15.07.2002

Affäre Borer-Ringier

Presseschau

Nach Entschuldigung muss Ringier weiter handeln.

Nach der Einigung des Verlegers Michael Ringier mit Ex-Botschafter Thomas Borer und dessen Frau Shawne Fielding erwarten die Kommentatoren in den Schweizer Zeitungen von Ringier weiteres Handeln. Im Zugzwang steht auch Bundesrat Joseph Deiss.

Für den Tages-Anzeiger ist die Borer-Affäre der Höhepunkt eines seichten, "in die Irre geleiteten Journalismus". Journalisten überliessen die harte Knochenarbeit zusehends dem Nachwuchs und den Nachrichtenagenturen nach dem Motto: "Wer recherchiert, ist meinungsschwach". Die Affäre habe solch grosse Dimensionen angenommen, dass Ringier habe reagieren müssen, analysiert die Westschweizer Zeitung La Liberté. Die Südostschweiz wertet die "Entschuldigungsaktion" des Ringier-Verlags als "Befreiungsschlag, mit dem Ringier das Heft wieder in die Hand nimmt". "Die Empörung über SonntagsBlick und Blick dürfte noch länger nachwirken", schreibt die NZZ. Ringier habe zwar handwerkliche Fehler eingeräumt, aber nicht gesagt, der Artikel sei grundsätzlich deplatziert gewesen.

Die Westschweizer Zeitungen Express»und Impartial sehen Borer gestärkt aus der Affäre hervorgehen. Der Ball liege nun in Bern. Für Aussenminister Joseph Deiss sei die Sache noch nicht ausgestanden. Auch laut der Neuen Luzerner Zeitung steht Deiss in der Pflicht. Er müsse nun über die wahren Gründe von Borers Abberufung informieren. Für die Tageszeitung La regione Ticino hat nicht nur das Haus Ringier einen Schuh voll rausgezogen, sondern auch der Aussenminister. "Wer jetzt im Regen steht, ist Bundesrat Joseph Deiss", schreibt auch die Berner Zeitung. Dieser müsse nun alles vorlegen, was zwischen Bern und Berlin vorgefallen sei, oder sich entschuldigen. Ringiers Entschuldigung rühmt sie mit den Worten: "Hut ab!"

Im Gegensatz dazu zeigt sich die Basler Zeitung eher irritiert: Ringier habe mit seinen Beteuerungen wieder vor allem eines versucht: Schlagzeilen zu machen. Für das St. Galler Tagblatt bleiben Blick-Chefredaktor Jürg Lehmann, der die Geschichte weiterverfolgt hat, und der leitende Publizist Frank A. Meyer unter Druck. Blick-Chefredaktor Jürg Lehmann gesteht in der Montagsausgabe denn auch ein, die "Story Bohrer/Rowe" fehleingeschätzt zu haben. "Ich ging davon aus, dass die Quellenlage des 'SonntagsBlicks' wasserdicht war." Zudem entschuldigte er sich bei Thomas Borer für Falschaussagen, die er ihm unterstellt hatte.



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