Michael Volkart, drei Jahre nach dem Verkauf von Hinderling Volkart an Dept verstärken Sie nun die Panter AG als Partner. Warum dieser Schritt – und warum gerade Panter?
In meiner Auszeit merkte ich, dass mir persönlich die unternehmerische Herausforderung fehlt. Und ich war bereit für die «zweite Halbzeit». Bei einem Nachtessen mit den Panter-Gründern kamen wir dann ins Philosophieren … Was mich packte, war, dass Panter als AI- und Software-Engineering-Boutique den Sweet Spot da hat, wo’s momentan grad abgeht. Es reizte mich, mit einem tollen Team in einer aufregenden Zeit Gas zu geben.
In einer Mitteilung heisst es, Sie spürten in der Branche wieder eine Aufbruchstimmung wie in den frühen 2000er-Jahren. Was genau meinen Sie damit – und ist KI wirklich das neue Internet?
Mein Sohn machte neulich seine Hausaufgaben mit ChatGPT. Das erinnerte mich sofort an meine Jugend, als ich mit Netscape die Lösungen für meine eigenen Aufgaben gesucht hatte. Da wurde mir schlagartig klar: KI ist gekommen, um zu bleiben – und sie wird grundlegend verändern, wie wir arbeiten und denken.
«Corona und die Dept-Integration waren zeitgleich zwei grosse Baustellen»
Sie beschreiben die Dept-Integration als «intensiven Prozess, nicht immer einfach und geradlinig». Was haben Sie in den drei Jahren gelernt – und was nehmen Sie davon für Ihr Engagement bei Panter mit?
Corona und die Dept-Integration waren zeitgleich zwei grosse Baustellen. Wir haben gelernt, wie wichtig kulturelle Sensibilität und eine klare Haltung und Kommunikation sind – teils auf die harte Tour. Ich nehme viele Erfahrungen mit, die wertvoll sind in einem Agentur- und Dienstleistungsumfeld, das sich gerade rasant verändert.
KI scheint ein zentraler Baustein Ihrer neuen Rolle zu sein. Panter coinitiiert die Swiss {ai} Weeks, Sie betonen «verantwortungsvollen» KI-Einsatz. Wo sehen Sie die grössten Chancen und Risiken für Agenturen?
Es ist ein wenig wie beim Goldrausch im Klondike – alle schürfen, wo sie wollen, und ob die Minen gesichert sind, interessiert kaum jemanden. Mit den Swiss {ai} Weeks suchen wir hier die Balance zwischen Machergeist und gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Im Agenturkontext beobachte ich, dass Grundsätze, die in der klassischen Softwareentwicklung, Big Data und Machine Learning galten, durch generative KI und grosse Sprachmodelle fundamental infrage gestellt werden. Es wird iterativer, explorativer und noch mal agiler.
Panter arbeitet soziokratisch – ein Führungsmodell, das Sie bei Hinderling Volkart nicht hatten. Was reizt Sie daran, und glauben Sie, dass solche Modelle die Zukunft der Branche sind?
Panter hat die soziokratischen Grundsätze organisch adaptiert, was sich weniger technokratisch anfühlt wie Holacracy, die wir damals auch angeschaut hatten. Bei Panter mag ich, wie konsequent Partizipation gelebt wird – und Transparenz: Ich staunte nicht schlecht, als ich meinen ersten Lohnausweis erhielt: als Link zu einem Ordner, in dem alle Lohnausweise für alle sichtbar abgelegt waren.
Nach Jahren der Konsolidierung durch internationale Netzwerke – sehen Sie eine Renaissance kleinerer, lokaler Agenturen? Was können die, was die Grossen nicht können?
Ich habe selten erlebt, dass grosse Vehikel schnell und agil sind. Zusätzlich stehen da oft noch Erwartungen von Investoren im Raum. Da sind kleine agile Dienstleister im Vorteil – wir sind näher an der Kundin, näher an der Realität. Entscheide sind schnell gefällt und umgesetzt. Während andere sich noch durch «Global Strategy Alignment»-Layer kämpfen, haben wir schon losgelegt.
«Ich liebe es, wenn ich etwas nicht weiss»
Sie sind über 20 Jahre im Geschäft. Was treibt Sie noch an – und was würden Sie heute anders machen als damals bei der Hinderling-Volkart-Gründung?
Mich treibt Neugier an. Ich liebe es, wenn ich etwas nicht weiss und merke, dass da etwas Spannendes wartet. Darum versuche ich, wieder in das Mindset von damals zu kommen – und dabei meine Erfahrung nicht als Bremse, sondern als Hebel zu nutzen.
Welche Kompetenzen müssen Schweizer Agenturen heute aufbauen, um in fünf Jahren noch relevant zu sein?
Es braucht mehr Mut, mehr Experiment, mehr Schnittstellen zwischen Kreativität und Tech. Wir müssen uns daran gewöhnen, mit Unsicherheit zu arbeiten – sonst werden wir abgehängt. Panter ist da sehr gut aufgestellt: Die enge Zusammenarbeit mit Start-ups hält uns agil und pragmatisch.
Welche konkreten Projekte stehen bei Panter als Erstes an? Wo packen Sie operativ mit an?
Ich stecke gerade mittendrin in der Organisation der Swiss {ai} Weeks. Daneben arbeiten wir an neuen Ansätzen, Websites dynamisch und kontextbasiert zu generieren. Und dann zerbreche ich mir grad den Kopf, wie man KI-basiert und von Tinder inspiriert das passende Haustier finden kann.