27.04.2017

Republik

«Weltrekord für journalistisches Crowdfunding gebrochen»

Das Schweizer Medienprojekt hat einen erfolgreichen Spendenaufruf erlebt. Am ersten Crowdfunding-Tag waren die benötigten 750’000 Franken sowie 3000 Abonnenten beisammen. Gelder und Zahl der Mitglieder sind seither nochmals stark angestiegen. Co-Gründer Christof Moser sagt, wer die Spender sind und wie die Gelder eingesetzt werden.
Republik: «Weltrekord für journalistisches Crowdfunding gebrochen»
Christof Moser, Co-Gründer von «Republik»: «Wir stellen statt zehn jetzt elf journalistische Köpfe ein.» (Bilder: republik.ch)
von Christian Beck

Herr Moser, knapp acht Stunden nach dem Start des Crowdfundings stand fest: «Republik» kann an den Start (persoenlich.com berichtete). Was bedeutet dieser grosse Zuspruch für Ihr Team?
Wir freuen uns enorm über diesen Zuspruch und bedanken uns herzlich bei allen unseren Unterstützerinnen und Unterstützern! Und es läuft weiter: Am Donnerstag, am Tag zwei des Crowdfundings, haben wir den bisherigen Weltrekord für ein journalistisches Crowdfunding gebrochen, das 2014 die Kollegen von «De Correspondent» in Holland aufgestellt haben. Das Publikum gibt uns mit diesem unglaublichen Erfolg ein starkes Mandat dafür, das Mediensystem auch wirklich entscheidend zu verändern. Dafür sind wir angetreten, daran arbeiten wir. Das Crowdfunding ist der sehr handfeste Beweis, dass viele Menschen mit den heutigen Strategien der Medienkonzerne nicht mehr einverstanden sind.

rothaus

Die Resonanz ist vor allem in der Branche enorm: Gibt es ausser Journalisten und Kommunikationsprofis auch andere Spender?
Auf der «Republik»-Website sind bereits über 2000 Unterstützungs-Testimonials zu finden. Wer sich durch die vielen Gesichter durchklickt, sieht die Breite der Unterstützung: von der Richterin in Schaffhausen bis zum Bauarbeiter aus Bern ist alles dabei. Dass uns auch viele Journalistinnen und Kommunikationsfachleute unterstützen, freut uns ebenso: sie sind diejenigen, die über den Niedergang des Journalismus in den grossen Verlagen am besten Bescheid wissen. Es gibt viele grossartige Journalisten da draussen, die wegen verfehlten Verlagsstrategien ihren Job nicht mehr gut machen können.

Haben alle gleich viel gespendet – also 240 Franken – oder gab es auch grosse Beiträge?
Der durchschnittliche Unterstützungsbeitrag für die Mitgliedschaft und das Abonnement liegt bei 257 Franken. Die reinen Spenden summieren sich auf rund 12’000 Franken. Einen genauen Überblick haben wir noch nicht.

Gibt es auch Spenden vom rechten politischen Spektrum?
Wir machen keine Gesinnungsprüfung für unsere Mitglieder. Alle, die wie wir überzeugt sind, dass unabhängiger Journalismus für eine demokratische und freiheitliche Gesellschaft enorm wichtig ist, sind herzlich willkommen, mit uns das Mediensystem zu verändern.

Alle, die Sie unterstützt haben, sind nun auch Verleger. Reden da nicht zu viele im Tagesgeschäft mit?
Wir haben lange an einem Modell gearbeitet, das die Leserinnen und Leser zu unseren Verlegerinnen und Verlegern macht. Sie sind via Genossenschaft Mitbesitzer der «Republik». An der detaillierten Konzeption des Dialogs mit dem Publikum arbeiten wir und können uns dabei an Vorbildern wie «De Correspondent» orientieren. «De Correspondent», aber zum Beispiel auch «Aftenposten» in Norwegen, beweisen, dass leserzentrierter Journalismus ein Erfolgsmodell ist. Im Gegensatz zu bestehenden Medien maximieren sie nicht Reichweite, sondern Vertrauen.

Was machen Sie nun mit dem vielen Geld, wie wird es investiert?
Die Pläne für das digitale Magazin, das 2018 an den Start geht, haben wir vor dem Crowdfunding ausführlich dargelegt. Das Ziel ist und bleibt, dass das Magazin innerhalb von fünf Jahren selbsttragend funktionieren kann. Dafür brauchen wir 22’000 zahlende Abonnentinnen und Abonnenten. Die grössten Kosten werden für das Personal anfallen, und da vor allem für die Redaktion. Wir investieren in Köpfe, die für unser Publikum guten Journalismus machen werden.

Mittlerweile sind sowohl Spendengelder – über zwei Millionen Franken – als auch Mitglieder stark angewachsen (hier geht es zum aktuellen Stand). Sie stellen nun zusätzliches Personal ein.
Der grosse Erfolg ermöglicht uns zum Beispiel, statt wie geplant zwei jetzt vier Ausbildungsplätze für junge Journalistinnen und Journalisten zu schaffen. Zudem stellen wir statt zehn jetzt elf journalistische Köpfe ein. Und wir haben noch weitere mögliche Ausbauziele. Uns geht es darum, die Logik des heutigen Mediensystems zu verändern. Und auf diesem Kurs sind wir jetzt dank unseren Unterstützern mit sehr viel Schwung.

Welches Ziel ist das nächste?
Bei 9000 Unterstützerinnen werden wir unser Budget für aussergewöhnlich grosse Recherchen aufstocken. Und wir haben noch weitere Ziele im Kopf, die wir kommunizieren, sobald es soweit ist.

Wie viel verdienen eigentlich die Mitarbeiter im Monat?
Wir zahlen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den gleichen Lohn. Es ist kein Spitzenlohn, aber ein guter Lohn für gute Handwerkerinnen.

bern

Die Unterstützung ist riesig, alle warten auf den Start von «Republik». Wie gehen Sie mit dieser grossen Erwartungshaltung um?
Wir arbeiten.

Die Spender kauften aber die Katze im Sack. Was für Artikel sind zu erwarten?
Was die Leserinnen und Leser erwarten können, kommunizieren wir auf der Crowdfunding-Seite ebenfalls ausführlich. Der Job der «Republik» wird alles sein, was lärmig, unklar oder verwickelt ist. Wir werden uns auf die grossen Fragen und Debatten konzentrieren und liefern dem Publikum das Konzentrat oder das Panorama zu einem Thema. Und wir freuen uns enorm darauf, das Publikum bald mit gutem Journalismus zu begeistern.



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Kommentare

  • Sandra Matteotti, 27.04.2017 19:30 Uhr
    Ein Projekt, das bislang alles richtig machte. Das Marketing war topp. Das Angebot scheint den Nerv der Zeit zu treffen. Es ist eine wunderbare Sache für Journalisten mit ernstem Anspruch an ihre Profession. Ich bin gespannt, wie es weitergeht, Ich gratuliere zu diesem Erfolg bislang. Ich hoffe sehr, dass am Schluss das rauskommt, was versprochen und gehofft wird. Aktuell ist es ja noch ein Hype - auf Versprechen begründet. Der Beweis steht aus. Das stösst wohl an einigen Orten sauer auf. Damit muss man aber realistischerweise rechnen.
  • SaoiAebi, 27.04.2017 18:50 Uhr
    Bin auch sehr gespannt. Ist ja immer begrüssenswert, wenn Menschen etwas Neues ausprobieren und kreativ werden. Bin mir sicher, dass wir noch mehr ähnliche (Crowdfunding-)Projekte in den nächsten Jahren sehen werden.
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