12.02.2024

Ringier Sports Media Group

«Wir sind bereit, weiter zu investieren»

Mit den internationalen Sportmedien verantwortet Robin Lingg die jüngste der drei strategischen Säulen der Ringier AG. Seit der Gründung 2022 standen die Zeichen auf schnellem Wachstum. In Rumänien gab es jüngst einen Dämpfer. Im Interview erklärt der Ringier-Mann sein Vorgehen.
Ringier Sports Media Group: «Wir sind bereit, weiter zu investieren»
Verleger Michael Ringier ist sein Onkel: Robin Lingg (Bild: zVg/Ringier)
von Nick Lüthi

Kürzlich wurde bekannt, dass die Grossdruckerei in Zofingen, an der Ringier zu 70 Prozent beteiligt ist, geschlossen wird. Sind Sie in solchen Momenten froh, im Digitalgeschäft tätig zu sein?
Die Entscheidung von vor mehr als 15 Jahren war richtig und wichtig für die Ringier-Gruppe, das klassische Verlagshaus in ein diversifiziertes Medienunternehmen zu transformieren. Ich bin froh, dass Ringier den Sprung in die digitale Welt gewagt und geschafft hat. Unser digitales EBITDA liegt heute bei über 80 Prozent. Damit sind wir für die Zukunft gerüstet. Nichtsdestotrotz ist die beabsichtigte Schliessung der Druckerei in Zofingen für uns alle ein emotionales und schwieriges Kapitel.

Aber für Sie ist das relativ weit weg.
Als Aktionär und Mitglied der Familie Ringier geht ein solcher – wenn auch zwingend notwendiger Entscheid – nicht spurlos an mir vorbei.

War eigentlich schon immer klar, dass sie nicht ins Schweizer Mediengeschäfte von Ringier einsteigen würden?
Ich bin 2013 auf Vorschlag von Marc Walder und Bitte meines Onkels Michael Ringier in das operative Geschäft von Ringier eingestiegen, nachdem ich zuvor über sechs Jahre für den Pharmakonzern Boehringer Ingelheim unter anderem in Mexiko gearbeitet habe. Zwischen 2017 und 2021 verantwortete ich in der Geschäftsleitung das gesamte digitale Marktplatz-Geschäft von Ringier in Europa, Afrika und in Asien. Der Aufbau und die Umsetzung von digitalen Geschäftsmodellen ist das, was ich am besten kann. Dass ich heute für Sports Media zuständig bin, war nicht geplant, sondern hat sich infolge eines rund 5-jährigen Prozesses ergeben. In dieser Zeit habe ich Geschäftsmodelle im Bereich Sportmedien eingehend analysiert.

Ist Sport Ihre Leidenschaft?
Unbedingt! Ich bin auch ein sehr passionierter FC-Luzern-Fan.

«Mich hat vor allem deren Technologie fasziniert»

Wie sind Sie Chef von Ringier Sports Media Group geworden?
Vor rund zehn Jahren habe ich den Unternehmer Stilian Shishkov kennengelernt. Er betreibt in Bulgarien seit 18 Jahren erfolgreich die Sportal Media Group, zu der unter anderem die Sports-Media-Plattform sportal.bg gehört. Mich hat vor allem deren Technologie fasziniert. Dazu wollte ich verstehen, warum sportal.bg so erfolgreich ist. Weil sie vor 18 Jahren anfingen und zum Platzhirsch wurden? Oder ist es das Geschäftsmodell? Und lässt sich dieses auch auf andere Länder oder Marken übertragen?

Das erste andere Land, wo Sie das Modell aus Bulgarien übertragen haben, war dann Rumänien.
Genau, 2018 hat Ringier gemeinsam mit der Sportal Media Group das Joint Venture Ringier Sportal S.R.L. gegründet und die traditionsreiche rumänische Sportmedienmarke Gazeta Sporturilor/GSP.ro gekauft. Anschliessend wurden die Technologie und alle Erfahrungen aus Bulgarien bei GSP.ro als Test integriert.

Wie kamen Sie auf GSP in Rumänien?
GSP ist eine 100-jährige führende Sportmedienmarke, die sich zum Zeitpunkt unserer Übernahme in einer schlechten wirtschaftlichen Situation befand. Nach der sechsmonatigen Reorganisation ist GSP.ro jedes Jahr um rund 40 Prozent gewachsen – bei den Nutzerzahlen sowie der Monetarisierung der Angebote. Dies war für uns der «Proof of the Pudding».

Wie ging es dann weiter?
2021 übernahm Ringier die Aktienmehrheit an der bulgarischen Sportal Media Group und an Digital Ventures OOD, die spezialisiert sind auf die Entwicklung von Content-Management-Systemen für den Sportbereich. Sportal365 ist das bekannteste und international in Sport-, Medien- und Werbekreisen eingesetzte Content-Management-System.

