05.06.2020

Serie zum Coronavirus

«Wir leben von zeitlosen Geschichten»

Folge 59: Christian Imhof hat vor einem Jahr das Onlinemagazin Qultur gegründet. Kommt jetzt Geburtstagslaune auf?
Serie zum Coronavirus: «Wir leben von zeitlosen Geschichten»
Hat den ersten Geburtstag seines Onlinemagazins Qultur gefeiert: Christian Imhof. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Imhof, Sie haben vor einem Jahr das das Onlinemagazin Qultur gegründet (persoenlich.com berichtete). Wie feierten Sie den ersten Geburtstag?
Ich war nach langer Zeit mal wieder gemeinsam mit meiner Frau Corina bei meinen Eltern in Jenaz zu Besuch und habe die Seele ein wenig baumeln lassen. Es war ja am Pfingstmontag, von dem her waren alle sehr entspannt und haben das herrliche Wetter genossen.

Hat Ihnen Corona die Geburtstagsfreude ein bisschen vermasselt?
Ursprünglich wäre ein zweiter «Tag der Qultur» geplant gewesen, wie ich ihn zum Start des Magazins im letzten Jahr in Chur zelebriert habe. Doch relativ schnell wurde mir klar, dass die Geburtstagsparty in diesem Jahr wohl eher im kleinen Rahmen und nicht mit Pauken und Trompeten über die Bühne gehen würde. Die Freude am Geburtstag haben wir uns von der Pandemie nicht wirklich nehmen lassen, denn wir haben im vergangenen Jahr sehr viel Herzblut und Leidenschaft in das Magazin gesteckt. Unser Engagement hat sich gelohnt, was die motivierenden Komplimente der Leserschaft, die immer noch eintrudeln, zeigen. Mir kommt es fast ein wenig so vor, als würde die Geburtstagsparty anstatt bloss einen Tag gleich eine ganze Woche andauern. 

«Anfangs war ich ehrlich gesagt mit der Situation ein wenig überfordert»

Die Kultur war ja selber zwei Monate im Lockdown. Wie haben Sie dies erlebt?
Anfangs war ich ehrlich gesagt mit der Situation ein wenig überfordert. Doch dann hatten wir gleich zwei Mal das Glück, bei Geschichten dabei sein zu dürften, welche sonst wohl nicht entstanden wären. Zuerst hat Qultur gemeinsam mit Heiligkreuzer Seifen und dem Buchladen Bad Ragaz eine grosse Seifenverschenkaktion gestartet, die für Furore gesorgt hat. Dann erhielten wir auch noch die Möglichkeit gemeinsam mit dem Fabriggli Buchs das «Bliib dahei»-Festival auf die Beine zu stellen, welches über Wochen die Liveatmosphäre in die Wohnzimmer unserer Zuschauer brachte. So gab es wieder positive, hoffnungsvolle Neuigkeiten, die dem damals tristen, von Corona bestimmten Alltag ein wenig Farbe verliehen. 

Wie sind Ihre ersten Erfahrungen als selbstständiger Verleger?
Es gibt einige wichtige Dinge, die ich als Verleger gelernt habe. Früh war für mich klar, dass Qultur von zeitlosen Geschichten leben wird. Mein Team und ich setzten auf Meinungen, Hintergründe und viel Liebe zum Detail. So entstand in der rasanten Medienwelt eine tägliche Oase der Entschleunigung oder eben «das tägliche Intermezzo», wie es unser Claim schon erklärt. Wir wollen mit dem Onlinemagazin aufzeigen, dass es auf der Welt neben blassen Ticker- und Agenturmeldungen auch noch farbige Geschichten mit Tiefgang gibt. Beispielsweise in Form von umfassenden Plattenkritiken, Portraits oder auch Videotalks. Ein Kernstück des Konzepts war zudem der Mittwoch, welchen wir zum Frauentag ernannt haben. Dass es mir gelungen ist, diesen Zielen treu zu bleiben und zusätzlich noch ein solch starkes Team zusammen zu stellen, erfüllt mich mit viel Stolz und motiviert mich jeden Tag aufs Neue.

Wie ist die Resonanz auf Ihr Magazin?
Die Reaktionen sind stets wundervoll positiv, wohlwollend und motivierend. Im Schnitt sind es mehrere tausend Besucher, die täglich in unsere Geschichten eintauchen. Für mich persönlich wichtig ist es, dass diese Zahlen nachhaltig sind, das heisst, dass die Leserschaft gerne wiederkommt und auf unserer Seite verweilt. Das zeigt, dass mein Team und ich auf dem richtigen Weg sind und mit dem täglichen Intermezzo eine echte Nische im Schweizer Mediendschungel gefunden haben.

«Qultur wird komplett über Werbeeinnahmen finanziert»

Und auf dem Werbemarkt?
Qultur wird komplett über Werbeeinnahmen finanziert, was immer besser funktioniert. Dank den kurzen Entscheidungswegen und den flachen Hierarchien können schnell Partnerschaften geschlossen werden und die Werbemöglichkeiten, die ein Onlinemagazin von einer Zeitung abheben, voll ausgespielt werden. Ich denke, dass die Firmen hier ein gutes Gefühl beim Werben haben, da bei Qultur echte Menschen über Themen berichten, welche die Region bewegen. Bei uns wird mit Werbegelder ein Nebeneinkommen für eine Mutter generiert, was in einem zweiten Schritt zur Unterstützung einer lokalen Familie beiträgt. Auch wenn Qultur immer grösser werden sollte, steht bei uns stets das Gemeinsame im Fokus.

Sie selber sind eine kulturelle Instanz. Wie haben Sie selbst den Lockdown erlebt?
Erstmals recht herzlichen Dank für diese lieben Worte – und ich muss zugeben, dass die aussergewöhnliche Situation meine Kreativität regelrecht beflügelt hat. Momentan schreibe ich ständig an neuen Liedern für mein nächstes Album und gemeinsam mit dem Autoren Jörg Rutz habe ich mich noch auf das Experiment eines «Interaktiven Romans» auf Qultur eingelassen.

Was war für Sie das prägendste Erlebnis dieser aussergewöhnlichen Zeit?
Die persönlichen Gespräche mit «Qulturschaffenden» haben mich in den letzten Monaten immer sehr bewegt. Es ist eindrücklich zu sehen, dass viele trotz enormen finanziellen Einbussen nicht den Kopf hängen lassen und versuchen weiterhin kreative Lösungen zu finden.



Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier.



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