07.06.2009

Beatrice Tschanz

Kritik an Infopolitik der Air France

"Einfach schweigen, ist nicht gut."

Die Ex-Kommunikationschefin der früheren Swissair, Beatrice Tschanz, kritisiert die Informationspolitik der Air France nach dem Absturz ihres Flugzeugs in den Atlantik. "Einfach zu schweigen, wie es Air France jetzt macht, ist nicht gut", sagte sie gegenüber der Zeitung "Sonntag".

"Denn es kommt sofort der Verdacht: Die wissen mehr und sagen nichts". Tschanz war nach dem Absturz der Swissair-Maschine SR 111 vor der kanadischen Küste bei Halifax im September 1998 mit 229 Toten für ihre offene Kommunikation rundum gelobt worden.

Air France sei derzeit in einer sehr schwierigen Lage, schränkte Tschanz ein: "Wir wussten wenigsten sehr rasch, was passierte und wo es passierte. (...) Wir hatten wenigstens einige Fakten. Air France hat gar nichts." Dadurch sei die Gesellschaft Spekulationen ausgesetzt. Erschwerend komme hinzu, dass verschiedene "Player" kommunizierten - neben Air France die Untersuchungsbehörden in Frankreich und Brasilien, die Suchmannschaften und die Angehörigen.

Krisenhandbücher für den Katastrophenfall

Schlecht war nach Ansicht von Tschanz auch die Kommunikation durch die brasilianische Armee, welche die Suche leitet: Der General "hat Spekulationen in die Welt gesetzt, wollte rasche Erfolgsmeldungen über gefundene Trümmer kommunizieren, und das war nicht verifiziert." Ihr Rezept: "Man kann nur Fakten kommunizieren. Aber ich würde jeden Tag sagen, was läuft bei der Suche nach den Trümmern."

Bei Air France wiederum herrsche offensichtlich ein Chaos. "Das ist in jedem Unternehmen so", sagte Tschanz. "Nur, Fluggesellschaften haben Krisenhandbücher." Sie müssten mit Abstürzen rechnen.

Air France hat inzwischen die Passagierlisten veröffentlicht - ein Schritt, der von vielen kritisiert wurde. Tschanz verteidigte diese Strategie, denn es sei im öffentlichen Interesse. "Wir hatten bei SR 111 zwei Passagiere ohne Verwandte. Die Passagierliste ist wie eine Todesanzeige." (sda)


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