Frau Rodriguez, als Mediensprecherin der Zürcher Stadtspitäler Waid und Triemli erleben Sie die Pandemie an vorderster Front mit. Wie nehmen Sie die aktuelle Situation wahr?
Die Zahl der Hospitalisationen steigt, noch sind die Kapazitäten ausreichend. Im Gegensatz zur ersten Welle ist man jedoch um einiges erfahrener. Persönlich beeindruckt mich die professionelle Arbeit auf den Isolier- und Intensivstationen: Trotz «Vollmontur» – Maske, Handschuhe, Schutzbrille und Schutzschürze – wird hochkonzentriert und motiviert bei der Betreuung von Corona-Patientinnen und -Patienten gearbeitet. Gefordert sind auch wir von der Kommunikation, sowohl intern wie extern ist der Informationsbedarf sehr gross zurzeit. Die Medienanfragen haben in den letzten Wochen um ein Vielfaches zugenommen.
Sind unsere Spitäler auf ein massives Ansteigen der Krankheitsfälle vorbereitet?
Ich kann nicht für andere Spitäler sprechen. Im Stadtspital Waid und Triemli ist die Situation sehr dynamisch. Mehrmals die Woche tagt eine spitalinterne Corona-Taskforce, die die nötigen Massnahmen beschliesst und rasch umsetzt. Viele Massnahmen aus der ersten Welle haben sich bewährt und kommen auch jetzt wieder zum Zug.
Was ist für Sie als Medienverantwortliche momentan Ihre Hauptbeschäftigung?
Das ist ganz klar die Triagierung und Beantwortung der zahlreichen Medienanfragen. Die meisten betreffen Corona, es erreichen uns jedoch auch einige andere, welche beispielweise die Frauenklinik im Triemli oder die Altersmedizin im Waid betreffen. Auch diese Anfragen und Medienberichte sind wichtig – der grösste Teil der Hospitalisierten sind keine Covid-Patienten.
«Die meisten Journalisten reagieren verständnisvoll»
Wie beurteilen Sie die Berichterstattung unserer Medien?
Als qualitativ sehr unterschiedlich, manchmal zu alarmistisch, manchmal äusserst fundiert. In den meisten Fällen aber fair und ausgewogen. Gefragt sind als Interviewpartner natürlich alle Fachpersonen, welche mit Corona zu tun haben. Genau diese sind jedoch wegen der Pandemie auch spitalintern besonders gefordert und ausgelastet. Nicht immer kann einem Medium in der gewünschten Zeit die gewünschte Auskunftsperson zur Verfügung gestellt werden. Die meisten Journalisten reagieren jedoch verständnisvoll.
Machen Sie selber Homeoffice oder sind Sie vor Ort?
Ich bin meistens vor Ort, um Journalisten betreuen zu können, die beispielweise ein TV-Interview führen. Selten bin ich im Homeoffice. Es gilt auch in unserem Team jedoch: Homeoffice first. Alle, die nicht zwingend vor Ort sein müssen, arbeiten von zu Hause aus. Damit wir uns im Team nicht aus den Augen verlieren, finden nebst virtuellen Sitzungen mehrmals die Woche auch kurze Pausen via Zoom statt.
Sie moderierten Ende November 2019 die letzte TeleZüri-Sendung und starteten im Januar im Stadtspital Waid und Triemli (persoenlich.com berichtete). Haben Sie den Wechsel in die Kommunikation nie bereut?
Nein, nie. Ich bin sehr gerne hinter der Kamera tätig. Das hat mir in den letzten Jahren gefehlt. Das Timing für eine berufliche Neuausrichtung war allerdings schon etwas speziell. Mitten in meiner Einarbeitungszeit kam die Pandemie. Ich hatte nicht nur einen Branchenwechsel hinter mir, sondern befand mich plötzlich mitten in der Krisenkommunikation in einer noch nie da gewesenen Thematik. Etwas mehr Vorlauf wäre schön gewesen, um mich besser ins Spitalwesen einzuarbeiten. Allerdings war und ist die Zeit so lehrreich, wie ich mir das nie vorgestellt hatte. Zum Glück arbeite ich in einem tollen Team, welches mich herzlich empfangen hat und in dem der Zusammenhalt unglaublich gross ist. Auch habe ich nach jedem Arbeitstag, egal wie lang er ist, immer das Gefühl, etwas Sinnvolles geleistet zu haben.
«Ganze Abteilungen sind für die Menschen draussen unsichtbar»
Was hat Sie an Ihrer neuen Tätigkeit am meisten überrascht?
Wie viel nötig ist, damit ein Spital funktioniert. Ganze Abteilungen sind für die Menschen draussen unsichtbar, sie tragen aber genauso viel zum Wohlergehen der Patientinnen und Patienten bei. Auch ist es ein ungemein interessantes Arbeitsumfeld: Es gibt wohl wenige Berufe, in denen man als Nicht-Ärztin Einblick in die Welt von Herz-Operationen, Geburten oder neuen Konzepten in der Geriatrie erhält.
Was war für Sie das prägendste Erlebnis der letzten Monate?
Sehr eindrücklich war der Wechsel von Normalbetrieb im Spital auf Krisenmodus. Wahleingriffe wurden gestrichen, ganze Konzepte wurden in kürzester Zeit für die Betreuung von Covid-Patientinnen und -Patienten umgesetzt, Schutzmassnahmen mussten sofort erarbeitet werden, um auch Mitarbeitende zu schützen. Wir von der Kommunikation konnten all diese Projekte kommunikativ begleiten und dazu beitragen, dass sowohl Mitarbeitende wie auch Medienschaffende informiert werden. Privat war das prägendste Erlebnis mit Bestimmtheit der Lockdown und die damit verbundene Schliessung der Schulen. Als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder – 1. und 4. Klasse – war es eine grosse Herausforderung, Familie und Job unter einen Hut zu bringen, dank meines Partners und meiner Kinder, die zum Glück super mitgemacht haben, konnten wir die aussergewöhnliche Situation jedoch gut meistern.
Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com regelmässig eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier.
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29.10.2020 22:57 Uhr