05.07.2010

"Wir stecken immer noch in einer frühen Phase"

Wer über Google eine Personensuche durchführt, findet seit einiger Zeit unter den ersten Treffern meist einen Link des Portals 123people. In der Schweiz zählt das Portal bereits eine Million Unique Clients pro Monat. CEO Russell E. Perry preist es im Interview mit "persoenlich.com" als ideales Instrument zum Managen des eigenen digitalen Fussabdrucks – und als Business-Werkzeug an. Andere halten es für Humbug. Die Finanzierung stimmt jedenfalls: Bereits im ersten Jahr schrieb das nun zum französischen Unternehmen Pages Jaunes gehörende Portal schwarze Zahlen. Zum Interview:
"Wir stecken immer noch in einer frühen Phase"

Herr Perry, was kann man für schmutzige Informationen über Sie im Netz finden?

Kaum welche. Ich lebe schon relativ lange online. Ich habe seit 1992 habe ich einen permanenten Internetzugang. Daraus ergibt sich, dass ich sicherlich schon einen digitalen Fussabdruck hinterlassen habe. Aber ich habe diesen von Anfang an gemanaged. Wenn Sie also heute über unsere Website den Namen Russell Perry eingeben, werden Sie einerseits eine grosse Liste von Artikeln und Videos und Angaben aus Social Networks finden und einige auch zu meiner Person. Zuvor habe ich in der Gaming Branche gearbeitet und da hat man ganz klar mehr unter dem Radar operiert. Deswegen werden sie wohl einiges finden, aber nichts Unangenehmes.

Einerseits will man als User Ihrer Suchmaschine ja möglichst viel über eine bestimmte Person herausfinden. Selber wollen die Meisten im Netz aber möglichst wenig preisgeben. Wie gehen Sie damit um?

123people aggregiert selber ja keine Daten. Wir sind eine Echtzeitsuchmaschine. Wir finden nur die Daten, die im Netz öffentlich zugänglich sind. Wir durchforsten in Echtzeit die verschiedensten Verzeichnisse und zeigen dann alle gefundenen Resultate an. Mit Quellenangaben. So kann der User dann sein Informationsleck – falls es ein solches gibt – direkt und schnell stopfen.

Was macht einen zum 123people-User?

User ist jeder, der unsere Seite schon mal genutzt hat. 123people ist offen, ohne Registrierung. Eine Personensuchmaschine. Offen wie jede andere universelle Suchmaschine auch. Man kann sich auch registrieren, um Premium Services zu verwenden. Das sind erweiterte Suchfunktionen, mit denen ich die Möglichkeit habe, herauszufinden, wer mit wem verknüpft ist. Es werden Verbindungen von Facebook oder Xing aufgezeigt, sofern diese offen sind. Und ich kann nachschauen, wie oft Russell Perry auf 123people gesucht worden ist. So kann man etwa nach einem öffentlichen Auftritt die Resonanz überprüfen. Ersichtlich ist zwar aus welchem Ort die betreffenden Personen kommen, nicht aber der Name.

Ihr Portal ist "werbefinanziert". Was heisst das genau?

Wir sind derzeit in zwölf Ländern vertreten. Das heisst, wir haben elf verschiedene Portale wie zum Beispiel "123people.ch", "123people.at" oder "123people.com". Auf all diesen Seiten haben wir Banner, Skyscraper und andere Werbeflächen eingebaut. Natürlich bieten wir auch Sonderwerbeformen wie zum Beispiel Site Branding an. In Deutschland haben wir zehn Millionen Unique Visitors pro Monat. Da kann man der Werbewirtschaft schon einiges bieten.

Mit all den Informationen, die über Ihre Suchmaschine abrufbar sind, könnte man die Werbetreibenden noch viel näher an die jeweiligen Zielgruppen herantragen.