«Wir suchen in Europa nach geeigneten Marken, die wir übernehmen können»

Das war dann der Grundstein für die Ringier Sports Media Group?
Genau. Die Gründung erfolgte im Mai 2022 mit dem Ziel, bis 2025 ein führender europäischer Anbieter im Bereich Sportmedien zu werden. Seither suchen wir in Europa nach geeigneten Marken, die wir übernehmen und nach dem Vorbild von sportal.bg weiterentwickeln können. Dieses Vorgehen haben wir ab 2022 in Serbien, in Ungarn und in der Slowakei umgesetzt, wo Ringier seit Jahrzehnten stark vertreten ist. Sportal.hu, sportal.rs, GSP.ro und sport.sk entwickeln sich erfolgreich. Dann gelangte Griechenland auf unseren Radar, ein für Sportmedien vielversprechender Markt. Kurz darauf konnten wir in Portugal die Traditionsmarke A Bola übernehmen. Ende letzten Jahres haben wir ein Joint Venture mit DPG Media Group gegründet und vor wenigen Wochen gemeinsam den Relaunch von sportnieuws.nl gestartet.

Geht es nun immer so weiter, Land um Land?
Ich glaube, jetzt ist es erst einmal gut so, wie es ist. Wir waren in den letzten 20 Monaten wahnsinnig schnell unterwegs und haben Beachtliches aufgebaut: Acht Marken in acht europäischen Ländern erreichen monatlich mehr als 21 Millionen Fans – unterstützt von über 400 Mitarbeitenden. Im Portfolio führen wir etablierte Marken, die teils allerdings restrukturiert werden müssen, um in Zukunft weiterhin erfolgreich zu sein. A Bola in Portugal ist so ein Fall. Dann gibt es Start-up ähnliche Unternehmen im Portfolio von Ringier Sports Media, wie Griechenland, wo wir sportal.gr von Grund auf aufgebaut haben. Unser Credo «better done than perfect» war bis hierher genau richtig.

Welches sind die nächsten Schritte?
Für mich steht nun die Konsolidierung an oberster Stelle. Wir arbeiten an einer zentralen App und einem Frontend für die gesamte Ringier Sports Media Group. Zudem fokussieren wir uns auf die beiden sportlichen Grossereignisse des Jahres: die Fussball-EM in Deutschland und die Olympischen Spiele in Paris.

Welche Rolle spielt das Sportwettengeschäft für Ringier Sports Media?
Anbieter von Wetten gehören zu unseren Werbekunden, genauso wie Telekommunikationsunternehmen, Versicherungen, Fast Moving Consumer Goods oder internationale Getränkehersteller. Sagen wir einmal so: Wir können ohne die Werbung der Wettanbieter ein ertragreiches Geschäft machen. Mit ihnen ist es ein sehr ertragreiches Geschäft.

«Uns ist bewusst, dass einige beim Thema Sportwetten zusammenzucken»

Sie sehen kein Reputationsrisiko?
Wir arbeiten ausschliesslich mit national lizenzierten Wettanbietern zusammen in den Ländern, in denen wir mit unseren Medien tätig sind: Anbieter, die die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Alle anderen schliessen wir aktiv aus. Uns ist bewusst, dass einige beim Thema Sportwetten zusammenzucken.

Zu Recht. Oder finden Sie nicht?
Es gibt zu viele Anbieter, die sich im Graubereich tummeln. Von solchen Firmen distanzieren wir uns grundsätzlich, schliessen sie auch aktiv von unseren Portalen aus. Aufgrund gesunder, staatlicher Regulierungen und eines generellen Umdenkens in der Industrie gewinnen freizeitliche Sportwetten generell weltweit an Akzeptanz. Mit zu den grössten Ausgabeposten der internationalen Wettanbieter zählen der Schutz ihrer Kunden und Betrugsschutz.

Sie nehmen mitunter viel Geld in die Hand. Für fast 60 Millionen Franken haben Sie 2022 einen 10-Prozent-Anteil an LiveScore gekauft. Was haben Sie dafür erhalten?
Die LiveScore-Gruppe ist eine international herausragende Firma sowohl im Medien- als auch im Sportwetten-Bereich, mit der verschiedene strategische Media-Partnerschaften möglich sind. Mit dem Gründer Noel Hayden und dem CEO Sam Sadi pflegen wir ein hervorragendes gemeinsames Verständnis, wie moderne digitale Sportmedien heute aussehen und funktionieren.

