10.10.2018

Amorana

SRF erteilt Onlineshop eine Ohrfeige

Schon wieder: Auch der neuste TV-Spot darf beim Schweizer Fernsehen nicht ausgestrahlt werden. Der Sextoy-Händler wirft SRF Doppelmoral vor. Die Gründe für die Ablehnung.
Amorana: SRF erteilt Onlineshop eine Ohrfeige
So wirbt Amorana für seinen Weihnachtskalender. Von nackter Haut keine Spur. (Bild: Screenshot)
von Christian Beck

Der Schweizer Onlineshop Amorana will am Schweizer Fernsehen für den Weihnachtskalender werben. Der neuste Spot wurde jedoch abgelehnt. Weil Sex, leidenschaftliche Küsse und nackte Haut gezeigt werden? Fehlanzeige. Beide Darsteller sind zugeknöpft, sowohl was die Kleidung als auch die Sprachwahl betrifft. Einzig die Off-Stimme spricht von «Liebesleben». Im Spot sind auch keine Lovetoys zu sehen – nur eine Kartonschachtel.

Der Vermarkter Admeira visioniere jeden Spot vor der Erstausstrahlung, um sicherzustellen, dass der Inhalt gegen keine Bestimmung des RTVG sowie gegen die RTVV oder die Werbe- und Sponsoringrichtlinien verstosse. «Zusätzlich zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich die Sender der SRG weitere Selbstbeschränkungen auferlegt, damit sie ihren publizistischen Leitlinien auch bei der Ausstrahlung der Werbeinhalte gerecht werden», sagt Matthias Fehr, Marketing Communications Manager bei Admeira, auf Anfrage. Dies bedeute, dass Werbeinhalte, welche zwar nicht widerrechtlich sind, aber moralisch oder ethisch problematisch sein könnten, zusätzlich den Unternehmenseinheiten der SRG vorgelegt werden. «In diesen Fällen entscheiden dann die TV-Veranstalter, ob der Spot ausgestrahlt wird oder nicht. Der Spot von Amorana wurde von SRF abgelehnt, da dieser gegen die Selbstbeschränkungen des Senders verstösst», so Fehr.

Doppelmoral bei SRF?

Amorana kann die ablehnende Haltung nicht verstehen. «Wir finden es zweifelhaft, wenn unsere TV-Spots von SRF abgelehnt werden mit der Begründung, dass wir unsere Produkte zwar implizit – also gemäss den internen Richtlinien als zuschauerverträglich – bewerben, aber der Sender zwecks Schutz von Werten und Gefühlen einzelner Zuschauergruppen nicht für Lovetoys als Werbeplattform zur Verfügung steht», wird Amorana-Mitgründer Alan Frei zitiert.

Die Mitteilung trägt übrigens den Titel «Doppelmoral beim Schweizer Radio und Fernsehen – nur ‹befriedigend› für SRF». Mit «Doppelmoral» meint Amorana dies: «Der gleiche Sender strahlt zur Primetime Konsumentensendungen mit Produktetests von Vibratoren aus oder zeigt – auch im Hauptabendprogramm – Dokumentationen zum Thema Seitensprünge. Bei diesen Programmen scheinen die Werte der Zuschauer nicht tangiert – oder SRF misst mit unterschiedlich langen Ellen.»

Andrea Wenger, Leiterin Media Relations SRF, entgegnet auf Anfrage von persoenlich.com, dass es hier durchaus Unterschiede gebe: «Bei einzelnen, selektiv aufbereiteten publizistischen Inhalten hat das Publikum auch die Freiheit, diese nicht zu konsumieren. Einer breitflächigen Werbekampagne mit zahlreichen Spots dagegen kann sich das Publikum nicht verwehren.» Diese Aussage dürfte die Werber grundsätzlich freuen.

Auch Küsse waren zu heiss

Es ist nicht das erste Mal, dass der Erotikshop eine Absage erhält. Schon letztes Jahr war dem Schweizer Fernsehen der von der Y&R Group Switzerland konzipierte Spot zu leidenschaftlich. Die Vermarktungsfirma Admeira erteilte auch damals eine Absage (persoenlich.com berichtete). Auf einer Art schwarzen Liste sei Amorana aber nicht: «Jede Werbekampagne und jeder einzelne Spot wird von Neuem auf allfällige Verstösse überprüft», so Fehr von Admeira.

Mittlerweile hat sogar Youtube die 40-sekündige Originalversion von 2017 gelöscht, weil das Video «gegen die Youtube-Richtlinien zu Nacktheit und pornografischen Inhalten verstösst». Immerhin: Die mediale Aufmerksamkeit war damals gross. Und die kostet keinen einzigen Werbefranken.

 

 



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Kommentare

  • Ines Ornelli, 12.10.2018 09:41 Uhr
    SRF könnte auch sagen, wir sind "eine Plattform", leider können wir nicht alle Werbespots im Vorfeld anschauen, aber wir arbeiten an einem Algorithmus.... Da steht eine Firma zu ihrem Grundsatz, auch wenn sie auf Geld verzichten, und schon passt es einigen wieder nicht...
  • Michael M. Maurantonio, 11.10.2018 15:21 Uhr
    Künstlerische Freiheit? Humor? Satire? Da hört der Spass auf. Und ein Schmunzeln kann man sich auch verkneifen. Wenn die Ehefrau ein langweiliges Geschenk für den Mann kaufen will, wird sie dann auch vom Verkäufer geohrfeigt? Ja hoffentlich? Wie oft? Wie stark? Doppelmoral über Nackedei hin oder her. Im Zuge von #metoo sollte Werbung mit sexistischen, gewaltverherrlichenden Inhalten zurecht von der Bildfläche verschwinden.
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