09.01.2019

Presseförderung

Pietro Supino fordert 120 Millionen Franken

Es sei «höchste Zeit und wirklich wichtig», dass die Schweizer Medienbranche bei einer gemeinsamen Login-Allianz vorwärts macht, sagte der Verlegerpräsident zum Auftakt der Dreikönigstagung. Er forderte zudem eine starke Erhöhung der indirekten Presseförderung.
Presseförderung: Pietro Supino fordert 120 Millionen Franken
«Wir stehen am Anfang einer spannenden Lernkurve»: Verlegerpräsident Pietro Supino am Mittwochmorgen im Aura in Zürich. (Bild: Keystone/Gaetan Bally)
von Michèle Widmer

Zum Jahresanfang trafen sich die Verleger am Mittwoch traditionsgemäss an der Dreikönigstagung zur Standortsbestimmung und zum Austausch. Bereits zum dritten Mal begrüsste Pietro Supino als Präsident des Verbands Schweizer Medien die Mitglieder und Gäste in Zürich.

Zu Beginn seiner Neujahrsrede schlug der Verbandspräsident und Tamedia-Verleger positive, motivierende Töne an. Die Verleger hätten im letzten Jahr konsequent in die Weiterentwicklung und Digitalisierung des savoir faire investiert. In den letzten Jahren sei das technologische Know-how und die digitale Kompetenz auf den Redaktionen und in den Verlagen ausgebaut worden. Nicht wenige Kolleginnen und Kollegen hätten Programmieren und den Umgang mit Datenbanken erlernt. Mit diesem Rüstzeug und in Zusammenarbeit mit neu dazugewonnen Spezialisten werde Datenjournalismus und digitales Abomarketing betrieben. «Wir stehen aber immer noch am Anfang einer spannenden Lernkurve», fügte er am Mittwochmorgen im Aura an.

Die nächste wichtige Entwicklung werde ein noch besseres Verständnis über den Umgang mit den Daten sein, die die Medienhäuser über die Nutzer hätten. Durch Personalisierung könne man die Angebote verbessern. Allerdings würden die Verleger mit der Personalisierung auch eine grosse Verantwortung tragen.

Konkrete Fortschritte bei Login Allianz gefordert

Dass die Verleger grosse Teile ihrer Inhalte zu Beginn des Internetzeitalters zur freien und anonymen Nutzung zur Verfügung gestellt haben, bezeichnet Supino als «historischen Fehler». Im Nachhinein sei man ja immer klüger, fügte er an. Klassischer Journalismus lasse sich in der digitalen Welt nicht alleine über Werbung finanzieren.

Dann kam der Verlegerpräsident auf die am Swiss Media Forum lancierte Login Allianz zu sprechen (persoenlich.com berichtete). Damit sollen sich Nutzerinnen und Nutzer in Zukunft registrieren können, wie es bei den marktmächtigen globalen Plattformen üblich ist. «Es ist höchste Zeit und wirklich wichtig, dass die Branche in dieser Frage in den nächsten Monaten konkrete Fortschritte erzielt», sagte Supino.

«Blütezeit für investigativen Journalismus»

Supino bezeichnete die mediale Grundversorung in seiner Ansprache als «so reichhaltig wie noch nie». Der investigative Journalismus erlebe eine Blütezeit. In Anlehnung an den Fall Claas Relotius erinnerte er an die grundlegenden Qualitätsmerkmale des profesionellen journalistischen Handwerks: «Fehlerfreiheit, Wahrheit im Sinne der Vollständigkeit, Transparenz insbesondere über die eigenen Interessen sowie Fairness gegenüber von der Berichterstattung betroffenen Personen und Institutionen».

Damit könnten sich Medienhäuser von propagandistischen Beiträgen und Wahrnehmungsblasen im ausufernden medialen Gesamtangebot unterscheiden. «Ich bin davon überzeugt, dass es langfristig eine Nachfrage nach unabhängigem Qualitätsjournalismus und eine Zahlungsbereitschaft dafür gibt», sagte er dazu.

Nachdem Supino in seiner letztjährigen Ansprache den Fokus ganz der Medienkompetenz widmete, kam er auch dieses Jahr darauf zu sprechen. Die Förderung der Medienkompetenz sie die «wichtigste, nachhaltigste und vornehmste aller denkbaren Formen der Medienförderung», sagt er. In den letzten Monaten hätte der Verband «gezielt dafür lobbyiert». Vorderhand halte sich Enthusiasmus der Politiker aber noch in Grenzen.

