30.04.2015

SVP

Partei-Kader wegen Messerstecher-Inserat verurteilt

Martin Baltisser und Silvia Bär sind wegen Rassendiskriminierung verurteilt worden.
SVP: Partei-Kader wegen Messerstecher-Inserat verurteilt

Das Urteil fällte das Regionalgericht in Bern. Das Inserat mit dem Titel "Kosovaren schlitzen Schweizer auf" erschien im Jahr 2011 nach einem Verbrechen in Interlaken. Ein Kosovare hatte damals einen Schweizer mit einem Messer in den Hals gestochen.

Nach Überzeugung des Gerichts nahmen Baltisser und Bär mit dem Inserat in Kauf, dass eine feindselige Stimmung gegen Kosovaren geschürt werde. Die Aussage im Titel des Inserats sei eine undifferenzierte und unzulässige Verallgemeinerung, hiess es in der Urteilsbegründung.

Auf "freie Meinungsäusserung" bezogen

Beide SVP-Kader wurden zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Ihr Anwalt Thomas Wirz hatte vor dem Regionalgericht einen Freispruch gefordert. Der Titel des Inserats fasse den Sachverhalt dieses Einzelfalls zusammen. Die Details folgten im dazugehörigen Text, sagte Wirz am Donnerstag.

Baltisser sagte vor Gericht, "nie im Leben habe ich rassistische Gedanken gehabt oder zum Ausdruck gebracht". Seine Stellvertreterin Bär betonte, für sie sei die freie Meinungsäusserung ein hohes Gut.

"Einfluss auf Zuwanderungsinitiative"

Das Zeitungsinserat war zwei Monate vor den eidgenössischen Wahlen 2011 erschienen. Zwei Kosovaren reichten darauf eine Anzeige wegen Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm ein.

Die bernischen Strafverfolgungsbehörden stellten das Verfahren zunächst ein, wurden aber vom Obergericht zurückgepfiffen. Im Dezember 2014 erhob die Staatsanwaltschaft dann Anklage gegen die beiden SVP-Kader: Kosovaren würden generell mit Gewaltverbrechern gleichgesetzt.

Die Anklageschrift weist auch darauf hin, dass das Inserat bis Ende 2013 auf der Website der SVP Schweiz und auf jener der SVP-Initiative gegen Masseneinwanderung aufgeschaltet gewesen sei. Die Initiative wurde im Februar 2014 knapp angenommen.

Forderung nach Abstimmungswiederholung

Der Anwalt der beiden Kosovaren reichte deshalb eine Abstimmungsbeschwerde beim Bundesgericht ein: Stelle das "Schlitzer"-Inserat eine Rassendiskriminierung dar, sei das knappe Abstimmungsresultat mit diesem Inserat verfälscht worden. Der Urnengang müsste demnach wiederholt werden.

Das Bundesgericht hat die Beschwerde noch nicht behandelt. Der Prozess wegen Rassendiskriminierung in Bern ist auf einen Tag angesetzt; das Urteil könnte demnach am frühen Donnerstagabend verkündet werden. (sda)



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240426