10.04.2018

Geschenke an Journalisten

Wo Schoggi, Staubsauger & Co. landen sollten

Süsse Versuchungen, edle Tropfen oder technische Gadgets: Auf den Redaktionen kommen immer wieder Päckli mit kostenlosem Inhalt an. Welche Regeln gelten diesbezüglich bei SRF, Ringier, Tamedia, NZZ und AZ? Einige Beispiele aus der Praxis.
Geschenke an Journalisten: Wo Schoggi, Staubsauger & Co. landen sollten
Naschereien, eine Flasche Wein, ein Tablet oder sogar Bargeld: Wie müssen Journalisten mit Geschenken umgehen? (Bild: Christian Beck)

Moderator Arthur Honegger hatte in der Sendung «10vor10» einen Spruch über einen Staubsauger-Hersteller platziert – und prompt erhielt er ein Luxusgerät im Wert von rund 700 Franken zu SRF geliefert. Den Staubsauger spendete er an Caritas, mit einem Video machte er auf die Aktion aufmerksam. «Wir haben klare Regeln im Haus – gut so. Die Spende war allerdings meine Idee, um hier Öffentlichkeit herzustellen und ein Zeichen zu setzen», sagte Honegger zu persoenlich.com.

Bei SRF sind die Regeln tatsächlich klar. «Geschenke können zu Loyalität und Dankbarkeit verpflichten: SRF-Journalistinnen und -Journalisten nehmen deshalb keine Zuwendungen an, die ihre berufliche Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit einschränken könnten», heisst es in den publizistischen Leitlinien. Es dürften deshalb auch keine Einladungen akzeptiert werden zu Reisen und Exkursionen, die gratis oder zu reduzierten Tarifen angeboten würden. «Geschenke dürfen akzeptiert werden, wenn es sich um kleine Aufmerksamkeiten handelt, deren Zurückweisung unhöflich oder unverhältnismässig wäre.» Generell soll der Wert 100 Franken nicht übersteigen, Bargeld dürfe nie angenommen werden.

Ohne Geschenke keine Testberichte

Gratisprodukte für Journalisten sind an der Tagesordnung. Ohne sie gäbe es vermutlich auch keine – oder zumindest deutlich weniger – Testberichte über Autos, Feriendestinationen, Smartphones und Kosmetika. Genau dies wollte auch Mobilfunkhersteller Salt bezwecken und gab vor rund drei Wochen bei der Lancierung des eigenen TV-Angebots eine Apple-TV-Box an die Journalisten ab. Wert des Give-aways: rund 200 Franken (persoenlich.com berichtete).

salt-Give-Aways

Aber: Was tun mit einer solchen «Leihgabe» nach erfolgter Berichterstattung? Und was, wenn das Produkt für einen Bericht schon gar nicht erst infrage kommt? Behalten? Weiterverscherbeln? Oder spenden wie Honegger?

«In der Stilredaktion der ‹NZZ am Sonntag› gibt es eine Richtlinie, keine Geschenke über 50 Franken anzunehmen», sagt Sabrina Izumi von der NZZ-Unternehmenskommunikation auf Anfrage. Die Stilredaktion der NZZaS ist auch zuständig für das Webportal «NZZ Bellevue». Izumi erklärt, dass Kaffeemaschinen et cetera nach dem Testen an die jeweiligen Firmen retourniert würden. Beauty-Produkte würden getestet, dann intern den Redaktoren verkauft und das Geld gespendet. «An Weihnachten ging das Geld an das Mädchenhaus Zürich. Geschenke in Form von Bargeld werden niemals angenommen», so Izumi.

Konsumation innerhalb eines Tages

Bei Ringier werden Zuwendungen im «Code of Conduct» geregelt. Darin heisst es: «Wir lassen uns durch allfällige Geschenke, Vorteile oder Einladungen an uns oder zugunsten unserer Angehörigen nicht beeinflussen und vermeiden jeden Eindruck der Beeinflussung.» Mitarbeitende dürfen Zuwendungen annehmen, wenn diese «den üblichen Gepflogenheiten entsprechen. Als zulässig gilt nach einer Faustregel üblicherweise die Annahme von Geschenken oder Gefälligkeiten, die innerhalb eines Tages konsumiert werden können». Oder in den Worten von Ringier-Sprecherin Manuela Diethelm: «Wir erlauben uns beispielsweise, Schoggi auf der Redaktion auszulegen.»

