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Hanspeter Lebrument in his own words

Roger Schawinski

Eine vergleichbare Selbstentblössung hat es in der Schweizer Medienlandschaft noch nie gegeben. Hanspeter Lebrument, mit dem ich seit Jahren über Kreuz bin, präsentierte sich in einem von Benedikt Neff geschriebenen Porträt in der Basler Zeitung in völlig ungewohnter Weise. Während sich andere Wirtschaftsgrössen in möglichst positivem Licht darzustellen versuchen und dafür teure Medienabteilungen anheuern, gibt sich Lebrument als Ekel, als bösartiger Trickser und als Bindungsloser – und als einer, der es offenbar so weit nach oben geschafft hat, dass er selbst dies lauthals verkünden kann. Diese Form der negativen Selbstdarstellung ist wohl die höchste Form von Narzissmus. Zwar hat er viele Feinde, wie im Porträt erläutert wird, hingegen keine Freunde. «Ich habe nun mal keine, wieso fragen die Journalisten immer danach?», erklärt er Neff. «Er könne sehr unangenehm sein. Manchmal höre er sich selbst sprechen und staune, was für ein ekelhafter Siech er doch sein könne.» Dann erläutert Lebrument seinen Coup, mit dem er bei der Südostschweiz Medien an die Spitze gelangte. Als einer der beiden Besitzerbrüder Gasser starb, wurde er sofort als Verwalter seiner Aktien aktiv. Originalton Lebrument: «Und dann machte ich einen unanständigen Zug, ich sagte dem jüngeren Gasser, ich würde keinen Rappen Dividende auszahlen.» Werner Gasser: «Dann habe ich ja gar kein Geld mehr.» Lebrument: «Ich werde mein Gehalt immer ein bisschen erhöhen, ich werde gut leben. Du kannst deine Aktien nehmen, im WC aufhängen und jeden Tag anschauen, das habe ich ihm gesagt. Du wirst keinen Stutz mehr sehen. Man macht nur unanständige Züge, wenn man einen Betrieb übernehmen will.» Es sei halt so gelaufen wie bei Blocher, wird Lebrument weiter zitiert. Doch dies ist falsch. Die Übernahme der Ems­-Chemie durch Blocher war je nach Sichtweise ein Management-­Buy­out oder ein Insider­-Deal. Doch dafür musste sich Blocher mit zwanzig Millionen verschulden, die er sich bei der Bank holte. Lebrument hingegen sicherte sich seine Position, die er über zwei Stiftungen hielt, ohne den Einsatz eines einzigen Frankens. Deshalb ist er auch nie im eigenen Namen Besitzer des Unternehmens geworden, sondern kontrolliert alles über diese Stiftungen. Dort installiert er jetzt seine Kinder. Die ganze Geschichte dieser in der Schweizer Medienlandschaft einzigartigen Usurpation ist noch nicht geschrieben, wurde aber durch Lebruments eigene Aussagen zumindest etwas erhellt. Nicht ganz original ist Lebruments Leitmotiv, das er nachschiebt und das einen weiteren Einblick in seine ethischen Prinzipien ermöglicht. «Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.» Nun ist Lebrument aber nicht nur der Herrscher über das unter «unanständigen» Umständen und kostenlos gekrallte Medienmonopol in der Südostschweiz. Seit beinahe zehn Jahren ist er auch Präsident des Vereins Schweizer Medien und soll am nächsten Kongress für weitere vier Jahr wiedergewählt werden. Mit diesem Amt wollte er für sich eine nationale Ausstrahlung holen, nachdem seine Kandidatur als Ständerat des Kantons Graubünden bereits an der ersten Hürde kläglich gescheitert war. Medien, die oft als vierte Gewalt bezeichnet werden, haben nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine moralische Bedeutung. Vor allem junge Journalisten sind darauf angewiesen, dass es in ihrer Branche Vorbilder gibt, nach denen sie sich ausrichten können, wenn sie bei ihrer täglichen Arbeit oft heikle Gewissensentscheide zu treffen haben. Da erstaunt es schon, dass die Verleger weiterhin Hanspeter Lebrument an ihrer Spitze behalten wollen. Frei nach dem Motto «Ist der Ruf erst ruiniert, bleibt man völlig ungeniert» langjähriger Präsident des Verlegerverbandes.
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