20 Minuten publizierte nach dem WM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien vom Samstag (0:0) einen Artikel über die albanische Community mit einem problematischen Bild. Das Foto zeigt eine Frau von hinten in einem Fussballstadion und war zunächst der Autorin des Artikels zugeschrieben. Auch die Bildunterschrift «Adelina (40) aus Embrach ZH ist stolz auf ihre Mannschaft» suggerierte, dass es sich um ein dokumentarisches Foto einer im Artikel zitierten Person handle.
Am Pfingstmontag begannen dann die Korrekturen: Im Laufe des Vormittags änderten sich die Bildcredits mehrfach. Erst wurde der Bildautorenhinweis durch «Privat» ersetzt, später kam ein zusätzliches Bild der porträtierten Person von vorne dazu. Schliesslich wurde das ursprüngliche Bild ganz entfernt.
KI-Bearbeitung ohne Kennzeichnung
Nach einer Anfrage von persoenlich.com räumte 20 Minuten ein, dass das Bild gegen die eigenen publizistischen Richtlinien verstiess. «Das Bild wurde 20 Minuten von der Leserschaft zugeschickt. Die Frau existiert und ist der Redaktion bekannt. Das Bild wurde jedoch von der Leserin mit KI stark bearbeitet und entspricht daher nicht unseren publizistischen Richtlinien», erklärte Kommunikationsleiterin Eliane Loum-Gräser.
Das Bild weist dabei durchaus erkennbare Merkmale einer KI-Bearbeitung oder KI-Generierung auf: Zuschauer in den Rängen scheinen teilweise identisch auszusehen, und ausgerechnet die Sitzreihen direkt vor der Frau sind leer, obwohl es sich um beste Plätze hinter dem Tor handelt. Mehrere von persoenlich.com eingesetzte Onlinetools stellten fest, «dass dieses Bild oder ein wesentlicher Teil davon von einer künstlichen Intelligenz erstellt wurde».
20 Minuten versah den Artikel nachträglich mit einem Transparenzhinweis: «In einer ersten Version dieses Artikels war ein mit KI bearbeitetes Bild in der Bildstrecke. (…) Nach einem Hinweis haben wir das Bild gelöscht (…).»
Nicht der erste Fall
20 Minuten hat in seinen publizistischen Leitlinien festgehalten, keine fotorealistischen Bilder zu publizieren, die von einer KI erzeugt wurden. Eine Ausnahme bildet lediglich die Illustration von Beiträgen zum Thema KI, wobei die verwendete KI deklariert werden muss.
Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass bei 20 Minuten KI-generierte Inhalte ohne entsprechende Kennzeichnung publiziert wurden. Für Aufsehen sorgte dieser Fall: Im September 2024 hatte das Medium in seiner Jubiläumsausgabe Testimonials von zwei erfundenen Lesern publiziert, deren Porträts mit künstlicher Intelligenz erstellt worden waren. Die Fake-Bilder gingen an 3,26 Millionen Haushalte in der Deutschschweiz (persoenlich.com berichtete). Der Vorfall führte zur Freistellung von zwei Redaktionsmitgliedern.
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10.06.2025 09:48 Uhr