14.08.2006

"Früher oder später finden die Medien stets die ganze Wahrheit heraus"

Der Fall Swissfirst beschäftigt in diesen Tagen die Öffentlichkeit wie kein anderes Thema. Täglich gelangen neue Details über die umstrittene Fusion zwischen Swissfirst und Bellevue ans Tageslicht. Als "Feuerlöscher im Hintergrund" (Tages-Anzeiger) agieren in der Affäre die Kommunikationsprofis. So auch Sacha Wigdorovits, der den Gegenspieler von Swissfirst-CEO Thomas Matter, der frühere Swissfirst-Grossaktionär Rumen Hranov, berät. Im Interview mit "persoenlich.com" spricht der PR-Mann über seine Rolle im Swissfirst-Fall. Das Interview:
"Früher oder später finden die Medien stets die ganze Wahrheit heraus"

Herr Wigdorovits, die Wirtschaftszeitung Finanz & Wirtschaft hat in der Ausgabe vom Samstag einen Brief von Regula Matter, der Mutter von Swissfirst-CEO Thomas Matter, abgedruckt. Sie wirft Ihnen darin vor, Sie würden Menschen jagen. Was sagen Sie zu diesem schweren Vorwurf?

Das ist absurd und völlig haltlos, aber ich finde es schön, dass sich Frau Matter für ihren Bub einsetzt. Das ist eine interessante Kommunikationsstrategie.

Frau Matter schreibt, dass Sie eine Kampagne gegen ihren Sohn betreiben. Weshalb haben Sie und Ihr Mandant Rumen Hranov im Fall Swissfirst die Öffentlichkeit gesucht, statt den Fall einfach den Gerichten zu überlassen?

Wir haben die Öffentlichkeit genau einmal gesucht. Das war im letzten November, als Herr Hranov Strafanzeige gegen Herr Matter eingereicht hat. Seither hat Herr Hranov -- im Gegensatz zu Herrn Matter, welcher der HandelsZeitung ein Interview gegeben hat -- sich nicht mehr in den Medien geäussert. Wir haben davon abgesehen, weiter an die Öffentlichkeit zu treten, weil wir wollen, dass die untersuchenden Behörden -- die Zürcher Staatsanwaltschaft und die Eidgenössische Bankenkommission EBK -- in Ruhe ihre Arbeit verrichten können.

Wenn Herr Hranov den Untersuchungsbehörden nicht im Wege stehen möchte, weshalb dann benötigt er Ihre Unterstützung?

Die Medien verlassen sich zu Recht nicht einfach auf eine Seite, sondern versuchen beiden Seiten auf den Zahn zu fülhlen. Da die Gegenseite sehr selektiv informiert, ist es unser Anliegen, Klarheit zu schaffen. Und dies auf der Basis von harten Fakten -- und nicht aufgrund von haltlosen Behauptungen.

Selbiges würde Thomas Matter und sein PR-Stratege Jörg Neef wohl auch Ihnen vorwerfen...

Wie die Gegenseite arbeitet, hat die NZZ am Sonntag sehr minutiös aufgezeigt. Wir verfolgen eine andere Art von Kommunikation. Wir wollen, dass die Medien ein umfassendes Bild haben und die ganze Wahrheit kennen. Dann sollen sie selbst urteilen, was sie von dem Fall denken. Eine Manipulation der Medien lehnen wir ab.

Ist es nicht der Job eines jeden PR-Beraters, selektiv zu informieren?

Nein. Es ist falsch zu versuchen, die Medien zu instrumentalisieren, indem man ihnen nur halbe Wahrheiten verrät. Meistens entpuppt sich diese Strategie am Schluss als Eigentor. Denn die Medien finden früher oder später stets die ganze Wahrheit heraus.

Trotzdem: Medien lassen sich gemeinhin noch so gerne mit Primeurs füttern -- unbesehen davon, ob sie nun die ganze Wahrheit darstellen.

Natürlich haben Medien ein Interesse an Primeurs -- aber nur, wenn der Primeur stimmt Man darf die Journalisten nicht unterschätzen. Es fällt immer auf einen zurück, wenn man ihnen nicht die ganze Wahrheit erzählt. Dies zeigt sich im Falle der Informationspolitik der Swissfirst in aller Deutlichkeit , wie die NZZ am Sonntag in ihrer jüngsten Ausgabe darlegt.

Ist das Hintergrundtreffen mit Journalisten Ihrer Ansicht nach eine legitime PR-Massnahme, die einfach auch dazugehört?

Alles was dazu dient, ganzheitlich Transparenz zu schaffen und damit die Arbeit der Medien unterstützt, ist legitim. Insbesondere wenn es sich um einen solch delikaten Fall wie Swissfirst handelt. Hier geht es doch auch um die Frage, ob diese Bank mit den Verantwortlichen von Pensionskassen verbandelt ist. Dies interessiert vor allem auch die Allgemeinheit, da die Frage alle Arbeitnehmer angeht. Wir wollen deshalb die Medien in ihrer Arbeit unterstützen, damit sie ihre Arbeit umfassend und präzis ausüben können.

Das klingt, als ob Ihr Unternehmen ein wohltätiger Verein ist. Sind Sie nicht in erster Linie ein Anwalt Ihres Kunden?

Ich verstehe mich als Mediator. Ich versuche den Sachverhalt, der meinem Kunden wichtig ist, den Medien so zu vermitteln, dass er korrekt und verständlich ist.

Erfordert Ihre persönliche Beziehung mit Ingrid Deltenre Ihrer Ansicht nach besondere Zurückhaltung im Fall Swissfirst?

Das Schweizer Fernsehen hat meines Wissens noch nie über den Fall Swissfirst berichtet. Würde ich versuchen, dank meiner persönlichen Beziehung zu Ingrid Deltenre das Fernsehen für Kunden von uns zu instrumentalisieren, würde unsere Kommunikation unglaubwürdig. Eine Instrumentalisierung ist auch gar nicht möglich, weil sich die Newsjournalisten vom SF nicht von mir vor einen fremden Karren spannen lassen.

Mit Jörg Neef hat Thomas Matter einen gewieften Gegenspieler als PR-Strategen engagiert. Wie schätzen Sie die bisherige Informationsoffensive Neefs für Matter ein?

Ich spreche grundsätzlich nicht über unsere Konkurrenz. Ich bin da, um für meine Kunden zu sprechen. Ich überlasse es den Medien, ein Urteil zu fällen. Lesen Sie dazu Markus Gislers Kolumne in der letzten SonntagsZeitung.



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