05.03.2021

SRF

«Ohne Risiken einzugehen, gewinnt man nichts»

Nach 17 Jahren bei Radio SRF ist Schluss: Nicoletta Cimmino, Moderatorin der Sendung «Echo der Zeit», macht sich selbstständig. Ein Gespräch über eine schöne Art, Geld zu verdienen – und den Sprung ins türkisblaue Wasser.
SRF: «Ohne Risiken einzugehen, gewinnt man nichts»
«Ich durfte in einem engagierten Team arbeiten mit klugen Menschen», so Nicoletta Cimmino, Moderatorin der SRF-Radiosendung «Echo der Zeit». (Bild: Ella Mettler)

Frau Cimmino, die Ankündigung Ihres Abgangs bei Radio SRF hat am Freitag in den sozialen Medien grosses Bedauern ausgelöst. Ehrt Sie das?
Es freut und berührt mich, das ist ja klar. Es wäre traurig, wenn jetzt alle erleichtert aufatmen würden. Aber ich bin noch gar nicht wirklich dazu gekommen, alle Meldungen zu lesen, weil ich die Sendung moderiere und mich gerade auf ein Gespräch über den Nordirland-Konflikt vorbereite.

Sie scheinen beliebt zu sein, das zeigte auch die Branchenauszeichnung zur «Journalistin des Jahres» 2019. Was ist Ihr Rezept?
Hoffentlich war meine Arbeit ausschlaggebend für den Preis. Ein Rezept für Beliebtheit wäre wohl, wenn man nie unbequem ist, nie laut wird – und nie ungeduldig ist. So sehe ich mich nicht, also kann ich Ihre Frage nur schwer beantworten.

«Im Rückblick waren beide Orte wichtig für meine berufliche Laufbahn»

Vor 17 Jahren starteten Sie bei Radio SRF. Zuvor waren Sie bei Radio 24. War damals der Wechsel kein Schock?
Nein. Es war aufregend. Und ich konnte den Unterschied einordnen. Bei Radio 24 hatten wir viel Freiheit, wir waren die «junge Wilden». Wir trugen viel Verantwortung auf wenigen Schultern. Bei Radio SRF war das anders, da waren die Leitlinien enger gesetzt, dafür hatte es viele erfahrene Journalistinnen und Journalisten, von denen ich lernen konnte. Im Rückblick waren beide Orte wichtig für meine berufliche Laufbahn.

Sie haben nun während fünf Jahren «Echo der Zeit» geprägt. Was machte den Reiz daran aus, diese Flagschiff-Sendung zu moderieren?
Ich durfte in einem engagierten Team arbeiten mit klugen Menschen. Und ich durfte quasi die «Früchte» dieser Arbeit auf dem Sender verkaufen. Das ist eine schöne Art, Geld zu verdienen. Jeden Tag etwas von jemandem zu lernen, und dafür bezahlt zu werden.

Und nun machen Sie sich selbstständig. «Hartes Brot», schrieb David Sieber, der ehemalige «Schweizer Journalist»-Chefredaktor auf Twitter. Mögen Sie hartes Brot?
Ich habe gute Zähne. Ohne Risiken einzugehen, gewinnt man nichts. Ich bin 47 Jahre alt, habe viel Erfahrung und ein Netzwerk. Ich könnte jetzt noch ein paar Jahre am Ufer stehen und das türkisblaue Wasser anschauen, das vor meinen Füssen liegt. Oder aber ich springe und beginne zu schwimmen.

Es ist mutig, gerade jetzt den Sprung ins Wasser – oder eben in die Selbstständigkeit – zu wagen. Warum haben Sie diesen Zeitpunkt gewählt?
Vielleicht ist es wie mit allen wichtigen Entscheidungen im Leben: Es gibt immer viele Gründe, noch zu warten. Oder etwas nicht zu machen. Für mich ist es jetzt Zeit.

«Ich erzähle fürs Leben gern Geschichten»

Sie gründen laut SRF-Mitteilung ein eigenes Unternehmen, wollen als Autorin arbeiten, Podcasts anbieten und Anlässe moderieren. Hört sich etwas nach einem Gemischtwarenladen an …
Ich erzähle fürs Leben gern Geschichten und werde das künftig mit allen Werkzeugen machen können, die ich zur Verfügung habe: Meiner Schreibe, meiner Stimme, meiner Präsenz. Schreiben und Reden, das wird mein Geschäft.

An wen möchten Sie Ihre Podcast-Angebote richten?
An Institutionen und Unternehmen. Und dann habe ich Projekte, die ich persönlich verwirklichen will.

Ist der Markt an Podcast-Produzentinnen und -Produzenten nicht bereits übersättigt?
Nein, da gibt es viel Potenzial.

Ende Mai ist Schluss bei SRF. Eine grosse Abschiedsparty wird wohl wegen Corona kaum drinliegen. Haben Sie schon einen Plan?
Am 1. Juni werde ich am Morgen aufstehen und mich an die Arbeit machen.

Was werden Sie von SRF in Ihrem Rucksack mitnehmen?
Viele wunderbare Jahre, in denen ich jeden Tag etwas gelernt habe.


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