22.05.2023

Rod Kommunikation

«Das ist ein grosser Schritt für mich»

David Schärer, Gründungspartner der Zürcher Agentur Rod, wird Marketingchef der Schweizer Luxusuhrenfirma Breitling. Die Uhrenindustrie sei eng mit seiner Familiengeschichte verbunden, verrät der «Werber des Jahres 2021/22» im Interview.


David Schärer, die Meldung, dass Sie Rod Kommunikation verlassen, hat ziemlich überrascht. Welche Reaktionen haben Sie seither erhalten?
Mein Handy ist nahezu explodiert. Mehrheitlich waren die Leute überrascht über den Schritt, der Zuspruch war enorm und die Spekulationen abenteuerlich.

Letzten Mittwoch wollten Sie noch nicht verraten, wohin Sie gehen. Seit Montag ist klar: Sie wechseln zu Breitling (persoenlich.com berichtete). Was verbindet Sie mit dieser Marke?
Breitling ist eine Marke mit grosser Heritage und ich beobachte die Aktivitäten von Georges Kern seit Jahren. Dem Team um CEO Georges Kern und Chief Marketing Officer Tim Sayler ist es in den letzten sechs Jahren gelungen, diesen traditionsreichen Brand zur coolsten Marke in der Industrie zu prägen. Das Wachstum von Breitling ist mehr als beeindruckend. Die Positionierung von Breitling als «neo-lux» finde ich nicht nur strategisch überzeugend, sie spricht mich auch persönlich emotional an.

Haben Sie ein spezielles Faible für Uhren?
Natürlich, und ich habe mehrere, auch eine Breitling – die «Navitimer». Als CMO bei Breitling Verantwortung zu übernehmen, bedeutet eine einzigartige Chance für mich nach über 20 Jahren Agenturgeschäft. Aber ich habe auch durchaus romantische Gründe, mich in dieser faszinierenden Industrie zu engagieren. Die Uhrenindustrie ist eng mit meiner Familiengeschichte verbunden. Als wir die Agentur gründeten, stellte der Notar amüsiert fest, dass mein Heimatort La Sagne im Neuenburger Jura ist. In diesem 1000-Seelendorf hatte Daniel Jeanrichard der Legende nach die Schweizer Uhrenindustrie begründet. Meine Grosseltern arbeiteten in Le Locle bei grossen Marken – und immer, wenn ich meine Mutter besuche, bewundere ich das von meinem Urgrossvater gefertigte Meisterstück.

«Was ich mitbringe, ist Kreativität und strategisches Denken»

Vom Werber zum Marketingchef. Wie stark unterscheiden sich diese beiden Jobs?
Der CMO-Job ist viel weitreichender, als Werber konnte ich mich dafür mit mehreren Märkten auseinandersetzen. Was ich mitbringe, ist Kreativität und strategisches Denken.

Wird Breitling überhaupt noch eine Werbeagentur brauchen oder wird künftig alles inhouse erstellt? Andere Firmen wie beispielsweise Digitec Galaxus machen das längst so.
Das ist ein Trend, klar. Bei Luxusmarken aber ist die Execution inhouse seit jeher eher der Usus. Der aktuelle Breitling-CMO Tim Sayler hat ein sehr starkes Team bei Breitling aufgebaut, das vieles selbst in exzellenter Qualität umsetzt.

Sie waren vor 16 Jahren Mitgründer von Rod Kommunikation. Wie schwer fällt es, die eigene Agentur zu verlassen?
Natürlich ist dies ein grosser Schritt für mich, Rod ist so eine wichtige Wegmarke in meiner Biografie. Was bleibt, sind unzählige Freundschaften und grosse Dankbarkeit. Die neuen Managing Directors Tiffany Bottlang und Alessandro «Pukki» Reintges werden die Agentur mit dem Team in neue Sphären bringen, da bin ich mir sicher und ich werde mich aus der Ferne daran freuen. Ich freue mich jetzt vor allem auf die Kollegen und Kolleginnen im Marketing-Squad bei Breitling.

Was gab den Ausschlag für diesen Schritt?
Das ist ein Prozess, es gibt keinen Heureka-Moment. Die Gespräche mit Georges Kern haben mich gepackt, einen so untrüglichen Marketingsinn wie den seinen habe ich bei niemandem sonst festgestellt. Die Chance, mit einem starken Team eine Marke mit so grosser Strahlkraft global zu prägen und mich auch unternehmerisch zu engagieren, die lässt man nicht verstreichen.

Lag es nicht auch daran, dass Rod das Covid-Mandat an Jung von Matt Limmat verloren hat?
Nein. Einen Pitch nicht zu gewinnen, gehört leider auch zum Geschäft.

«Covid-19 ist eines der prägendsten Kapitel in meiner beruflichen Vita»

Aber ich kann mir vorstellen, dass Sie die Covid-19-Kampagne die letzten Jahre ziemlich ausgelaugt hat …
Covid-19 ist eines der prägendsten Kapitel in meiner beruflichen Vita, zweifellos. Es ist hinreichend erzählt, was die Zusammenarbeit mit dem BAG bedeutete. Wenn Sie sich bei einem Jahrhundertereignis sehr nahe engagieren können, dann müssen sie gar nicht erst nach dem Purpose fragen.

Verkaufen Sie eigentlich Ihren Anteil an Farner mit Ihrem Ausstieg? Da könnten Sie ziemlich reich werden und müssten gar nicht mehr arbeiten.
Ich spreche doch nicht über Geld. Für mich ist wesentlich, dass ich mich als CMO bei Breitling wieder unternehmerisch engagieren kann.

Sie verbleiben im Verwaltungsrat von Rod Kommunikation. Wohin möchten Sie die Agentur strategisch steuern?
Rod ist sehr gut positioniert im Markt, Tiffany und Pukki sind sehr erfolgreich, wie auch die Pitch-Bilanz der letzten Monate zeigt.

«Die Kunst des Lebens besteht für mich darin, Dinge zu tun»

Zurück zu Ihrem neuen Arbeitgeber: Was bedeutet für Sie Zeit?
Ich bin kein spiritueller Mensch und ich habe einen eher existenzialistischen Begriff vom Leben. Aber Raum und Zeit sind grundlegende Begriffe, und die mechanische Uhr hat fast schon eine metaphysische Dimension. In der Philosophie der Aufklärung wurde das Uhrwerk als Metapher für den Menschen oder auch das Staatswesen verwendet. Da das Leben für mich nicht a priori einen Sinn hat, besteht die Kunst des Lebens für mich darin, Dinge zu tun. Daraus entsteht für mich der Entwurf davon, wer man ist. Also versuche ich, die Zeit möglichst gut zu nutzen.

Breitling hat den Firmensitz in Grenchen. Werden Sie umziehen oder pendeln?
Mein Leben wird internationaler werden. Privat bleibt mein Lebensmittelpunkt in Zürich.

Sie starten als Chief Marketing Officer erst am 1. September 2023. Was machen Sie bis dann noch?
Ich werde mich auf meine neue Aufgabe vorbereiten, viel lesen und ich habe vor, in den USA mein Englisch zu pflegen.


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