12.12.2013

Blick am Abend

"Wir kannibalisiere​n uns lieber selbst"

Interview mit Peter Röthlisberger und Florian Fels zur Neulancierung.
Blick am Abend: "Wir kannibalisiere​n uns lieber selbst"

Noch vor dem Start von Watson geht Ringier mit der neuen Blick-am-Abend-Webseite live. Ab heute Donnerstag gibt es den "leichtfüssigen Boulevard" nicht mehr nur abends gedruckt, sondern rund um die Uhr online auf blickamabend.ch. Wie positioniert sich blickamabend.ch im Vergleich zu blick.ch? Im Interview mit persoenlich.com erklären "Blick am Abend"-Chefredaktor Peter Röthlisberger (links im Bild) und der CEO Publishing von Ringier Florian Fels Details zur Neulancierung.

Für die neue Plattform blickamabend.ch wurden einige junge Journalisten neu angestellt (persoenlich.com berichtete). Herr Röthlisberger, können Sie genauer Auskunft geben: Wie viele Neuanstellungen gab es und können Sie Namen nennen?
PR: Wir haben einige Journalisten neu eingestellt,​ eine Praktikantin und eine Fotoredaktori​n. Sie bilden​ das Kernteam von​ ​blickamabend.ch. Alle kennen sich in der Social-Media-Welt sehr gut aus und i​hre Namen wird man sich bald gut merken können. Blickamabend.ch profitiert aber natürlich von den Synergien des ganzen Newsrooms.

Nicht mehr nur am späten Nachmittag oder abends, 24 Stunden/7 Tage soll die Webseite betrieben werden. Herr Fels, kommt hierzu bereits das Büro in Amerika zum Zuge oder wird während der Nacht von der Schweiz aus gearbeitet?
FF: Ja, das Büro in den USA soll beide Kanäle bespielen, aus der Schweiz heraus wird punktuell unterstützt in der Nacht.

Wie gross ist das Team im Silicon Valley? 
PR: Wir gehen von einem bis zwei Kollegen aus, die ständig vor Ort sein werden.

Blickamabend.ch verzichtet vollständig auf Banner-Werbung und setzt ausschliesslich ​auf ​Native Advertising. Was sind Ihre finanziellen Erwartungen?

FF: Wir wollen so viele Werbekunden wie möglich davon überzeugen, dass sie diese neue Form des Native Advertising ausprobieren. Alles andere kommt dann von selbst. Kunden der ersten Stunde sind Migros, Ford und Graubünden Ferien.

Der "Blick am Abend" hat trotz guter Leserzahlen am Werbemarkt immer noch zu kämpfen. Worin genau sehen Sie die Vorteile von Native Advertising im Vergleich zum Print-Pendant Publireportage?
FF: Der "Blick am Abend" ist im Werbemarkt voll etabliert und funktioniert gerade in der Tages-Kombination mit dem "Blick" immer besser. Etwas vereinfacht gesagt ist Native Advertising die ​moderne ​Publireportage fürs Internet  - ohne aber direkt für Produkte zu werben​​Die ​Vorteile liegen in den Audio​-​ und Video-Möglichkeiten der Werbung und natürlich, dass die Werbung in den sozialen Netzwerken geteilt wird und dadurch die Reichweite enorm steigern kann.

Bei dieser ziemlich grossen Abhängigkeit vom Werbemarkt: Was wird sich für die Journalisten im Newsroom verändern und wer bestimmt in Zukunft die Inhalte auf blickamabend.ch?
PR: Selbstverständlich bestimmt die Redaktion über die Inhalte, und niemand sonst. Die neue Werbeform, das Native Advertising, hat überhaupt keinen Einfluss auf die redaktionellen Artikel. Unsere Texte werden nach rein journalistischen Kriterien geschrieben. Unsere Werbekunden liefern ihre Listicles an, die vom Verlag in die Seite eingepflegt werden und klar gekennzeichnet sind. Damit hat die Redaktion nichts zu tun.

Wird das neue Portal den klassischen Online-Auftritt von Blick.ch nicht kannibalisieren?
FF: Das glaube ich eigentlich nicht, und wenn doch, dann kannibalisiere​n wir uns lieber selbst, als dass es andere tun. Insgesamt wird die Blick-Gruppe stärker, davon wird auch Blick.ch profitieren - etwa in Sachen mobiler Entwicklung, Know-how-Austausch, Ressourcen-Teilung und Traffic-Unterstützung.

Es geht also auch darum, den "Blick am Abend" neben "Blick" eigenständig zu positionieren. Wie genau grenzen Sie diese beiden Marken voneinander ab?
FF: Der "Blick am Abend" ist natürlich längst eigenständig positioniert. Nach fünf Jahren im Markt ist er mit gut 800​'000 Lesern die Nr. 2 der Schweizer Tageszeitungen und mit einem sehr klaren Profil für ein junges, urbanes und gut gebildetes Publikum.

PR: Vergleicht man beide Marken journalistisch, ist der "Blick" die klassische Boulevardmarke. Mit grosser Medientradition nach über 50 Jahren in der Schweiz fest verankert. Offen, direkt, manchmal hart, mit hoher Politik- und Sportkompetenz. Der "Blick am Abend" kommt eher leichtfüssiger daher, mehr Lifestyle, viel Humor, praktiziert den Spagat zwischen News und Unterhaltung.

Soll mittel- oder längerfristig "Blick", resp. blick.ch für exklusive Bezahl-Inhalte stehen, also eine Marke darstellen, die sich an ein älteres Publikum richtet, während "Blick am Abend", resp. blickamabend.ch für einfachere, unterhaltende Neuigkeiten - vermischt mit Werbeinhalten - steht, welche sich an ein jüngeres Publikum richten?
FF: Das ist sicherlich eine Option für uns in Bezug auf die Bezahlinhalte. Zum Alter: Natürlich ist die Leserschaft des "Blick" auf Grund seines langen Bestehens im Markt im Schnitt einen Tick älter, aber wir haben auch sehr viele treue junge Leser – auf dem Land und in der Stadt. "Blick am Abend" als Pendlerzeitung ist selbstverständlich sehr städtisch geprägt. Darum ergänzen sich beide Titel auch so ideal und seien Sie ganz sicher: Werbeinhalte werden bei beiden Titeln ganz sicher nicht mit journalistischen Inhalten vermischt.  

Wird sich der "Blick am Abend" in naher Zukunft allenfalls vollständig und ausschliesslich auf den digitalen Kanal verschieben?
FF: Nein, das sehe ich für die nächsten Jahre nicht. Leser und Werbekunden schätzen nach wie vor die gedruckte Ausgabe und wir sehen auch in anderen Ländern, dass viele Gratiszeitungen trotz starker eigener mobiler Kanäle Print nach wie vor Sinn macht. In der Kombination beider Plattformen steckt sehr viel Kraft.

Herr Röthlisberger, was werden Sie selber für den digitalen Kanal schreiben?
PR: Das ganze Spektrum. News, Listicles, eine Kolumne. Ich freue mich sehr, zwei Kanäle bespielen zu dürfen. 

Interview: Edith Hollenstein, Bild: zVg

 

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