11.11.2018

Neue SRF-Chefin

Wappler will weg vom Meinungsjournalismus

Im Interview mit der «NZZ am Sonntag» skizziert Nathalie Wappler erste Pläne. Der Sender soll vermehrt auf Kultur setzen, mit den privaten Medien kooperieren und ausschliesslich informieren statt polarisieren. Zudem werde sie unpopuläre Personalentscheide fällen müssen, sagt sie.
Neue SRF-Chefin: Wappler will weg vom Meinungsjournalismus
Sie möchte die Kulturberichterstattung weder dem Clickbaiting noch dem Quotendruck aussetzen, sagt die neue SRF-Chefin Nathalie Wappler in der NZZaS. (Bild: SRF/Mirco Rederlechner)

Die Sender des Schweizer Radio und Fernsehens SRF sollen künftig auf Meinungsjournalismus verzichten. Nachrichtenbeiträge sollen bloss noch abbilden, nicht mehr bewerten, sagt die designierte SRF-Direktorin Nathalie Wappler im Interview mit der «NZZ am Sonntag» (Artikel kostenpflichtig). Der SRG-Verwaltungsrat hatte die 50-Jährige am Montag einstimmig zur Nachfolgerin von Ruedi Matter gewählt (persoenlich.com berichtete).

Auf Meinungsjournalismus verzichten

«Wir müssen ein Programm machen, das informiert, aber nicht polarisiert. Wir müssen keinen Meinungsjournalismus machen», hält die 50-Jährige, die im Frühjahr 2019 ihre Stelle bei SRF antritt, fest. Wappler, die derzeit Programmdirektorin des Mitteldeutschen Rundfunks in Halle ist, will in der Schweiz nach der heftig umkämpften «No Billag»-Abstimmung den Service public neu justieren.

Das Abstimmungsergebnis der «No Billag»-Initiative habe zum Ausdruck gebracht, dass sich SRF verändern müsse, um das Vertrauen der Befürworter zurückzugewinnen. «Wenn wir in einem Beitrag einen Politiker zu Wort kommen lassen und wenn der Journalist dann den Eindruck erweckt, er wisse es besser, provoziert das einen Vertrauensverlust.» Journalisten müssten sich am Riemen reissen, dass sie sich nicht einfach Klischees des Typs «SVP gleich Stumpenraucher» bedienen würden. Der Sender war wiederholt von Politikern aus der stärksten Schweizer Partei kritisiert worden.

Die Unterhaltung des Service public dürfe auf keinen Fall menschenverachtend oder voyeuristisch sein. Und in der Information solle nicht skandalisiert werden. «Ich will auch künftig keine reisserischen Titel, damit es möglichst viele Clicks gibt», sagte die langjährige TV-Redaktorin und frühere SRF-Kulturchefin. Der Recherche will sie mehr Platz geben.

Ideen für Zusammenarbeit mit Privaten

Wappler kündigte weiter an, künftig mit privaten Medien und Verlegern zusammenarbeiten zu wollen. Ihr schweben gemeinsame Journalistenpools in den Regionen vor, über die kleine Redaktionen das Know-how von SRF anzapfen dürften. «Die BBC hat mit Regionalmedien ein Netzwerk von Lokaljournalisten erstellt, auf das kleinere Redaktionen zurückgreifen können. So stärkte sie den Lokaljournalismus.» Solche Modelle könnten auch für die Schweiz interessant sein.

SRF und die privaten Medien hätten ein gemeinsames Problem: Die Werbegelder flössen je länger je mehr nur noch zu den grossen US-Konzernen. «Wir müssen uns überlegen, wie wir die Gelder in der Schweiz behalten können, damit es weiterhin Medien wie die NZZ gibt», sagt Wappler im Interview.

Mehr Serien produzieren

Stärken will die neue SRF-Chefin die Kultur, sie werde diese keinem Quotenausdruck aussetzen. «Unsere Beiträge müssen auf Youtube nicht 16 Millionen Mal angeschaut werden. Vielmehr möchte ich eine Methode finden, mit der man Relevanz messen kann.» Kulturbeiträge würden oft über die Zeit eine respektable Reichweite erhalten. Kultur vermittle Werte und sei wichtig für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Künftig will die neue Direktorin etwa mehr Serien wie «Wilder» oder «Seitentriebe» produzieren. Wichtig sei ihr dabei, dass die Autoren gut bezahlt würden.

Da die SRG ab 2019 jährlich 100 Millionen Franken einsparen muss, wird Wappler laut eigenen Angaben bei SRF voraussichtlich 47 Stellen abbauen müssen. Wo sie den Hebel konkret ansetzen will, dazu äussert sie sich im Interview nicht. «Ich werde Entscheide treffen müssen, die nicht allen gefallen.» (sda/as)



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Kommentare

  • Christoph Glauser, 14.11.2018 10:56 Uhr
    Liebe Frau Wappler ich wünsche Ihnen alle Gute bei Ihrer Aufgabe. Die Methode, mit der man Relevanz messen kann, gibt es bereits und sogar einmalig aus der Schweiz heraus entwickelt. www.ArgYou.com
  • Hans-Peter Graf, 12.11.2018 13:16 Uhr
    Da wird die No-Billag-Initiative äusserst klar abgelehnt! Die zukünftige Direktorin sieht darin, dass die Leute sich eine Änderung wünschen...! Einen solchen Quatsch habe schon lange nicht mehr gelesen! Wo dominiert bei „Echo der Zeit“ oder bei der Tagesschau der Meinungsjournalusmus vor?
  • Robert Weingart , 11.11.2018 17:08 Uhr
    Gut möglich, dass nun sich „Egos“ wie Projer und Brotz warm anziehen dürfen. Eigentlich gut, dass mehr Sachlichkeit einziehen soll.
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