Werde ein Produkt für einen Test zur Verfügung gestellt – zum Beispiel dem Ressort Blick Digital –, werde es danach zurückgeschickt. Diethelm: «Wenn es nicht für einen Bericht infrage kommt, wird es nicht angenommen.»

Auch bei den AZ Medien dürfen Geschenke, die den Charakter der blossen Aufmerksamkeit übersteigen, nicht angenommen werden. «Wenn unsere Mitarbeitenden Geschenke erhalten, dann handelt es sich hauptsächlich um Schokolade oder andere kleine Aufmerksamkeiten. Diese werden üblicherweise in die Cafeteria gelegt – und alle können sich bedienen», sagt Monica Stephani, Leiterin der AZ-Unternehmenskommunikation.

Beauty-Verkauf für guten Zweck

Tamedia ist weniger streng. Gemäss Reglement ist die Annahme «von sozial üblichen Geschenken oder Vorteilen zulässig, sofern diese nicht den Interessen der Arbeitgeberin zuwiderläuft». Es dürfe beispielsweise kein Risiko bestehen, dass die Geschenke oder Vorteile die Unabhängigkeit des Empfängers beeinträchtigen, sagt der Tamedia-Medienverantwortliche Roman Hess.

Hess nennt ein konkretes Beispiel aus der Redaktion der Frauenzeitschrift «Annabelle», wo naturgemäss viele Muster eingehen. «Die Redaktion organisiert zweimal im Jahr einen sogenannten Beauty-Verkauf, bei dem einzelne Belegexemplare zu günstigen Preisen verkauft werden und der Erlös für gute Zwecke gespendet wird.» Also ähnlich, wie dies auch die Stilredaktion der NZZaS handhabt.

Bei dem zulässigen Gegenwert der Geschenke und Zuwendungen ist Tamedia verhältnismässig grosszügig. «Übersteigt ein Geschenk den Marktwert von 200 Franken, bedarf es vor deren Annahme oder Gewährung der ausdrücklichen Zustimmung der oder des Vorgesetzten», so Hess weiter. Die Apple-TV-Box von Salt hätte man bei Tamedia also behalten dürfen – ohne schlechtes Gewissen.

 


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KOMMENTARE

Victor Brunner
11.04.2018 08:30 Uhr
TA: «von sozial üblichen Geschenken oder Vorteilen zulässig, sofern diese nicht den Interessen der Arbeitgeberin zuwiderläuft». Da ist alles möglich, inklusive Ausnahmen besonders wenn Journalismus dem Outsourcing zum Opfer fällt!. Das beste Beispiel die Agentur Textlab GmbH, verantwortlich für die Autojubelartikel. Da steht dann am Ende des Artikels kursiv gedruckt, Nina Vetterli "testete" das Auto in Kapstadt. Heisst: Frau Vetterli wurde von der Autofirma nach Südafrika eingeladen um das Auto zu "testen". So kommen mit Hotelaufenthalt gut und gerne, je nach Flugklasse, zwischen 2 und 5'000 Fr. zusammen. Vermutlich nicht von der Agentur oder dem TA bearappt. Unter dieser Grosszügigkeit der Autofirma "leiden" natürlich auch die Journalisten die nach einem oder mehreren Tagen "testen" nicht sehen, oder sehen wollen, dass der Treibstoffverbrauch zwischen 15 und 30% höher ist als die Werksangaben! Da ist der BLICK konkreter, da wird unterschieden zwischen Werksangaben und Testverbrauch und siehe da, was Liechti und Co von Textlab unterschlagen, massiv höhere Verbrauchswerte! Das die Herausgeber des TA bei den Autobesprechungen nicht höhere Massstäbe anlegen ist peinlich!
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