In Zusammenarbeit mit der Initative YouNews will der Verband laut Supino eine Plattform für den Austausch zwischen Journalistinnen/Journalisten und Jugendlichen aufbauen. Der Ausgangspunkt sei nicht, dass Jugendliche über eine schlechte oder gar keine Medienkompetenz verfügen - sondern, dass die Medienkompetenz der Jugendlichen neu und anders sei als die der Erwachsenen.

Gefahr der Manipulation

Zum Schluss sprach Supino über das neue Mediengesetz und die medienpolitischen Forderungen des Verbands. Der Verlegerpräsident zeigte sich erstaunt darüber, dass im Mediengesetz, die Gefahr der Manipulation von Bürgerinnen und Bürgern im Internet und im speziellen in den sozialen Medien nicht angesprochen werde. Für ihn ist dies die «einzige einleuchtende Erklärung für die Schaffung eines neuen Gesetzes über elektronische Medien». Im Übrigen könnte die Medienordnung problemlos im Rahmen der Revision bestehender Gesetze modernisiert werden.

Supino foderte die Politik im Weiteren dazu auf, weitergehende Wettbewerbsverzerrungen durch neue gebührenfinanzierte Angebote im nicht-linearen Bereich zu verhindern. Zudem spricht er im Namen der Verleger die indirekte Presseförderung – «den grössten Wunsch fürs 2019» – an. Es sei wichtig, diese von heute jährlich 30 auf 120 Millionen Franken auszubauen.

«Bei aller Dynamik und Faszination für die Digitalisierung sind gedruckte Medien die wichtigste Informationsquelle für die demokratische Meinungsbildung in unserem föderalistischen Land und werden es auf absehbare Zeit bleiben», sagte er.



Newsletter wird abonniert...

Newsletter abonnieren

Wollen Sie Artikel wie diesen in Ihrer Mailbox? Erhalten Sie frühmorgens die relevantesten Branchennews in kompakter Form.

Kommentar wird gesendet...

Kommentare

  • Valentin Steinegger, 14.01.2019 20:41 Uhr
    Ja skandalös! Niemals Geld vom Steuerzahler. Die Herren Verleger haben das Geschäftsmodel Zeitung und Journalismus so mit Werbung, bezahlten Beilagen und Publi-Artikeln verdünnt dass ich dafür nicht mehr zahlen will! Sie haben die elementarste Glaubhaftigkeit verloren mit immer mehr Ramsch und jetzt solls der Bund richten? Nein der Markt soll es regeln! Weg damit! Es ensteht schon Neues. Ich werde für guten Journalismus zahlen. Aber nicht für die aktuelle Werbe und Fake-News Schwemme. Die Herren haben das Produkt kapputgeritten. Es ist nichts mehr wert und soll nicht gerettet werden.
  • Reto Vogt, 09.01.2019 17:45 Uhr
    «Bei aller Dynamik und Faszination für die Digitalisierung sind gedruckte Medien die wichtigste Informationsquelle für die demokratische Meinungsbildung in unserem föderalistischen Land und werden es auf absehbare Zeit bleiben» He Pietro, die 90er haben angerufen und wollen ihr Zitat zurück!
  • Victor Brunner, 09.01.2019 13:50 Uhr
    Supino: Es sei wichtig, diese von heute jährlich 30 auf 120 Millionen Franken auszubauen. Für was? Die Medienlandschaft wird immer mehr eingedampft, die sogenannte 4. Gewalt ist heute ein Konstrukt in der Hand von 4 Medienhäusern, Deutschschweiz, Zeitungstittel sind nur noch Handelsware, BAZ, Tagblatt der Stadt Zürich! Der sogenannte investigative Journalismus ist eine monatliche Erscheinung und grenzüberschreitend mit anderen Zeitungstiteln. Artikel kann ich fast gleichzeitig in 3 Zeitungen des TA lesen, TA, Sonntagszeitungen, Regionalzeitungen! Und nun soll ich als Steuerzahler diese fatale Entwicklung noch mitfinanzieren. Erinnert mich an unsere Landwirtschaft!
  • Robert Weingart , 09.01.2019 10:59 Uhr
    Skandalös! Für was das Geld, Herr Supino? Um die Taschen der Stakeholder noch mehr zu füllen?
Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240424

Die Branchennews täglich erhalten!

Jetzt Newsletter abonnieren.