Die Strategie von 123people ist weiterhin eine Echtzeit-Suchmaschine zu sein und dem User relevante Daten zur Namensuche zu geben. Natürlich versuchen wir zugleich, der Werbekundschaft die Möglichkeit zu geben unsere User anzusprechen. Wir wissen, wo wir unsere User demografisch einzuordnen haben. 90 Prozent sind über 20 Jahre alt, viele haben ein höheres Einkommen, ein Studium, aber auch hohe Affinität zum Reisen, zu Finanzdienstleistungen und Autos. So können wir relevante Werbung schalten.

Können Sie mir ein paar Beispiele dafür nennen, wann mir 123people nützlich sein kann?

Zum Beispiel kurz vor einem Business Meeting mit einem neuen Geschäftspartner. Per iPhone App kann ich zur Vorbereitung den Namen der Person eingeben und mich so vorinformieren. Dies klärt dann Fragen wie: Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte? Gibt es irgendwelche Verbindungen? Ist die Person, die ich treffen werde, vielleicht bekannt oder verwandt mit jemandem, den ich kenne? Das ist wie ein Briefing.

Wie verlässlich ist das Ganze? Sie behaupten, Ihre Suchmaschine gebe meinen digitalen Fussabdruck wider.

Wer seinen Namen bei www.123people.ch eingibt, erhält einen schnellen und einfachen Überblick über die eigene Sichtbarkeit im Netz. Bei Bewerbungsgesprächen, Geschäftsbeziehungen und auch bei unseren persönlichen Kontakten wird dies immer wichtiger. Es handelt sich dabei aber um ein automatisiertes System. Es ist ein Algorithmus, der feststellt, ob bei Facebook, im digitalen Telefonbuch, in der Amazon Wunschlinie oder sonst irgendwo der von Ihnen eingegebene Name auftaucht. Es ist natürlich so, dass es meist mehrere Personen gleichen Namens gibt. Das filtern wir dann dadurch, dass wir den Ort der Eingabe mit berücksichtigen. Das schränkt die Auswahl ein. Unser Suchalgorithmus hat ca. einhundert verschiedene Filter.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Partnern genau aus?

Das sind formelle Kooperationen. Den Social Networks führen zum Beispiel wir hochqualifizierten Traffic zu. Für die Einbindung erhalten wir ein Entgelt. Das ist unser Business Modell.

Gibt es eigentlich viele Reklamationen?

Wir haben eine Million Unique Visitors pro Monat in der Schweiz. Und maximal acht, neun Anfragen pro Tag. In erster Linie sind das aber keine Reklamationen, sondern Anfragen von Leuten, die wissen möchten, wie sie zum Beispiel zu der Quelle einer Information gelangen. Da müssen wir dann etwas Aufklärungsarbeit leisten. Wir haben von Anfang an versucht, so transparent wie möglich zu sein.

Ich habe mich natürlich selber über Ihr Portal gesucht. Da erscheinen viele Daten von Personen mit ähnlichem Namen. Ausserdem wurde weder meine Telefonnummer noch meine E-Mail-Adresse gefunden. Wie kann man die Suchmaschine noch verbessern?

Indem man neue Verzeichnisse erschliesst. Wir stecken immer noch in einer frühen Phase. Wir sind ständig dabei neue Kooperationspartner zu suchen. Das können Verzeichnisse verschiedenster Art sein: Handelsregister, Telefonbücher, Adressverzeichnisse, Bilddatenbanken, Social Networks. Ausserdem arbeiten wir mit der Technischen Universität München zusammen, um unsere Suchalgorithmen weiter zu verbessern und die Geschwindigkeit noch weiter zu erhöhen.

Ihr Metier bringt es mit sich, dass Sie sich sehr gut mit Informationsbeschaffung und mit der Verwaltung des digitalen Fussabdrucks auskennen müssen. Bietet Ihre Firma eigentlich auch Beratungen an?

Nein, bis jetzt noch nicht. Aber das wäre durchaus ein Feld, auf dem man aktiv werden könnte. Im Moment sind wir allerdings voll ausgelastet mit unserer Expansion.

(Interview: Adrian Schräder)


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