03.09.2020

Serie zum Coronavirus

«Wir haben mehr Platz für mehr Geschichten»

Folge 113: Tagi-Co-Chefredaktorin Priska Amstutz über Simonetta Sommaruga, das Sparen und ihre beste Story.
Serie zum Coronavirus: «Wir haben mehr Platz für mehr Geschichten»
«Das eigene Publizieren kommt leider zur Zeit etwas kurz»: Priska Amstutz, Co-Chefredaktorin des Tages-Anzeigers, über ihre Erfahrungen in der Corona-Krise. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Frau Amstutz, der Züritipp erscheint in einem neuen Kleid. Wie schwierig ist es, eine Ausgehmagazin in Zeiten, in denen wenig passiert, zu füllen?
Einerseits ist der Züritipp nicht nur ein Ausgehmagazin, sondern thematisiert auch andere Bereiche des Stadtlebens: Freizeit- und Kulturtipps, interessante Persönlichkeiten, Gastroempfehlungen. Andererseits erscheint der Züritipp auch deswegen momentan nur alle zwei Wochen.

Der Relaunch wurde um ein halbes Jahr verschoben. War daran nur Corona schuld?
Ja, wir waren in der Planung für das ursprüngliche Relaunchdatum am 9. April weit fortgeschritten. Am 15. März, während die Medienkonferenz des Bundesrates lief, haben wir in Absprache mit der Geschäftsleitung entschieden, das Projekt zu verschieben. Ein Magazin, dass sich dem Lebensgefühl und dem Kulturleben einer Stadt widmet mitten im Shutdown zu relaunchen, erschien uns sehr deplatziert. Wir haben stattdessen den «alten» Züritipp zum «Züri Zuhause Tipp» umkonzipiert und einen Newsletter lanciert, der bei unseren Leserinnen und Lesern auf grosses Interesse stösst.

Was ist jetzt neu beim Züritipp?
Wir haben mehr Platz für mehr Geschichten: Bis anhin gab es eine zweiseitige Titelgeschichte, neu wird diese grosszügig bebildert und hat einen grösseren Seitenumfang. In weiteren Artikeln und Gefässen wie «Die Liste» oder «Der Kopf» können wir mehr redaktionelle Empfehlungen platzieren. Michèle Roten hat eine Ratgeber-Kolumne zur Lebensart in Zürich. Die Agenda ist übersichtlicher, aber die augenfälligste Neuerung ist sicherlich der frische, dynamische Look von Art Directorin Moira Jurt und Editorial Designer Bobi Bazooka.

Werden Sie irgendwann wieder wöchentlich erscheinen?
Wir hoffen es.

Wie fest ist die Veranstaltungsbranche von der ganzen Pandemie betroffen?
Sehr stark, und an Veranstaltungen hängen ja noch viele weitere Zulieferer. Das Schicksal der Branche und der vielen einzelnen Menschen beschäftigt uns. 

Welche Erfahrungen haben Sie mit den Musikern, Schauspielern und Veranstaltern gemacht?
Ich habe von mehreren Künstlerinnen und Künstlern gehört, die ihre artistische Karriere zumindest vorerst auf Eis legen und wenn möglich auf einen anderen Beruf ausweichen. Auch dass viele Kulturschaffende aus dem Ausland nicht anreisen können oder möchten, beeinträchtigt die Planung von kulturellen Anlässen. Kleinere Veranstalter haben Mühe mit dem Ticketing - Billette umbuchen, rückerstatten - was viele Ressourcen frisst, die sie eigentlich gar nicht haben. Beeindruckend ist aber die Kreativität und oft auch Zuversicht, mit denen an vielen Stellen mit den neuen Herausforderungen umgegangen wird. 

Auf dem Titel der ersten Ausgabe ist der Werber Lukas Frei. Was gab dafür den Ausschlag?
Er ist einer der Protagonisten unserer ersten Titelgeschichte, die sich mit Zürcher Macherinnen und Machern beschäftigt, die gerade jetzt einen Neuanfang wagen - teilweise wegen Corona, teilweise trotzdem. Solche Menschen prägen das Geschehen der Stadt und sollen im neuen Züritipp vorkommen. Inhaltlich und visuell war das Porträt von Lukas Frei, der sich für die Gründung seines Unterwäschelabels von der Werbung verabschiedet hat, sehr passend. 

2020 ist für Sie ein wichtiges Jahr, Sie sind neu auch Co-Chefredaktorin des Tages-Anzeigers. Wie hat sich dadurch Ihr Leben verändert?
Beruflich bin ich mit noch mehr Menschen in Kontakt, deren Hingabe zum Qualitätsjournalismus und zum Tages-Anzeiger mich freut und inspiriert. Die Themen, die meine Lieblingsstadt Zürich bewegen, sind noch stärker in meinem Fokus. Persönlich hat mich sehr gefreut, dass ich so spannende Frauen wie Simonetta Sommaruga und Corinne Mauch treffen konnte.

Nun hat die Tamedia vergangene Woche massive Einsparungen verkündet. Wie fest beeinträchtigt dieser Druck Ihre Tätigkeit?
Wir treten trotz Kostendruck jeden Morgen mit einer starken und motivierten Redaktion an und bringen täglich einen Tagi heraus, der den hohen Ansprüchen unserer Leserschaft gerecht wird. Das sicherzustellen, beschäftigt Co-Chefredaktor Mario Stäuble und mich natürlich.

Was war für Sie prägendste Erfahrung der letzten Monate?
Zu merken, wie viel parallel stattfinden kann, wenn es nicht anders geht: eine neue Stelle antreten, ein Team ins Home Office zügeln und von dort aus führen, trotzdem kreative Lösungen umsetzen, gleichzeitig die Kinder im Homeschooling betreuen und gesund bleiben.

Welches war Ihre beste Story der letzten Zeit?
Das eigene Publizieren kommt leider zur Zeit etwas kurz. Die persönlichen Editorials des Züritipp-Newsletters waren aber vermutlich meine wichtigsten «Storys», weil sie gezeigt haben, wo wir mit dem Stadtmagazin hinwollen.



Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier.

 



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240420