«Man muss zu einem Zeitpunkt x bereit sein, einen mutigen Schritt zu wagen»

Und das Engagement bei LiveScore war ein mutiger Schritt?
Ja, definitiv. Sports Media ist neben den digitalen Marktplätzen und der Publizistik die dritte strategische Säule der Ringier AG. Um entsprechende Relevanz zu erzielen, muss man zu einem Zeitpunkt x bereit sein, einen mutigen Schritt zu wagen. Die Minderheitsbeteiligung bei der LiveScore Group war ein solcher Schritt. Wenn es zukünftig darum geht, weitere existierende Sportmarken in grösseren Ländern zu übernehmen, dann werden wir dies prüfen und bereit sein, zu investieren.

Bei allem Erfreulichen gab es in den letzten Monaten negative Schlagzeilen aus Rumänien. Was ist da genau passiert?
Im Oktober 2023 haben wir uns von Catalin Tepelin getrennt, dem bisherigen Chefredaktor von Gazeta Sporturilor und GSO.ro. Die Trennung erfolgte wegen strategischer und operativer Differenzen, die sich seit einiger Zeit aufgebaut hatten. Wenig später haben wir die Printausgabe der Gazeta Sporturilor eingestellt. Die volle Konzentration liegt auf dem digitalen Portal GSP.ro. Die erfreuliche Entwicklung von GSP.ro der letzten Monate gibt uns recht.

Dazu gab es ziemlich laute Nebengeräusche. Wieso?
Für viele Journalistinnen und Journalisten kam die Abberufung ihres Chefredaktors überraschend. Die Entlassung von Catalin Tepelin wurde anschliessend – vor allem von externen Medien – zu Unrecht in Zusammenhang mit den laufenden Diskussionen auf EU-Ebene über redaktionelle Freiheit und Unabhängigkeit gebracht. Wir haben aber immer wieder betont, dass diese beiden Themen nichts miteinander zu tun haben und es sich um eine rein betriebswirtschaftliche und operative Entscheidung gehandelt habe.

Wie kam es zum Zerwürfnis mit dem Chefredaktor?
Wir führten mit Catalin Tepelin, der übrigens nicht nur Chefredaktor war, sondern als Managing Director die volle Budgetverantwortung trug, in den letzten Jahren Diskussionen über die strategische Weiterentwicklung von gsp.ro und wurden uns nicht einig. Das kann passieren.

«Wir nennen unsere kommerziellen Partner in unseren Medien beim Namen. Das ist fair und korrekt»

Können Sie ein Beispiel dieser Uneinigkeit nennen?
Die Super League in der Schweiz heisst Credit Suisse Super League. Das Stadion von Bayern München heisst Allianz Arena. Deshalb nennen wir diese kommerziellen Partner in unseren Medien beim Namen. Das ist fair und korrekt. Darüber haben wir uns – als ein Beispiel – auch mit Catalin Tepelin unterhalten und keine Einigung gefunden. Deshalb die Trennung vom Chefredaktor.

Warum ist es für Sie so wichtig, dass die Namen der Sponsoren genannt werden?
Kommerzielle Partner, egal ob es eine Versicherung, eine Bank oder ein Sportwettanbieter ist, unterstützen den Sport, den Club, die Liga, den Verband, die Spielerin. Darum ist es korrekt, diesen Namen in Grafiken und Tabellen zu nennen. Das sah die Redaktion als Eingriff in ihre Unabhängigkeit. Darum gab es im Anschluss an die Kündigung Spannungen zwischen Teilen der Redaktion von GPS und dem Management von RSMG, die vom Redaktionsteam über die eigene Plattform nach aussen getragen wurden. Wir haben das geschehen lassen. Einen besseren Beweis, dass unsere Redaktionen bei Ringier unabhängig sind, kann man nicht liefern.

Haben Sie in dem Prozess Fehler gemacht?
Mit dem Wissen von heute würde ich das Timing der Einstellung der Printausgabe als Fehler bezeichnen. Das sah von aussen aus betrachtet überhastet und damit nach einer Strafaktion aus. Aber auch intern war dieser Entscheid schwierig zu vermitteln.

Warum haben Sie im Moment nicht realisiert, dass Sie damit Öl ins Feuer giessen?
Schauen Sie, als wir 2018 die Gazeta Sporturilor gekauft haben, war die Schliessung der Printausgabe bereits für 2021 geplant. Das wusste Catalin Tepelin. Nach dem Ausscheiden von Catalin Tepelin haben wir dann kurzerhand entschieden: Wir schliessen die gedruckte Zeitung. Wenn man dermassen unter Beschuss steht wie wir zu jener Zeit, dann befindet man sich in einer Art Tunnel. Wir dachten, lieber alles auf einmal erledigen, damit anschliessend wieder Ruhe eintreten kann. Wir haben uns geirrt. Aus heutiger Sicht würde ich es anders machen.



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