Die Allianz pro Medienvielfalt hat kein Verständnis für die Absicht des Bundesrates, die Haushaltsabgabe für die SRG zu senken. Angesichts der «dramatischen Entwicklung auf dem Medienplatz» sei es umso wichtiger, den Service public zu stärken.
Dass der Bundesrat die SRG-Halbierungsinitiative ablehne, hätten sie «erfreut» zur Kenntnis genommen, teilte die Allianz, die sich bereits vor rund zwei Jahren zum Kampf gegen die Initiative zusammengeschlossen hatte, am Mittwoch mit. Hingegen sei es «kurzsichtig», das öffentliche Medienhaus in einer Zeit, die von Desinformation und Fake-News geprägt ist, substanziell zu schwächen, wird Co-Präsident und alt Ständerat Joachim Eder (FDP/ZG) in der Mitteilung zitiert.
Die Allianz, der laut eigenen Angaben rund 2500 Mitglieder angehören, betonte, wie schlecht es finanziell um die privaten Medien stehe. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an den am Mittwoch angekündigten Abbau bei CH Media von 150 Stellen (persoenlich.com berichtete). Auch Tamedia baue 48 Stellen ab. Und während der Konzern dem Journalismus immer mehr Mittel entziehe, habe er seit dem Börsengang im Jahr 2000 rund 1000 Millionen Franken an Dividenden ausgeschüttet.
Angesichts dieser Entwicklung müsse der Service public der SRG gestärkt werden. Die SRG sei nicht schuld daran, dass pro Jahr zwei Milliarden Werbefranken aus der Schweiz zu Google und Meta abflössen. Dadurch, dass die SRG erneut geschwächt werde, werde es den privaten Medien nicht besser gehen, hiess es weiter.
Ausserdem habe die SRG bereits vor drei Jahren ein Sparpaket von über 100 Millionen Franken umsetzen müssen. Und bereits heute bezahlten die meisten Haushalte im Vergleich zu 2017 rund 25 Prozent weniger Gebühren.
Dem VSM greifen SRG-Gebührensenkungen zu kurz
Dem Verlegerverband Schweizer Medien greift die Senkung der SRG-Gebühren zu kurz. Vielmehr sei eine rasche Neudefinition des Auftrages der SRG erforderlich, hiess es vom Verband.
Die Digitalisierung und die Verschmelzung der herkömmlichen Medienkategorien hätten den Medienmarkt neu gestaltet, teilte der Verlegerverband am Mittwoch mit. Insbesondere der starke Ausbau der Onlineaktivitäten der SRG konkurriere mit den Angeboten privater Medien.
Der Verband plädiert dafür, die Onlineaktivitäten der SRG zu begrenzen. Die Verlängerung der bisherigen Konzession bis 2028 verlangsame diesen Schritt. Eine Kürzung der Gebühren allein sei nicht zielführend.
Ausserdem fordert der Verband, dass die Gebührenanteile für private Radio- und TV-Stationen erhöht werden, um die regionale Informationsversorgung massgeblich zu stärken.
«Kuhhandel, um Stimmbürger zu gewinnen»
Hans-Ulrich Bigler, Co-Präsident des Initiativkomitees «200 Franken sind genug», sieht dies vollkommen anders. Für ihn ist der bundesrätliche Vorschlag zur Senkung der SRG-Gebühren lediglich «ein Kuhhandel, um Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu gewinnen». Ausserdem sei der Umsatz für die Befreiung von der Steuer für die KMU viel zu tief angelegt. Denn auch bei einer Grenze von 1,2 Millionen Franken müssten viele kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) nach wie vor doppelt Steuern bezahlen, privat und für die Firma, sagte der frühere Gewerbeverbandsdirektor am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Er finde deswegen, dass die Initiative trotz der Vorschläge des Bundesrates vors Volk gebracht werden müsse. Denn 200 Franken seien genug. Die SRG müsse ihren Kernauftrag erfüllen und der müsse politisch definiert werden und nicht vom Unternehmen selber. Ausserdem seien die Einnahmen der SRG durch das Bevölkerungswachstum in den letzten Jahren stetig gestiegen.
Das Argument des Nein-Komitees, dass es in Zeiten von Desinformation und Fake-News eine starke SRG brauche, lässt Bigler nicht gelten. Man überhöhe die Bedeutung der SRG, wenn man meine, sie würde besser gewichten, nur weil sie mehr Geld zur Verfügung habe. Auch das Argument der Initiativ-Gegner, dass es den privaten Medien finanziell schlecht gehe, zeige nur die «staatstreue Haltung der Allianz». Denn die SRG müsse dank der Steuereinnahmen nicht auf Effizienz bedacht sein.
«Das ist Gift für unsere Demokratie»
Die Mediengewerkschaften SSM und Syndicom haben den Vorschlag des Bundesrates zur Senkung der SRG-Gebühren als «willkürlich» kritisiert. Dieser treffe nicht nur die SRG, sondern auch die privaten Medienunternehmen und gefährde die Qualität des Service public «akut».
Denn betroffen von den Kürzungen in Höhe von 150 bis 200 Millionen Franken wären nicht nur die SRG, sondern auch das schweizerische Film- und Musikschaffen, die gesamte Kulturbranche sowie die konzessionierten privaten Radio- und Fernsehstationen mit Leistungsauftrag, teilten die Gewerkschaften am Mittwoch mit.
Medienminister Albert Rösti treibe mit dem Entscheid «die Erosion der Medienvielfalt und der Qualität in der Schweizer Medienlandschaft weiter voran». Gleichzeitig würde es damit zu einem «weiteren massiven Stellenabbau» und einer Schwächung des gesamten Medienplatzes Schweiz kommen.
Der Gegenvorschlag hätte damit die gleiche Wirkung wie eine Annahme der Halbierungsinitiative, hiess es weiter. Er schwäche «grundlos und ohne Not den medialen Service public». «Das ist Gift für unsere Demokratie», wird Syndicom-Vizepräsidentin Stephanie Vonarburg in der Mitteilung zitiert.
Denn der Entscheid erhöhe die Gefahr, dass die Schweizer Bevölkerung «immer schlechter mit verlässlichem, kritischem und unabhängigem Journalismus versorgt» werde. Die Gewerkschaften wollten sich deshalb «mit aller Kraft» gegen diesen Abbau wehren. (sda/wid/cbe)