bei uns fehl am Platz.

Die Leserzahlen des «Blick am Abend» sind in der letzten Zeit erneut eingebrochen. Nicht zum ersten Mal machen Gerüchte die Runde, wonach die Gratiszeitung eingestellt werde. Ist da was dran?
Wir haben vor neun Jahren ein Experiment gewagt: Mit «Blick am Abend» eine urbane, junge, durchaus feminine Marke zu lancieren. Das Experiment ist gelungen. Eine Einstellung von «Blick am Abend» ist kein Thema.


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