23.02.2004

Bonaparte ist am Ende

Die Zürcher Werbeagentur Bonaparte steht vor dem Aus. Allen Mitarbeitern wurde gekündigt, der Gang zum Konkursamt ist in Vorbereitung. Geschäftsführer Harry Sulzer (Bild), der 1997 gemeinsam mit Rolf Sperisen Lintas Zürich übernahm und daraus Bonaparte schuf, erklärt gegenüber "persoenlich.com", wie es so weit kommen konnte, was der Konkurs für die Betroffenen bedeutet und welche Pläne er für die Zukunft hat. Das Interview:
Bonaparte ist am Ende

Bonaparte wird die Bilanz deponieren. Was ist passiert?

Vor dreieinhalb Jahren erlitt ich einen schweren Motorrad-Unfall und fiel in der Folge recht oft aus. Werbung ist ein Personality-Business; wenn die Personality fehlt, wird es schwierig. In Fall von Bonaparte hatte meine insgesamt einjährige Absenz verheerende Folgen. Ich war halt nicht da.

Haben Sie die Agentur rückblickend zu stark um Ihre Person aufgebaut?

Als ich nach meinem Unfall die Anteile meines Partners übernahm, war Bonaparte in Bezug auf Motivation und Zahlen am Ende: Durch meinen Ausfall hatten wir fünf parallel laufende Pitches sowie zwei weitere Budgets verloren. So versuchte ich unter schwierigen Voraussetzungen einen Neustart. Und als junges Startup hat man nicht eben viel Fleisch am Knochen.

Ihr Ausfall fand in einer konjunkturell schwierigen Zeit statt -- mit ein Faktor für den Untergang?

Wenn der CEO eines kleinen Ladens so oft ausfällt, ist das für Mitarbeiter und Kunden eine Belastung, unabhängig von der Wirtschaftslage. Es ist aber sicher so, dass die Agentur nicht genug Fett ansetzen konnte, um kalte Winter durchzustehen -- dieses Problem kennt jeder Startup. Prinzipiell leben wir in einer Zeit der bodenständigen Reklame, Kreatives sucht man vergebens. Leider. Dadurch geraten jene Werber unter Druck, die Unterschiede schaffen und nicht nur alten Wein in neue Schläuche abfüllen wollen.

Stand ein Verkauf der Agentur nie zur Diskussion? Gab es bei Ihren MitarbeiterInnen kein Interesse für einen MBO?

Wie gesagt: Das Geschäft hängt von Personen ab, ein Verkauf war daher nie ein Thema. Für die junge Crew der Agentur -- der Dienstälteste war gerade mal drei Jahre dabei -- konnte eine Übernahme gar kein Thema sein.

Was geschieht nun mit Ihren Leuten?

Ich habe ihnen fristgerecht per Ende Februar gekündigt, alle Löhne sind bezahlt. Wie es ihnen im Moment geht, weiss ich nicht, da ich seit Mitte Januar erneut hospitalisiert war -- es lief eben alles ein bisschen turbulent.

Wie geht es weiter? Was bedeutet die Einstellung für Ihre Kunden?

Nachdem unsere Zahlungsunfähigkeit an der ausserordentlichen Generalversammlung beschlossen werden wird, folgen die notarielle Verkündigung und der Gang zum Konkursrichter -- das übliche Prozedere eben, bei dem uns ein Finanzer hilft. Wie hoch unsere Schulden genau sind, weiss ich nicht. Es wird aber bestimmt nicht dramatisch sein.

Was wollen Sie selber künftig tun?

Ich bin jetzt 38 und habe nicht vor, mich auf mein Altenteil zurückzuziehen. Vorerst nehme ich ein Sabbatical, nichtsdestotrotz: Gespräche laufen bereits. Es gibt verschiedene interessante Optionen, so in zwei bis drei Monaten werde ich wohl mehr sagen können.

Wäre es für Sie vorstellbar, nochmals eine Agentur aufzubauen?

Das ist gegenwärtig alles noch sehr aus der Luft gegriffen. Ich muss jetzt meine Ressourcen abchecken und Ziele definieren. Das braucht etwas Zeit. Grundsätzlich hat der eine oder andere Kunde gerne mit mir zusammengearbeitet, so dass man das auch in einer anderen Konstellation weiterführen könnte -- ob als Mitgift in einer neuen Agentur oder sonst wie, steht gegenwärtig in den Sternen. Mein Traum ist jedenfalls seit dem Beginn meiner Laufbahn im Jahr 1987 der gleiche geblieben: Schwierige Aufgaben elegant zu lösen. Am besten mit einem kongenialen Partner oder Partnerin, der oder die mich fordert…

Könnte das auch ausserhalb der Werbung sein?

Warum nicht? Mein Studium habe ich beispielsweise mit Antiquitätenhandel finanziert... Aber ich bin eben doch lieber Werber geworden. Der Job gefällt mir wie kein zweiter.


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