07.03.2020

Weltfrauentag

Männer sind diesmal mitgemeint

«Patientinnen» statt «Patienten» oder «Politikerinnen» statt «Politiker»: Die SonntagsZeitung ist ausnahmsweise im generischen Femininum verfasst. «Falls sich einige Männer darüber ärgern, können wir sie beruhigen: Auch ihr seid diesmal mitgemeint», schreibt die Chefredaktion.

Zum Weltfrauentag am 8. März fällt die SonntagsZeitung mit einer besonderen Aktion auf: Über alle Seiten und Bünde hinweg habe sie das sogenannte generische Femininum benutzt, so die SoZ. Sie schreibe durchgehend von «Patientinnen» statt «Patienten» und von «Politikerinnen» statt «Politikern». Auf der Frontseite der Zeitung heisst es dazu: «Seit jeher sagte man der weiblichen Hälfte der Bevölkerung, dass sie mitgemeint seien, wenn von Ärzten oder Richtern die Rede ist. Heute sagen wir den Männern: Auch ihr seid mitgemeint.»

«Etwas Spezielles und Überraschendes machen»

Das ist aber noch nicht alles: Der ganze Gesellschaftsbund wurde in «Frauentag» umbenannt. Unter anderem werden darin 30 Pionierinnen porträtiert, von denen bisher kaum jemand gehört hat. Zum Beispiel die beiden Frauen, die die Kernspaltung als erste schlüssig erklärten oder die Struktur der DNA entdeckten. Die Nobelpreise für beide Errungenschaften hatten Männer erhalten. Dazu heisst es ebenfalls auf der Frontseite der Zeitung: «Wir verneigen uns am heutigen Tag der Frau vor 30 Pionierinnen, die Grosses leisteten – und das in einer Zeit, in der sie offiziell als Menschen zweiter Klasse galten. Ihr Mut und ihre Unbeugsamkeit sind eine Inspiration – erst recht heute, da die Geschlechter-Debatte zu oft einem Dauer-Lamento gleicht und nicht vom Fleck kommt.»

SonntagsZeitung-Chefredaktor Arthur Rutishauser sagt: «Wir wollten zum Frauentag, der dieses Jahr auf den Sonntag gefallen ist, etwas Spezielles und Überraschendes machen. Ich glaube, das ist uns gelungen.»

«Frauen auch sprachlich sichtbar machen»

Handelt es sich um eine einmalige Aktion oder ändert die SoZ künftig die Schreibweise? «Wir haben uns schon lange für den goldenen Mittelweg entschieden: Wir brauchen abwechselnd das generische Femininum und Maskulinum, schreiben also etwa im gleichen satz von «Ärztinnen und Patienten», erklärt SoZ-Redaktionsleiter Andreas Kunz auf Anfrage. 
Die Aktion zum Weltfrauentag sei ein Gedankenexperiment, das aufzeigen soll, wie sehr Sprache das Denken und damit auch die Realität bestimmt. Und: «Wie wichtig es ist, dass Frauen auch sprachlich sichtbar sind.» 

Das Konzept und die Umsetzung stammen von Tamedia-Gesellschaftschefin Bettina Weber. (eh)

 



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